Kapitel 4

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Francescas Sicht 

Wir hatten nicht erwartet, dass das Institut von Buenos Aires so gut ausgestattet ist, aber wenn es hier etwas in Massen gab, dann waren es Waffen. >>Wann wurden die ersten blutleeren Laichen gefunden?<< fragte ich den Ferro-Jungen, der neben mir stand neugierig. Er hatte seine Schwester die ganze Zeit im Auge behalten und erschreckte nun, da er anscheinend nicht damit gerechnet hatte, dass ich ihn ansprach. >>Vor ein paar Wochen.<< Mein Cousin trat zwischen uns. >>Blutleere Laichen schreit nach Vampir. Das heißt, dass wir zuerst den Vampirclan untersuchen. Ich werde gleich einen Termin vereinbaren lassen.<< Dieses Mädchen, Ludmila musterte ihn finster. >>Wenn jemand einen Termin vereinbart, dann bin ich es. Allerdings halte ich das für unnötig, da wir die Leiterin des Vampirclans schon gesprochen haben. Sie behauptet, dass sie absolut nichts damit zu tun hat.<< Federico zog eine Augenbraue hoch. >>Und das weißt du, weil Schattenwesen so vertrauenswürdig sind, oder was?<< fragte er spöttisch. Der Ferro-Junge hatte anscheinend das Bedürfnis, seine Schwester zu verteidigen. >>Violetta Castillo ist eine wertgeschätzte Informantin unserer Familie. Sie würde niemals den Fehler begehen, uns zu hintergehen. Ludmila wird gerne ein Treffen einberufen, aber sie wird euch nicht mehr sagen, als uns.<< Er legte einen Arm um seine Schwester, als wolle er sie überreden, nachzugeben. >>Tja, übermorgen Nacht würde mir ganz gut passen.<< meinte Fede. Ludmila ignorierte ihn und lief davon. >>Diegito? Zeigst du unseren Gästen bitte ihre Zimmer, ich gehe jetzt ins Bett. Man sieht sich.<< Sie warf ihr Haar zurück und ging mit schnellen Schritten aus dem Zimmer. >>Na dann. Kommt mit.<< Diego lächelte nicht, aber immerhin wirkte er freundlicher als seine Schwester. Die Zimmer, die er uns zuteilte waren schleicht eingerichtet. Mit jeweils einem Bett, einem Schreibtisch und einer Kommode. Aber die Aussicht war schön. Das Institut befand sich auf einer Anhöhe, von der aus man die Stadt sehen konnte. Ich war schon im Alter von 10 Jahren viel gereist und ich war mittlerweile daran gewöhnt, immer in den unterschiedlichsten Zimmern zu leben. Aber dieses war ziemlich hübsch. Die Wände waren in einem zarten Gelbton gestrichen und auf dem Boden lag ein orangener Teppich, der aussah, als hätte noch nie jemand auf ihn gestanden. Seit ich 14 bin werde ich zusammen mit Fede zu Aufträgen geschickt. Mein Vater hat uns schon mit drei Jahren das Töten gelehrt. Mit acht habe ich schon meinen ersten Dämon getötet und mit zehn einen Vampir. >>Fran?<< Fede betrat den Raum. Er trug noch immer seine Kampfmontur. >>Ruh dich bitte aus, damit wir morgen schon in aller Frühe die Stadt besichtigen können. Ich möchte mir so schnell wie möglich einen Überblick über Buenos Aires machen, damit wir verhindern können, das noch mehr Menschen sterben müssen.<< Ich nickte nur. So war es immer. Federico gab Kommandos und ich nickte. Wieso auch nicht? Er war derjenige, der besser kämpfen konnte, als jeder andere Schattenjäger dieser Welt. Er war verdammt clever, und seit seine Familie vor drei Jahren ums Leben gekommen ist, auch verdammt lebensmüde. Also genau die richtige Mischung für einen perfekten Schattenjäger. Wenn ich es mi aussuchen könnte, würde ich das alles nicht haben wollen. Am liebsten wäre ich ein ganz normaler Mensch, der sich keine Sorgen darum machen musste, das er jeden Moment sterben könnte. Ein ganz gewöhnliches Mädchen, das zu einer ganz gewöhnlichen Schule gehen kann und sich in einen ganz gewöhnlichen Jungen verliebt, der im Mathekurs neben ihr sitzt. Ich könnte studieren, heiraten, Kinder bekommen und mit Ende 80 an einem ganz gewöhnlichen Tod sterben. Aber ich bin nicht gewöhnlich. Nein, ich bin eine Kriegerin! Eine Kriegerin, die töten muss, um ihre Pflichten nicht zu vernachlässigen. Klar, Dämonen sind böse und müssen aufgehalten werden, aber das kann genauso gut jemand anderes machen. >>Okay. Wir sehen uns morgen.<< Und schon war er wieder verschwunden. Ich atmete tief durch und lies mich auf das Bett fallen. Es war weicher, als ich erwartet hätte. Ich griff nach meiner Reisetasche, die neben dem Bett stand und holte mein Tagebuch heraus.


Liebes Tagebuch.


Ich weiß nicht mehr weiter. Ich vermisse meine Familie und bin es satt, immer so weit weg von zu Hause zu sein. Ich hab zwar noch Fede, aber der ist wie eine Maschine. Ich könnte genauso gut mit einem Roboter reden. Ich wünschte, er würde einen Weg finden, über den Verlust seiner Eltern und seines Bruder hinwegzukommen. In Buenos Aires ist es überraschend schön. Nur die Tochter des Hauses ist total eingebildet. Anscheinend eine der rebellischen Sorte. Aber irgendwann sieht sie auch ein, das sie damit im Leben nicht weiterkommt.


Liebe Grüße  Francesca.

Ich legte das kleine Buch zur Seite und lehnte mich zurück. Wieso bin ausgerechnet ich dafür bestimmt, bis an mein Lebensende zu kämpfen? Ich hasste es, ein Schattenjäger zu sein. Ich will niemanden mehr Leid antun. Schattenjäger sind dazu verdammt, ein kurzes Leben zu führen, in dem sie töten und kämpfen. Ich will nicht schon mit 30 sterben. Ich will Kinder haben, die ich aufwachsen sehen will und vor allem will ich meine Kinder nicht als Schattenjäger erziehen. Ich weiß nicht, ob ich ein Kind lieben könnte, das irgendwann mal jemanden umbringt. Wieso muss die Welt nur so ungerecht sein?

Fedemila und Diecesca-Schattenjäger LiebeskampfWhere stories live. Discover now