Von einem verkaterten Morgen und einem überraschenden Besuch

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Gute Nacht, Jules."

Diese Worte waren das Erste was ihm in den Sinn kam als er aus dem Schlaf glitt. Er befand sich in seinem Bett. Aber weshalb kam ihm Jules in den Sinn? Er hatte doch nicht etwa...? Ruckartig fuhr er in die Höhe und bereute es gleich wieder als ein stechender Schmerz durch seinen Kopf fuhr. Zischend hob er seine Hand und rieb sich die pochende Schläfe. Langsam öffnete er die Augen, die er zugekniffen hatte. Erleichtert stellte er fest, dass er alleine in seinem Bett lag. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn er neben sich den schlafenden Körper von Jules vorgefunden hätte. Mit der flachen Hand fuhr er sich über die Stirn und schloss seine Augen wieder. Durch diesen Schreck war an Schlaf erstmal nicht mehr zu denken. Der Schmerz in seinem Kopf tat sein übliches und der Drang der Natur forderte eine Entscheidung. Vorsichtig, ohne hektische Bewegungen zu machen, die seinen Kopf einer drohenden Explosion näher brachte, schob er sich aus dem Bett. Bekleidet in Shorts, schlurfte er aus dem Zimmer. Mit sicherem Schritt fand er das Bad und erledigte dort, was er erledigen musste. Das Rauschen des Wassers ließ ihn zusammenfahren und er war froh als er den Weg nach unten antreten konnte.

Es dämmerte bereits. Der gesamte untere Wohnbereich lag in einem schwachen Licht, weshalb er darauf verzichten konnte die Lampe einzuschalten. Seine Füße brachten ihn verlässlich in die Küche, wo er zunächst den Kühlschrank öffnete und eine Flasche Wasser herausnahm. Er schraubte den Verschluss ab und setzte die Öffnung an seine Lippen. In gierigen Schlücken trank er und versorgte seinen Körper mit dem verlangten Wasser. Seine Augen schlossen sich genießerisch als sich das trockene Gefühl in seiner Kehle langsam verschwand und sein Magen sich füllte. Nachdem er die Hälfte der Flasche ausgetrunken hatte, setzte er sie ab und stieß erleichtert die Luft aus. Seinem Kopfschmerz hatte dies noch keine Linderung gebracht, aber in wenigen Minuten würde die Tablette anschlagen, nach der er nun suchte. Vorsichtshalber bewahrte Liam seit einigen Monaten sowohl in der Küche als auch im Bad Schmerztabletten für solche Notfälle auf. Immerhin war dies nicht das erste Mal, dass er mit einem fiesen Kater aufwachte und es würde auch nicht das letzte Mal sein.

Er schraubte die Flasche wieder zu und wollte sie in den Kühlschrank zurückstellen, als er stutzte. In seiner Bewegung innehalten, sah er auf die Milchpackung, die auf der Arbeitsfläche stand. Seine Augenbrauen zogen sich nachdenklich zusammen, während er versuchte zu rekonstruieren, wie diese Milchtüte dorthin gelangt war. Er konnte sich - so sehr er es auch versuchte - nicht erinnern, wann er die Milch benutzt hatte. Vielleicht war es Sophia gewesen, die vergessen hatte die Milch wegzuräumen. Was aber eher untypisch für seine Freundin war. Dennoch zuckte er mit den Schultern und stellte sie zurück in den Kühlschrank.

Seine nächsten Handgriffe sorgten dafür, dass die Kaffeemaschine ihren Dienst antrat. Leise vor sich hin kochend, floss das braune Gesöff in die Kanne und Liam seufzte zufrieden. Er drehte sich um und erstarrte.

Sein Blick traf auf ein Augenpaar, das zu einem Gesicht gehörte, dessen Körper an seinem Küchentisch saß. Er schüttelte leicht seinen Kopf, schloss die Augen und als er sie wieder öffnete hoffte er, dass die Person wieder verschwunden war. Aber sein Wunsch wurde nicht erhört und Jules saß noch immer an seinem Küchentisch. Wie war sie dahin gekommen und wieso trug sie eines seiner Shirts? Hatte er etwa doch mit ihr?
Sophia würde ihn so was von umbringen.

Überfordert fuhr er sich durch das Haar, während Jules reglos auf ihrem Stuhl saß und ihn ansah. Schweigend. Wieso sagte sie nichts? Er schluckte schwer und räusperte sich, weil er seiner Stimme nicht traute.

„Morgen?", kam es von ihm.

„Morgen", kam es von ihr. Sie hob eine Tasse an ihre Lippen und trank einen Schluck. Dann erhob sie sich, trat auf ihn zu und stellte ihre Tasse in das Spülbecken. Alles ohne ein Wort zu sagen. Schweigend verließ sie die Küche und ließ Liam zurück, der perplex da stand und nicht wusste, ob er noch träumte oder schon wach war. Er blinzelte und rieb sich über die Augen. Offensichtlich musste noch eine Menge Alkohol in seinem Blut sein, wenn er schon Menschen sah, die gar nicht da sein konnten. Er widerstand dem Drang zu sehen, wohin Jules ging. Womöglich würde er sie gar nicht finden, wenn er ihr nun folgte und vielleicht sollte er wieder hochgehen um noch eine Mütze Schlaf zu finden.

Changing lifeWhere stories live. Discover now