21. Ice Desert

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♪ Sole Survivor – Blue Öyster Cult


Niall

Nachdem Louis unser Gepäck in den Wagen eingeladen hatte, der direkt vor dem kleinen Flughafengebäude parkte, ging es auch schon los.

„Wir müssen uns beeilen, der nächste Schneesturm wurde bereits vorhergesagt", lauteten seine deutlichen Worte.

Eine Aussage, die mich nicht gerade in Jubel ausbrechen ließ. Hoffentlich gehörten diese Stürme nicht zur Tagesordnung. Das würde das Ganze Dilemma noch schlimmer machen.

Ohne Probleme wühlte sich das Auto durch die weißen Massen, was aufgrund der Schneeketten, die ich bemerkt hatte als ich einstieg, jedoch nicht verwunderlich war.

„Wie lange wird unsere Fahrt dauern?", erkundigte sich Liam, der den Platz neben Louis belegte, während ich auf dem Rücksitz verweilte.

„Zehn Minuten. Barrow ist ein Nest", gab der Angesprochene grinsend zur Antwort.

Das hatte ich schon selbst bemerkt. Die kleine Stadt konnte man weder mit Oceanside, noch mit London vergleichen. Unser Leben würde einen tiefen Einschnitt erfahren und ich war der Erste, der in den Genuss kam, dies zu testen.

Während wir die schneebedeckte Straße entlangfuhren, betrachtete ich die Gegend. Manche Häuser wirkten gemütlich, andere eher kahl. Wir passierten eine Kirche, eine Tankstelle und einige Kneipen, sowie zwei der fünf Hotels, mit denen Barrow aufwarten konnte.

Ich fragte mich, was das Kaff sonst noch so zu bieten hatte. Man baute doch nicht fünf Hotels am Ende der Welt, in der Hoffnung, dass sich irgendwelche schneesüchtigen Touristen in diese Einöde verirrten. Erneut begann ich zu googeln, denn jetzt wollte ich wirklich mehr wissen.

Die ersten Sätze des Artikels, über den ich im Internet stolperte, waren nichts Neues für mich, weswegen ich die Zeilen schnell überflog.

„Barrow, ist die nördlichste Siedlung Amerikas, eine der am nördlichsten gelegenen Städte der Welt und eine der größten Inuitgemeinden, mit etwa 4600 Einwohnern. Sie ist Hauptsitz der 'North Slope' Gemeinde, die 88.000 Quadratmeilen groß ist"

Doch als ich den Inhalt der nächsten beiden Sätze verinnerlichte, sprang ich buchstäblich ins kalte Wasser. Das konnte nicht wahr sein.

„Im Sommer geht die Sonne vom 10. Mai bis zum 2. August nicht unter und scheint 82 Tage am Stück. Im Winter hingegen versinkt sie für 65 Tage (18/19 November - 22/23 Januar) hinter dem Horizont".

Sienna würde durchdrehen und auch für mich war es hart, 65 Tage ohne Sonne zu leben. Am Schlimmsten würde es jedoch für Kieran sein. Er liebte es, draußen herumzutollen und vor allem in der Wärme zu sein. Was hatte Alistair sich nur dabei gedacht?

Innerlich stöhnend und um mich von dieser niederschmetternden Nachricht abzulenken, führte ich mir den restlichen Artikel zu Gemüte.

„Besucher werden von den Inuit freundlich empfangen. In traditionellen Gewändern führen sie für die Besucher traditionelle Tänze auf und auch das typische 'Blanket Toss' kann hier bewundert werden. Die Inuit bieten ihren Besuchern auch handgefertigte Holzschnitzereien, Fellmasken und andere Artikel zum Kauf an.

Bei einer Wanderung entlang des arktischen Eismeers kommt man am 'nördlichsten Punkt' nicht nur der USA, sondern auch der westlichen Zivilisation vorbei. Auf geführten Touren kann man die Flora und Fauna der arktischen Tundra entdecken."

Das klang zwar alles recht ansprechend, doch es konnte mich nicht über den Verlust der Sonne hinwegtrösten, vor dem es kein Entrinnen gab. Es sei denn, ich sträubte mich dagegen in Barrow zu bleiben. Dann allerdings musste ich mit dem Gedanken leben, Freiwild für die Mafia zu sein. Doch nicht nur ich, sondern auch Sienna und Kieran. Dieses Risiko würde ich niemals eingehen und so blieb nur der Verbleib in der Eiswüste.

Black IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt