Kapitel 34

2.4K 115 8
                                    

Es ist vollkommen ruhig und unbewacht, als ich vor den großen Flügeltüren, die zu dem Kontrollraum führen, stehen bleibe. Weder Cia und Four noch irgendjemanden anderen habe ich gesehen, es ist vollkommen unbewacht außer Peter. Das macht micht stutzig. Wie kann es sein, dass Jeanine so unvorsichtig ist? Oder ist es vielleicht alles nur ein Plan? Apropo Plan. Dieser wäre vielleicht jetzt ganz hilfreich. Okay, wir sind bis Kontrollraum durchgekommen, aber jetzt? In meiner ach so schlauen Berechnung empfand ich es schon als ein Wunder, wenn wir soweit kommen wie bisher. Doch jetzt stehe ich hier und habe keine Ahnung, was ich tun soll? Einfach da rein marschieren und Jeanine eine Waffe an den Kopf drücken? 'Hey Jeanine, schalt bitte die Simulationen ab oder ich knall dich ab?' Das würde wohl kaum funktionieren. Schließlich wird es da drinnen vor Soldaten wimmeln. Aber habe ich das nicht auch von hier gedacht?

"Waffe auf den Boden legen und die Arme hinter den Kopf legen" Die kalte Stimme jagt mir einen Schauer über den Körper. Eric. Was jetzt? Einfach so tun als wäre nichts? Das wäre purer Selbstmord. Also gehe ich langsam in die Knie, lege die Waffe auf den Boden und komme wieder hoch. Die Arme hinter den Kopf verschränkt, spüre ich das kalte Metall des Pistolen Laufs, der sich fest zwischen meine Schulterblätter drückt. "Geh weiter" sagt Eric und drückt mich unsanft durch die Türen. Das Szenario, dass sich mir bietet, ist schlimmer als alles andere:

Cia und Four knien beide auf dem Boden und jeweils wird ihnen eine Waffe ins Genick gehalten. Jeanine steht vor Jenen und dreht sich nun zu Eric und Mir, als wir den Raum betreten. Ein undefinierbarer Hass durchströmt mich und in einem Moment der Unbeherrschtheit stürme ich nach vorne, auf Jeanine zu. Ich komme vielleicht zwei, drei Schritte, dann fühle ich einen brennenden Schmerz in der Seite und gehe mit einem Aufschrei zu Boden. Der kalte Stein der Bodenplatten presst sich gegen meine Stirn, ich gebe eine Mischung aus einen Keuchen und einen Schrei von mir, spüre nur noch diesen fürchterlichen Schmerz in meinem gesamten Körper. "Nicht schießen! Um Himmels Willen nicht schießen!" Es überrascht mich, dass sich ausgerechnet Jeanine dafür einsetzt, mich nicht zu töten. Jemand lässt sich neben mich fallen, ich höre Cias gedämpfte Schreie. Schwarze Punkte tanzen vor meinen Augen und ich winde mich unter den Schmerzen, gebe einen gurgelnden Ton von mir. "Halt still" Eric fasst mich an den Schultern und richtet mich auf. Das Blau seiner Augen ist getrübt, ob aufgrund meiner Schmerzen oder etwas in seinem Blick weiß ich nicht. Aber das Leuchten seiner Augen ist in diesem Moment unglaublich tröstlich, es ist das einzige, was die Schmerzen ein wenig lindert. Etwas weiches berührt meine Schusswunde und ich schreie erneut auf. Meine Hände finden den Weg zu seinen Schultern, krallen sich fest und meine Tränen durchnässen das Kleidungsstück über seinen Schultern. Der Druck um meine Wunde nimmt zu, wird beinah unerträglich und gleichzeitig verbesseren sich die Schmerzen. Als ich einen Blick auf die Stelle werfe, bemerke ich Zwei Dinge: Eric trägt keine Jacke mehr ; Seine Jacke ist um meine Wunde gewickelt und tränkt sich langsam mit meinem Blut. Ich schaue wieder zu Eric hoch, seine Augen sind diesesmal nicht verschwommen, sie sind absolut klar. "Ich dachte, du hast sie isoliert Eric??" Jeanine scheint vollkommen durch den Wind zu sein. Wieso? Weil ihre Tochter angeschossen wurde? Tzz, als ob. "Habe ich auch, aber sie muss irgendwie dort rausgekommen sein" Eric richtet seinen Blick nach oben zu Jeanine, seine Hände halten weiterhin meine Hüften fest. Die Ken Anführerin streicht sich durch die Haare und schließt für einen Moment die Augen. "Wenigstens ist sie noch am leben. Du weißt, was für eine Bedeutung sie für uns hat, Eric" Der Blick der blonden Frau ist tadelnd, aber Eric lässt sich nicht einschüchtern. Er steht auf und zieht mich dabei mit hoch. Eine Belastung der Seite ist schmerzhaft, weswegen ich mich wohl oder übel an Eric lehnen muss. Sein umwerfender Geruch umfängt mich, warum bin ich eigentlich so geruchsempfindlich was Männer angeht?
"Wie dem auch sei, bring Sie jetzt hier weg und diesesmal bleibst du am Besten bei ihr, nur um sicher zu gehen, dass sie diesesmal auch dort bleibt" Gehorsam nickt Eric und beginnt mit mir zur Tür zur humpeln. Das war's dann, denke ich still bei mir. Jeanine wird die Altruan töten und ausrotten, die Ken kommen an die Macht. Ich habe versagt. Du hattest keine Wahl Claire, du wurdest angeschossen. Aber selbst wenn ich nicht angeschossen sein würde, würde ich trotzdem einen Weg finden diesen Plan zu verhindern?
"Sie hat dich angelogen Claire!" Mein Kopf wirbelt verwirrt zu Cia herum. Ein feindlicher Ferox drückt sie und Four gewaltsam herunter. "Sie hat dich die ganze Zeit angelogen! Sie ist nicht deine Mutter!!" Ich bleibe stehen, aber nicht, weil meine Füße es tun, sondern weil Eric stehen bleibt. Normalerweise würde ich Cia nicht glauben, aber ein Blick ins Jeanines Gesicht bringt mich zum Zweifeln. In ihrem Gesicht steht pures Entsetzen und Schock. Und noch etwas wird mir klar: Wir sahen uns nie ähnlich.
"Stimmt das?" frage ich leise, aber ich weiß, dass sie mich gehört hat. Nervös lacht Jeanine. "Natürlich nicht" - "Sie lügt, Claire! Frag sie nach der Wahrheit!" - "Das ist die Wahrheit" Wenn Blicke töten könnten wäre Four jetzt längst tot, so finster wie Jeanine ihn ansieht. Alles in mir verkrampft sich. So vieles würde Sinn ergeben, so viel Unerklärtes hätte jetzt eine Erklärung. Kann es sein? Hat Jeanine mich wirklich die ganze Zeit angelogen?
"Mum..." Es ist das erste Mal seit langer Zeit, dass ich diesen Kosenamen benutze. "Bist du meine Mutter?" So viel Unerklärtes hätte jetzt eine Erklärung. "Ja, natürlich und jetzt geh brav mit Eric mit und-" - "SAG MIR DIE WAHRHEIT!" Alle Anwesenden zucken unter meinem hysterischen Ton zusammen. Die Ken Führerin schaut in mein Gesicht. Eiskalte Augen treffen Verzweifelte.
So viel Unerklärtes hätte jetzt eine Erklärung.
Im Raum ist es komplett ruhig.
So viel Unerklärtes hätte jetzt eine Erklärung.
Ihre Lippen bewegen sich.

So viel Unerklärtes hätte jetzt eine Erklärung.

Unique - das erste Buch der »Unique« Reihe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt