Von Krankheiten und einem Geburtstag

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Sie hasste es und er wusste es genau. Doch anders kam er nicht mehr mit Jules ins Gespräch. Er musste sie provozieren, sonst verschwand sie morgens zur Arbeit und kam erst spät am Abend wieder nach Hause. Dann aß sie etwas und verzog sich auf ihr Zimmer. Ihn nahm sie praktisch kaum noch wahr. Sie waren nur noch zwei Bewohner dieses Hauses, die sich freundlich zunickten, wenn sie sich auf dem Flur trafen. Cheryl schien das Ganze nicht weiter zu beunruhigen. Sie merkte an, dass Jules lediglich Zeit für sich bräuchte und ihnen Raum gab ihre Beziehung auszuleben. Liam bezweifelte das und er wollte der wahren Ursache auf den Grund gehen, weshalb er kurzerhand einen Anruf tätigte um ihr mitzuteilen, dass der Kühlschrank leer sei und sie doch noch einkaufen gehen sollte. Bereits am Klang ihrer Stimme war ihm bewusst, dass sie es verabscheute.

Allerdings hatte er nicht bedacht, dass sie möglicherweise ihren Schlüssel vergessen hatte und im Regen vor dem Tor ausharrte. Ihm dämmerte es, dass seine Technik eventuell überarbeitet werden musste und er endlich einen elektrischen Toröffner einbauen lassen sollte, damit sie beim nächsten Mal wenigstens bis zum Haus hochkonnte um dort im Trockenen warten zu können.

Sein Plan war nach hinten losgegangen und mehr als wütend war Jules hoch zum Haus gestapft.

„Lass sie doch", hatte Cheryl gesagt und begonnen in den Schränken nach etwas Essbarem zu suchen. „Sie ist sauer", kam es von ihm und er lehnte sich mit dem Rücken an den Kühlschrank, während er Cheryl beobachtete. „Sie kriegt sich wieder ein. Ich wäre auch sauer, wenn ich stundenlang im Regen warten müsste." Sie zuckte mit den Schultern und griff nach einem Apfel, in den sie hinein biss.

„Ja, aber", setzte er an, aber Cheryl trat vor ihn. Sie legte ihre Hand auf seine Brust und schüttelte den Kopf. „Kein aber. Lass sie in Ruhe und von mir aus rede morgen mit ihr. Ich finde, sie übertreibt ein wenig." Cheryl seufzte und trat kopfschüttelnd einen Schritt zurück.

„Vielleicht ein winziges bisschen. Aber sie hat schon Recht. Es war nicht fair von uns ihr die Einkäufe aufzuhalsen."

„Wir waren beschäftigt und sie war auf dem Heimweg." Sie zuckte mit den Schultern und schritt an ihm vorbei ins angrenzende Wohnzimmer. „Schon. Aber wir hätten ebenso gut noch mal anhalten können", erwiderte Liam.

„Aber wir wussten nicht, wie lange wir weg sind", bemerkte Cheryl und setzte sich auf die Couch. „Hm", war alles was Liam von sich gab, ehe er sich zu ihr auf die Couch setzte. Er lehnte sich zurück und legte den Arm um Cheryl, die sich gegen ihn sinken ließ. „Mach dir nicht so viele Gedanken wegen Jules. Morgen seid ihr wieder beste Freunde." Versöhnlich strich sie ihm über die Seite. Liam nickte nur, drehte seinen Kopf und hauchte seiner Freundin einen Kuss auf die Stirn.

In Situationen wie diesen bemerkte er doch den Altersunterschied zwischen Cheryl und ihm. Sie war besonnen und ruhig, während er sich viel zu viele Gedanken um Jules machte. Womöglich hatte sie sich am nächsten Morgen wieder beruhigt und sie stand strahlend in der Küche.

Er konnte sie ja auch verstehen. Immerhin hatte sie einige Zeit in der Kälte und Nässe verharren müssen, ehe er wieder da war. Da wäre er auch wütend gewesen. Leise seufzte er und schloss seine Augen. „Sie hat übermorgen Geburtstag", kam es leise von ihm. „Andy und ich haben eine kleine Feier für sie geplant", murmelte er gegen das Haar von Cheryl, die nur schwach nickte. „Da wird sie sich freuen", bemerkte sie nur und legte ihre Arme um ihn. „Hoffentlich."

Aus der Geburtstagsfeier wurde nichts. Mit einer dicken Erkältung schleppte sie sich am nächsten Morgen aus ihrem Zimmer in die Küche, wo Liam ihr bereits ein Frühstück bereitet hatte um ein wenig die Wogen zu glätten. Aber sie nahm ihn kaum wahr und wäre fast gegen die offene Kühlschranktür gerannt. Schniefend und hustend rutschte sie auf den Hocker und zog die Schüssel mit Müsli zu sich heran. Appetitlos stocherte sie in dem Brei herum, nachdem die Flocken sich bereits langsam aufgelöst hatten und sich voller Milch gesogen hatten.

Changing lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt