Kapitel 18: Paris

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Ich starrte auf mein Flugticket, dass ich vor zwei Wochen gekauft hatte. Meine Ausbildung war mittlerweile ein halbes Jahr her, und ich habe gelitten. Nicht während der Ausbildung, nein. Sie war eine Ablenkung für mich.

Ich habe gelitten, weil ich nicht weiter wusste. Schon so oft stand ich mit meinen mittlerweile Zwanzig Jahren vor dem Fenster und starrte die Natur an, während ich mir meine Waffe an den Kopf hielt. Sie war in keinem der Fälle geladen, aber ich hatte es genossen, mir vorzustellen, den ganzen Schmerz zu beenden. Jedesmal war die Tür abgesperrt. Meine Mutter saß unten im Wohnzimmer. Ich stand oben am Fenster. Wäre die Waffe geladen gewesen, hätte sie es nicht bemerkt.

Ich wollte wirklich die Erleichterung fühlen. Schließlich hatten es einige Narben mir gezeigt, bis ich heulend zusammengebrochen bin und aufgehört habe. Ich hatte einfach keinen Sinn gesehen. Keinen Sinn daran, mich zu verletzen, geschweige denn zu Leben. Ich hatte alles erreicht, was ich mir vorgenommen hatte. Doch ich war nicht glücklich.

Ich packte das Flugticket in meine Tasche und schloss danach meinen kleinen Koffer. Als ich meine Waffe in die Hand nahm, betrachtete ich sie genauer. Ich hatte meinen Namen hineingeritzt. Denn wenn mein Leben enden sollte, sollte es durch meine Hände sein. Durch meine Waffe.

Es war einfach zu schmerzlos gewesen, jeden Abend weinend im Bett zu liegen und diesen unerträglichen Schmerz in der Brust zu spüren. Es war schlimmer als die Male, wo Zayn mich verprügelt hatte. Und wieder dachte ich an Zayn. Er war die Person, an die ich Tag und Nacht, Minute für Minute. Sekunde für Sekunde dachte. Er war der Grund, dass ich noch lebte.

Ja. Das war er. Einfach weil ich verdammt nochmal zu dumm bin und ihn immer noch liebe. Drei Jahre war es her, dass ich ihn gesehen hatte. Und ich stellte ihn mir immer noch jede mal im Kopf vor. Ob er sich verändert hatte? Ob er eine neue Frisur hatte? Ob er eine Freundin hatte? War er verheiratet? Hatte er Kinder?

Wieso lebte ich dann noch, wenn er schon glücklich war?

Ich lud die Waffe.

Wegen diesem Fünkchen Hoffnung. Ich hatte einfach Hoffnung, dass wir uns irgendwann wiedersehen. Ich hoffte das Schicksal würde sich mal so wenden, dass ich lachen konnte. Ich hatte ewig nicht mehr gelacht. Wie lange? Fünf Jahre?

Ich schüttelte den Kopf und hob die Waffe. Mit einer Waffe ging es schneller. Alles wäre aus. Ich habe mein Leben gelebt, und ich habe es satt. Punkt.

Es gab einen Knall.

Ich ließ die Waffe fallen.

Und drehte mich um. Mein Koffer war auf den Boden gefallen, und ich hatte echt Glück, dass die Waffe sich beim Aufprall nicht selbst betätigt hatte. Denn sonst hätte ich ein Loch in meinem Fuß. Ich steckte die Waffe in meine Waffentasche, hob meinen Koffer auf, nahm meine kleine Seitentasche und lief die Treppe herunter. Meine Mutter kam in den Flur und sah mich an. Erneut hatte sie Tränen in den Augen.

Diesmal aber lächelte sie.

„Niall…“

„Mum. Ich …“

„Du brauchst mir nichts zu erklären. Ich hatte es geahnt.“

„Aber? Woher?“

„Ich wusste der Tag würde kommen, an dem du dein Schicksal in die Hand nimmst. Mein Sohn, egal was du machst, ich bin stolz auf dich.“

Ich musste auch weinen. Wenn ich daran dachte, wie kurz ich immer davor war, mir das Leben zu nehmen, dann hasste ich mich. Denn so hätte ich meine Mutter in Stich gelassen. Und meine Mutter war mein ein und alles in meinem Leben.

„Danke.“ Flüsterte ich,  als ich mich in ihren Armen befand und sie umarmte.

„Viel Glück. Suche nach deinem Schicksal.“ Sagte sie, als ich mit meinem Koffer die Ausfahrt verließ und Richtung Bushaltestelle lief. Ich war erleichtert, dass meine Mutter es verstand. Ich war froh, dass sie mich unterstützte, und in gewisser Weise hatte sie auch Recht.  Der Bus kam an, blieb vor mir stehen und ich setzte mich ganz hinten ans Fenster. Ich musste bis zur Endstation fahren, das dauerte seine Zeit.

Destiny? - A Ziall Fanfic (With a hint of Larry)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora