48. Schnee

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Der nächste Morgen beginnt für mich unbequem. Ich liege noch immer auf Jim, und so weich und warm er auch ist, so langsam wird es unangenehm.
"Endlich bist du wach", ertönt da Jims Stimme und ich hebe den Kopf. Jim grinst mich an und streicht mir mit einer Hand über den Kopf.
"Dieses Mal war ich vor dir wach. Du siehst übrigens sehr süß aus wenn du schläfst."
Ich setze mich lachend auf und gebe Jim so die Möglichkeit sich ebenfalls hinzusetzen, die er auch sofort nutzt. Er gibt mir einen Kuss auf die Wange und legt dann den Kopf schief.
"Hast du Lust mit mir einen Spaziergang zu machen?"
Ein wenig verwirrt schaue ich ihn an.
"Ähm, ja... schon..."
"Super, dann komm."
Er steht grinsend auf und zieht mich zu sich. Ein bisschen ungewöhnlich ist es schon dass er so erpicht darauf ist mit mir rauszugehen, vorallem ohne dass er vorher einen Tee oder Kaffee gehabt hat.
"Was ist denn in dich gefahren?", frage ich lachend und Jim deutet grinsend zum Fenster.
"Schau doch mal raus."
Ich drehe mich herum und sehe eine dicke, weiße Schneeschicht auf den Bäumen, Dächern und Straßen liegen. Alles scheint dadurch zu strahlen und ich bin sofort genauso aufgeregt wie Jim.
"Weiße Weihnachten!", rufe ich aus und Jim lacht.
"Kommst du dann auch mal?"
Wir gehen in den Flur und ziehen uns unsere Mäntel an und schlüpfen in unsere Schuhe. Ich setze mir eine Mütze auf den Kopf und Jim bindet sich einen Schal um, dann verlassen wir die Wohnung und eilen nach unten.
Die Luft draußen ist so kalt, dass meine Nase sofort anfängt zu kribbeln und weiße Wölkchen vor mir auftauchen. Der Schnee knirscht unter unseren Füßen und liegt mehrere Zentimeter hoch auf den Wegen. Jims Auto ist komplett zugeschneit, so wie die anderen Autos in der Straße.
Gemeinsam gehen wir über die verschneiten Wege und begegnen einigen Menschen, die ebenfalls im Schnee spazieren gehen. In einer Straße veranstalten Kinder eine Schneeballschlacht und Jim bekommt einen Schneeball voll in den Nacken geschmissen als wir versuchen an den lachenden Kindern vorbeizukommen.
"Entschuldigung Sir!", ruft der kleine Junge der dafür verantwortlich ist und ich lache über Jims verdutzten Gesichtsausdruck.
"Kein Problem!", antworte ich, noch immer lachend und helfe Jim den Schnee aus seinen Haaren zu klopfen.
"Whoa, da ist Schnee in meinen Pulli gerutscht", erschrickt er und ich lache wegen seiner Stimme, die gefühlt eine Oktave nach oben springt. Ein wenig beleidigt schaut Jim mich an, doch ich nehme seine Hand und wir gehen weiter.
"Das ist nicht böse gemeint", meine ich und stupse ihn in die Seite.
"Pff", macht er, aber ich höre dass er nicht ernsthaft sauer ist.

~~~

Zwei Stunden später kommen wir vollkommen durchgefroren nach Hause, überall an unserer Kleidung hängt Schnee und unsere Wangen sind gerötet. So sieht man halt aus wenn man eine Schneeballschlacht gemacht hat.
"Ich brauche jetzt ein heißes Bad, einen Tee und etwas zu essen", verkünde ich und schäle mich aus meinen nassen Sachen. Unter die Garderobe stelle ich eine flache Plastikschale, damit der Boden nicht nass wird wenn wir unsere Sachen zum Trocknen aufhängen.
"Ich auch", stimmt Jim mir zu und hängt seinen Schal zu seinem Mantel.
"Wer geht zuerst?", frage ich ihn und er legt den Kopf leicht schief.
"Vielleicht können wir ja gemeinsam baden...", schlägt er zögernd vor und fügt sofort noch hinzu:
"Natürlich nur wenn du willst."
Nachdenklich schaue ich ihn an und zucke dann leicht mit den Schultern.
"Von mir aus... klar."
Ich lächle schüchtern und gehe ins Badezimmer um schonmal Wasser in die von mir selten genutzte Badewanne einzulassen. Wenig später sitzen wir gemeinsam in der Badewanne, ich mit dem Rücken an Jim gelehnt, und genießen das heiße Wasser. Auch wenn wir beide nackt sind, hat diese Situation nichts sexuelles an sich, sondern es ist einfach schön. Langsam wird uns beiden wieder warm und Jim streichelt gedankenverloren meinen Bauch während wir miteinander reden.
"Ich muss bald wieder auf Geschäftsreise", meint Jim auf einmal.
"Wie lange wirst du weg sein?", frage ich nach und lege meine Hand auf seinen Arm.
"Eine Woche, vielleicht auch länger."
"Und wann?"
"In etwa zwei Wochen."
"Was machst du eigentlich auf diesen Geschäftsreisen?"
Einen Moment schweigt Jim, erst dann antwortet er auf meine Frage.
"Also... meistens spreche ich mit wichtigen Leuten, halte Besprechungen ab und... knüpfe neue Kontakte zu anderen Firmen. Manchmal treffe ich auch neue Klienten."
Dann küsst er meinen Kopf, wie als wolle er verhindern dass er weitersprechen muss. Er hat mir bisher nie gesagt als was er arbeitet, nur dass er Klienten hat, Anzüge trägt und öfters mit 'wichtigen' Leuten sprechen muss. Ich habe nicht mal eine Ahnung wo er morgens hinfährt.
"Achso."
Ich setze mich wieder richtig hin und greife nach dem Duschkopf um mir die Haare nass zu machen. Gerade will ich nach dem Shampoo suchen, da berührt Jim mich an der Schulter und beginnt mir sanft die Haare zu waschen.
"Ist das dein Ernst?", frage ich grinsend und Jim lacht in sich hinein.
"Jap."
"Das ist komisch."
"Nope."
Ich lache während Jim mir sanft die Kopfhaut massiert und schließe die Augen.
"Wieso kannst du solche Dinge so gut?", frage ich seufzend als er fertig ist und nehme den Duschkopf wieder die Hand.
"Übung, schätze ich", antwortet Jim und hilft mir den ganzen Schaum auszuspülen. Danach beenden wir unser gemütliches Bad, trocknen uns ab und ziehen uns an. Jims neuen Pulli haben wir, da er nass war, über die Heizung gehängt sodass er jetzt warm und trocken ist.
"So fühle ich mich schon viel besser", meint Jim lächelnd als wir in der Küche stehen und ich Tee vorbereite, sowie ein spätes Frühstück.
"Ich mich auch, aber wenn ich etwas gegessen habe fühle ich mich sogar noch besser", erwidere ich grinsend und Jim lacht, dann schaut er mich mit schief gelegtem Kopf an.
"Ich liebe dich, Melody. Aus ganzem Herzen", sagt er leise und ich spüre wie ich rot werde. Die Art wie Jim dies sagt macht mich verlegen, denn er stellt klar dass er das ernst meint. Zusammen mit seinem niedlichen Blick aus dunkelbraunen Augen ist er einfach nur unfassbar süß.
"Ich liebe dich auch, Jim", antworte ich und schaue ihn warm an. Ein Lächeln breitet sich auf seinen Lippen aus und er kommt auf mich zu, bis er direkt vor mir stehen bleibt. Sanft und unglaublich liebevoll küsst er mich, mit den Händen an meiner Taille und geschlossenen Augen. Behutsam erwidere ich den Kuss und lege meine Arme um seinen Hals.
Ich weiß nicht wie lange wir hier stehen und uns küssen, doch irgendwann piept die Uhr von meinem Tee und wir lösen uns langsam wieder voneinander.
Das Frühstück ist eher so eine Art Brunch, wenn nicht sogar schon Mittagessen, aber der Rest des Tages wird dafür noch richtig schön. Wir tanzen zu Liedern im Radio, schauen fern oder sitzen einfach nur gemeinsam auf dem Sofa, Jim dösend und ich lesend. Es ist so schön einfach nur bei ihm zu sein, und ich fühle mich richtig wohl. Am Abend meldet sich Katie bei mir und verwickelt mich in ein Gespräch in dem sie mich über die Nacht mit Jim ausfragt, und das während dieser gerade im Nebenzimmer sitzt und mit Sebastian schreibt.
"Er ist so verdammt süß!"
"Ich weiß. Wie geht es denn dir, dem Baby und Dave?", erkundige ich mich, um von dem Thema abzulenken, über das Katie so gerne sprechen will.
"Uns allen geht es gut, ich war heute beim Frauenarzt. Unser Kleines ist gesund und entwickelt sich super, allerdings wollen wir noch nicht wissen was es wird. Das soll eine Überraschung werden."
"Das freut mich ehrlich für euch! Wann soll es denn kommen?"
"Ich bin jetzt etwa im dritten Monat, also wahrscheinlich so Ende Juni, Anfang Juli."
"Und, bist du schon aufgeregt?"
"Oh ja, und wie! Dave und ich suchen schon Sachen für das Kinderzimmer aus und allmählich kann man auch etwas sehen. Ich hoffe nur dass alles gut geht."
"Da bin ich mir sicher. Sag mir aber Bescheid wenn es da ist, ja?"
"Aber klar, du bist eins der Ersten Telefonate wenn es soweit ist. Vielleicht bist du dann sogar hier in den Staaten."
"Wer weiß", sage ich lachend, da höre ich Jim aus dem Wohnzimmer rufen.
"Oh, ich glaube Jim ruft nach mir. Wir sprechen uns demnächst."
"Okay, bis dahin! Und viel Spaß noch euch beiden!"
"Danke. Tschüss."
Grinsend lege ich auf und gehe dann ins Wohnzimmer, wo Jim auf dem Sessel sitzt, mit seinem Handy in der Hand. Missmutig schaut er auf das Display und ich komme zu ihm hin.
"Ist alles okay Jim?"
"Ja", grummelt er und steckt sein Handy weg, dann zieht er mich auf seinen Schoß hinunter. Besitzergreifend schlingt er seine Arme um mich und lehnt seine Stirn gegen meinen Hals, dann atmet er langsam aus.
"Ich muss gleich los. Seb braucht eine Mitfahrgelegenheit und ich muss morgen früh wieder arbeiten."
"Oh, achso. Das macht doch nichts, wir hatten schöne Tage oder nicht?"
"Doch, und was für schöne Tage. Allerdings war die Nacht auch nicht zu verachten", flüstert Jim und ich erröte augenblicklich.
Mit einem Lachen schaut Jim mich an und gibt mir dann einen Kuss auf die Wange.
"Kein Grund rot zu werden Honey", sagt er in einem seltsamen Singsang und ich muss nun auch lachen, dann stehe ich auf damit Jim sich fertig machen kann.
Schließlich steht er mit seinen Sachen vor meiner Wohnungstür und ich küsse ihn noch einmal sanft auf den Mund.
"Bis Samstag", verabschiedet Jim sich lächelnd und geht die Treppe hinunter.
"Bis Samstag", wiederhole ich leise für mich und schließe dann die Wohnungstür.

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Moriarty In Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt