Von Klischees und einem Video

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Wir schauen uns Cartoons an." ­Kaum hatten diese Worte ihre Lippen verlassen, flimmerte der Fernseher auf und bunte Zeichentrickfiguren tanzten über den Bildschirm. Sein Blick löste sich von dem Gerät und er sah zu Jules, die tiefer in die Kissen rutschte. Ein schwaches Lächeln lag auf ihren Lippen und sie schien zufrieden mit sich und der Welt zu sein. Ihr Anblick brachte auch ihn zum Schmunzeln. Er tat es ihr gleich und rutschte weiter runter, sodass er bequem liegen konnte.

„Ich wollte das schon immer mal machen", sagte sie irgendwann. „Nach einer durchzechten Nacht in einem Hotelzimmer liegen, Cartoons schauen und im Bett frühstücken." Sie wandte ihre Aufmerksamkeit von dem Bildschirm ab. Ihr Blick ruhte nun auf ihm.

„Du weißt schon, dass das so was von klischeehaft ist?" Amüsiert drehte er sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf die Handfläche. Jules zuckte mit den Schultern und drehte sich ebenfalls. Sie spiegelte seine Körperhaltung wieder und sah ihn an. „Na und? Du kannst mir nicht erzählen, dass du den Zimmerservice nie ausgenutzt hast."

Liam lachte auf und ließ sich nach hinten auf den Rücken fallen. „Ja, aber in dem Fall war ich wirklich nicht in der Lage aufzustehen."

„Weil du so einen Kater hattest?", fragte sie neckend nach und rutschte näher an ihn heran, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte. Liam allerdings wich ihrem Blick aus und fixierte einen Punkt an der Decke über ihm um sie nicht ansehen zu müssen. „Nein", sagte er. Seine Antwort kam zu schnell und zu forsch. Er konnte ihren Blick auf sich spüren, aber er wagte es nicht seine Augen von der Decke zu lösen.

„Sondern?"

„Ist doch egal."

„Aha. Du hattest eine Frau in deinem Bett." In ihrer Stimme schwang Triumph mit als sie glaubte den wahren Grund nun endlich erraten zu haben. Eine Frau war wohl die humanste Antwort, die er ihr jetzt geben konnte, auch wenn sie gleich mit ihrer ersten Vermutung ins Schwarze getroffen hatte. Jedoch wollte er sich vor ihr nicht die Blöße geben, dass der Alkohol ihm einige Male zum Verhängnis geworden war. Da brüstete er sich lieber mit Eroberungen, die es nie gegeben hatte.

Er löste den Blick von der Decke – die dringend wieder gestrichen werden müsste - und drehte sich wieder zu ihr. Ihre Mundwinkel waren noch immer amüsiert nach oben gezogen. „Du weißt schon, dass das so was von klischeehaft ist?" Sie nutzte seine Worte, die er noch vor wenigen Minuten verwendet hatte.

„Na und?" Er zuckte mit den Schultern und nahm dabei unbewusst ihre Rolle ein um sein Verhalten zu verteidigen.

Jules zuckte mit den Schultern und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Fernseher. „Keine Ahnung. Ich hätte dich nur nicht so eingeschätzt."

„Ach nein?"

„Nein. Du wirkst nicht wie der Typ, der eine Frau nach der anderen in sein Bett zerrt."

Er kniff die Augen ein wenig zusammen und sah sie abwartend an. Sie aber schüttelte nur den Kopf. „Nein. Wirklich nicht. Ich glaube nicht, dass du dazu in der Lage wärst."

„Es ist aber schon vorgekommen."

Jules atmete tief durch. „Wir sind nicht perfekt. Uns passieren Fehler." Damit richtete sie sich auf, rollte sich aus dem Bett und tapste zur Tür um diese zu öffnen, nachdem es geklopft hatte. Liam folgte ihr mit den Blicken und seufzte leise. „Das muss unser Frühstück sein", meinte sie. Schwungvoll zog sie die Tür auf. Von seiner Position auf dem Bett aus, konnte er nicht sehen wer dort auf dem Flur stand.

„Unser Frühstück ist da", verkündete Jules und kam wieder zurück zum Bett, gefolgt von einem jungen Mann, der seinen Blick nicht von Jules lösen konnte. Liam setzte sich auf und fuhr sich durch das Haar. Mit zittrigen Händen stellte der Hotelangestellte das Tablett mit ihrem Frühstück auf dem Tisch ab und frage, ob sie noch weitere Wünsche hätten. Liam wank ab und rutschte an den Rand des Bettes. „Danke, wir haben dann alles", bemerkte er nur, ehe er sich erhob und dem Mann hinterher sah, der seinen Servierwagen wieder aus dem Zimmer schob. Jules folgte ihm erneut um die Tür zu schließen. Tief atmete sie durch und schlüpfte wieder ins Bett. Ihr Blick lag auf Liam, der nun in der Mitte des Zimmers stand. „Und jetzt?", fragte er. Jules lachte leise. „Bring mir das Essen ans Bett", bemerkte sie und deutete auf das Tablett, das auf dem kleinen Tisch stand.
Liam musterte Jules und verdrehte die Augen. „Du nimmst es mit dem Frühstück im Bett aber wirklich genau." Er nahm das Tablett und trug es rüber zum Bett, wo er sich niederließ. Vorsichtig platzierte er es auf der Matratze und rutschte wieder ans Kopfende.

Changing lifeWhere stories live. Discover now