Kapitel 23

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Riley saß auf der Parkbank und beobachtete den Schnee. Er rieselt sanft vom Himmel auf das von Tau umhüllte Gras. Es war schon so kalt, dass die Flocken an ihrem Ziel hängen blieben und alles in ein reinliches Weiß verwandelten. Die Bäume hatten ihre Blätterpracht längst verloren und entblößten ihr verzweigtes System aus Ästen.

Zu dieser Jahreszeit waren nicht viele Menschen im Park anzutreffen. Vor allem nicht zu dieser späten Stunde. Das Sternenvlies war bedeckt von schweren, grauen Wolken. Nur der Mond schien verschwommen hervor. Schon lange gab es keine klare Nacht mehr. Der Schnee fiel ununterbrochen.

„Es ist ganz schön frisch, findest du nicht auch?" Sie drehte ihren Kopf zur Seite und bemerkte die Dampfwolken, die von dem gefrorenen Atem ihres Gegenübers herrührten.

„Ich mag die Kälte. Sie ist erbarmungslos." Riley wandte sich ab und schaute in die Ferne. Sie hörte das Rascheln von Zetteln.

„Hier steht, wir sollen sie nicht leiden lassen, aber hetzen müssen wir uns auch nicht."

„Das klingt doch nett."

„Ich glaube wir müssen los. Sonst verpassen wir noch ihren Zug."

„Ist gut, Jack." Sie sah ihm zu, wie er die Akte wieder in seiner Umhängetasche verstaute. Sie begann erneut zu reden.

„Weißt du was?" Aufmerksam suchte er Augenkontakt, doch sie hatte ihren Blick wieder der Umgebung gerichtet.

„Hm?"

„Ich versuche mir immer vorzustellen, was einen Menschen dazu verleitet, jemanden zu hintergehen und ihn umbringen zu lassen. Ich meine, nicht mal die Courage zu haben, es selbst zu erledigen." Jack verstand, worauf sie hinaus wollte.

„Ich weiß es nicht, Riley. Aber das ist nicht unser Job. Es geht uns nichts an." Sie wusste das bereits. Immerhin wurde ihr es jahrelang eingeflößt.

Wie es jetzt nun der Frau gehen mag? Sie hat keine Ahnung, dass sie heute nicht mehr nach Hause kommt. Dass sie heute nicht mehr ihre Katze füttern und sich hinlegen kann. Dass sie nicht mehr aufwachen wird, nie wieder.

Das Schicksal dieser Frau lag in ihren Händen. Sie konnte mit ihr spielen, wie auf einer Marionette. Solange, bis sie genug hatte und die Fäden abriss. Riley fand es aufregend, etwas zu besitzen. Davor hatte sie nie etwas ihr Eigen nennen können. Immer war sie im Hintergrund geblieben, und hatte beobachtet. Jetzt konnte sie mitentscheiden. Mitentscheiden über dieses Leben. Und sie würde immer ihre Stimme abgeben.

AuftragskillerWhere stories live. Discover now