48. Missing

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♪ Rainbow in the dark – Dio


Louis

Alle Augen waren auf mich gerichtet. Jeder erwartete eine Erklärung, die ich jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben konnte, weil mir das Hintergrundmaterial fehlte.

„Hört zu", sagte ich, bevor die anderen zu sprechen beginnen konnten. „Ich werde zunächst mit Mark telefonieren und dann sehen wir weiter."

Stille herrschte ihm Raum, als ich erneut nach meinem Handy griff, um unseren Verbündeten in Süd Kalifornien zu kontaktieren. Sein Hotel, das San Guiliano, diente als Dreh- und Angelpunkt für alle unsere Netzwerkmitarbeiter und Anuun hätte dort bereits vor drei Tagen aufkreuzen sollen.

Als das Freizeichen ertönte, nahm er auch schon den Anruf entgegen. Da ich mein Handy in den Lautsprechermodus gestellt hatte, konnten alle mithören, auch Niall und Sienna. Ich hielt es für wichtig, sie nicht außen vor zu lassen, denn immerhin ging es um ihre Leben und um ihre Sicherheit.

„Hallo Mark, ich bin's. Alistair hat mich gerade angerufen. Sag mir bitte genau, was passiert ist."

„Hallo Louis, die Sache verhält sich folgendermaßen", begann er, „Anuun sollte vor drei Tagen hier sein. Er wurde zuletzt in El Paso, Texas gesehen. Dort arbeitete er mit Alfredo zusammen. Die beiden waren auf einer heißen Spur, die jedoch in zwei mögliche Richtungen verlief. Sie trennten sich und während Alfredo hierher zurückkehrte, fehlt von Anuun jede Spur."

„Das ist ungewöhnlich. Und er hat sich bei keinem von euch zwischendurch gemeldet?"

„Nein, leider nicht. Alfredo sagte, dass er in Richtung New Mexico unterwegs gewesen wäre, um anschließend nach Süd Kalifornien zu kommen. Wir wollten uns alle im Hotel treffen und die Lage bzw. die neuesten Erkenntnisse besprechen."

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Normalerweise war auf Anuun immer Verlass. Er zählte seit Anbeginn zu unserem Netzwerk und seine Loyalität war unbestritten. Alistair kannte ihn seit Jahrzehnten und hielt große Stücke auf ihn, genau wie ich.

„Das klingt alles sehr merkwürdig, Mark", stellte ich fest.

„Ja, und wir wissen nicht, woran wir sind, denn er meldet sich nicht, egal auf welchem Weg wir versuchen, ihn zu erreichen. Er geht weder ans Telefon, noch liest er seine Whatsapp Nachrichten oder beantwortet die E-Mails. Es scheint, als sei er vom Erdborden verschluckt."

Für einen Moment schloss ich meine Augen, atmete tief durch und sagte dann: „Es gibt genau zwei Möglichkeiten, warum ein Netzwerkmitarbeiter nicht mehr auffindbar ist und diese kennst du so gut wie ich."

„Allerdings", erwiderte Mark, dessen Stimme ziemlich belegt klang. „Entweder er hat die Seiten gewechselt oder er ist tot."

„Um ehrlich zu sein, wünsche ich mir beides nicht", seufzte ich, um mich anschließend mit den Worten „Wer zuerst etwas herausfindet meldet sich", verabschiedete.

Das Schweigen im Raum verbreitete eine bedrückende Atmosphäre. Niemand wollte wahrhaben, was wir gerade gehört hatten und doch entsprach es der Realität.

Liam räusperte sich kurz, bevor er als Erster zu sprechen begann.

„Im Klartext hieße das, wir sind am Arsch, wenn Anuun übergelaufen sein sollte."

Leicht schüttelte ich meinen Kopf. „Ich denke nicht, dass er dies getan hat. Denn wenn dem so wäre, würde die Mafia schon längst hier sein. Drei Tage sind eine verdammt lange Zeit, welche die Burschen auf jeden Fall genutzt hätten."

Black IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt