Kapitel 15: Sehnsucht

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Der Kerl vor mir wurde immer ungeduldiger und sah mich eindringlich an während ich immer noch überlegte ob ich einfach wieder gehen oder vorher aus Höflichkeit was bestellen sollte.

"Kumpel, ich hab hier auch noch was anderes vor, okay? Also drück auf die Tube und sag an."

Etwas überrascht darüber, dass er wirklich so mit mir-einem Kunden-gesprochen hatte, brauchte ich erstmal eine Minute um mich zu sammeln.

"Ach wirklich? Was denn so?" Fragte ich ihn dann ebenso unhöflich und sah verurteilend an ihm herunter. "Solltest du nicht etwas respektvoller mit den Kunden hier umgehen?" Fragte ich dann direkt hinterher.

Er wirkte allerdings keinesfalls angegriffen oder überhaupt irgendwie emotional sondern starrte mich nur weiterhin gelangweilt an.

Ich erinnerte mich daran was Lia mal zu mir gesagt hatte. Die meisten ihrer Mitarbeiter waren bloß Studenten die versuchten sich nebenbei etwas zu verdienen. Von daher war ihnen der Job nicht so wichtig. Er musste wohl auch einer von denen sein.

Snob.

"Willst du was oder nicht? Wenn du nichts willst, schlage ich dir vor einfach wieder zu gehen. Ist wahrscheinlich sowieso die bessere Variante, da alles was du hier kriegst gleich abartig schmeckt." Ein Hauch von einem Grinsen lag auf seinen Lippen. Vermutlich war das "Gespräch" mit mir das spannendste was er an diesem Tag erlebt hat.

Ebenso unbeeindruckt von ihm wie er von mir, verdrehte ich nur die Augen und steckte gelangweilt meine Hände in meine Hosentaschen.

"Kannst du mir sagen wo Lia ist oder wenigstens warum sie nicht da ist?" Fragte ich ihn und ignorierte seine vorherige Aussage damit eiskalt.

"Wer will das wissen und wieso?" Schmunzelte er offensichtlich amüsiert.

"Ich. Offensichtlich. Und wir kennen uns also kannst du mir einfach ne Antwort geben und mich dann in Frieden abhauen lassen?" bat ich ihn langsam genervt.

"Ihr kennt euch? Klingt ja interessant aber wenn du einer von diesen Typen bist die gerne was umsonst haben, würde ich dir vorschlagen dich eher mit einer Barista bei Starbucks "anzufreunden" wenn du verstehst was ich meine. Da schmeckt der Scheiß, den man bekommt, wenigstens." Er lachte über seinen eigenen Witz, blieb damit auch der einzige und sah mich weiterhin an.

"Ja, pass auf, du bist weder witzig noch annähernd so cool wie du glaubst zu sein also gib mir entweder ne normale, informative Antwort oder sag gleich, dass du keine Ahnung hast, denn dann bin ich hier weg." Schon lange bin ich keinem mehr begegnet der mir so dermaßen auf die Eier ging.

Er schien, wenn auch spät, zu bemerken, dass ich keine Scherze machte und wirklich kurz vorm Nervenzusammenbruch stand, was ihm sein dämliches Grinsen endlich aus dem Gesicht wischte.

"Sie hat heute frei. Irgendwas mit Familie also wenn du sie suchst, würde ich mal bei ihr zuhause nachsehen." Sagte er dann wieder gelangweilt.

Ich fälschte ein breites, dankbares Lächeln und verschwand dann mit einem schnellen Winken aus der Tür.

Was für ein Idiot. Aber immerhin wusste ich nun, das Lia nicht umgezogen oder plötzlich gestorben war und das war auf jeden Fall schon mal etwas Wert.

Mein nächster Konflikt bestand dann jedoch darin ob ich wirklich so frei sein und einfach zu ihr nachhause gehen sollte nur, weil ich sie so gerne sehen wollte.

War das unpassend?

Ich hatte keine Ahnung wie sie darüber denken würde und dann kam ja auch noch dazu, dass sie wegen irgendwelcher Familienangelegenheiten frei hatte, vielleicht war ich also gar nicht willkommen.

Serendipity // Michael CliffordWhere stories live. Discover now