56.

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León

Claire. Verdammte scheiße. Was zur Hölle tut sie hier? Nach all den Jahren hatte ich niemals geglaubt, sie irgendwann wiederzusehen. Ich kann kaum fassen, dass sie vor mir steht. Genauso schön, wie damals. Plötzlich sind all die Erinnerung wieder da. Der Tag, an dem ich zum ersten Mal auf sie traf, der Tag, an dem ich ihr den Verlobungsring ansteckte, der Tag, an dem ich sie mit meinem besten Freund im Bett erwischte... Ein unbeschreiblicher Schmerz bohrt sich in meine Brust, Tränen treten mir in die Augen. "León?", ihre Stimme ist kaum mehr als ein leises Krächzen, sie beginnt am ganzen Körper zu zittern. Nein, darauf darf ich unter gar keinen Umständen reagieren. "Was willst du?", frage ich so gefasst wie möglich und versuche ihr nicht in diese wunderschönen eisblauen Augen zu sehen. "Ich musste dich sehen...", schluchzt sie leise und beißt sich auf die Unterlippe. "Dann hast du das nun getan", presse ich hervor und möchte ihr die Tür vor der Nase zuknallen. Ich bringe es aber nicht über's Herz. "Können wir uns kurz unterhalten? Bitte." Wieso? Worüber könnten wir uns noch unterhalten? Darüber, dass du mich mit meinem besten Freund betrogen hast? Darüber, dass du mir mein Herz zerfleischt hast? Ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Ihr plötzliches Auftreten wirft mich fast noch mehr aus der Bahn, als es ihr Betrug damals getan hat. "Okay", flüstere ich kapitulierend und halte ihr widerwillig die Tür auf. Leise, wie ein Schatten huscht sie in mein Apartment.

"Möchtest du etwas zu Trinken?", meine guten Manieren lassen mich selbst in solch einer Situation nicht ganz im Stich. Sie schüttelt stumm den Kopf und lässt sich auf meiner Couch nieder. Einige Meter weiter setze ich mich ebenfalls. Ich brauche einen Abstand, eine gewisse Distanz zwischen uns, ihre Nähe würde mich vollends meine Beherrschung kosten. Nervös verschränkt Claire ihre Hände miteinander und blickt betreten zu Boden. Wir haben beide nicht vergessen, was in der Vergangenheit geschehen ist. Das sehe ich ihr an. "Warum bist du nach Los Angeles gekommen?" Ich möchte das Ganze schnellstmöglich hinter mich bringen. "Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Dich um Verzeihung bitten. Seit Jahren wünsche ich mir nichts sehnlicher, als die Dinge zwischen uns zu bereinigen." Ich sehe Verzweiflung in ihren blauen Augen, was mich zurückdenken lässt. So hat sie mich immer angesehen, wenn wir von ihrer verstorbenen Schwester sprachen. Ich kann mich noch an alles erinnern. An wirklich alles. Jede mit ihr verbrachte Minute hatte sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt. "Sag doch bitte etwas", fleht sie unter Tränen und wischt sie sich mit dem Handrücken vom Gesicht. Ich widerstehe dem wachsenden Drang sie in den Arm zu nehmen, ihr über den Rücken zu streichen und zu versichern, dass alles okay sei. "Was soll ich sagen, Claire? Ich habe das alles hinter mir gelassen, ich habe dich hinter mir gelassen. Denkst du wirklich, du könntest irgendetwas verändern, indem du plötzlich mir nichts, dir nichts in LA auftauchst und um Verzeihung bittest?" Sie schluchzt abermals auf: "Ich wollte das viel früher klar stellen, doch du hast dich von mir distanziert, hast mich nicht mehr an dich heran gelassen...dann bist du zusätzlich umgezogen." Ich schüttele ungläubig den Kopf und stütze ihn in meine Hände. Das sind zu viele Eindrücke auf einmal. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel Mut und Überwindung mich dieser Besuch kostet!", ruft sie schmerzerfüllt aus und schnieft leise. Mein Magen scheint sich umzudrehen. "Claire, was gibt es denn deiner Meinung nach zu klären? Du hast mich mit meinem besten Freund betrogen...nicht nur einmal, wie ich herausfinden konnte. Eine Entschuldigung kann hier nichts ausrichten." Ich kann nicht. Ich kann ihr einfach nicht verzeihen. "Das ist mir bewusst, aber gibt es wirklich nichts, dass den Schmerz lindern könnte? Ich bin bereit alles zu tun, was du verlangst." Ihre Stimme klingt lange nicht mehr so gebrochen, wie zuvor. Sie glaubt offensichtlich sie könnte mich mit ihrem Körper kaufen. So habe ich ihren Vorschlag zumindest aufgenommen. "Da gibt es tatsächlich etwas, Claire." Ihre Augen leuchten glücklich auf. Ich glaube nicht, dass dieser Glanz lange anhalten wird. "Kehre dorthin zurück, wo du hergekommen bist. Ich will dich einfach vergessen und mein Leben weiterleben - ohne die Erinnerungen an dich." Endlich komme ich wieder zur Vernunft. Claire muss weg. So schnell wie möglich. Ihr Gesichtsausdruck wechselt zu einem unglaublich enttäuschten und getränkten. "Ist es wegen ihr? Violetta Castillo?", sie spuckt die Worte förmlich aus. Somit bestätigt sich mein Verdacht - sie ist erst gekommen, als sie von Violetta erfahren hatte. Offenbar kommt sie nicht damit klar, dass jemand ihren Platz eingenommen hat. "Ja, es ist wegen ihr. Hauptsächlich aber wegen mir. Ich habe lange genug wegen dir gelitten und möchte keine einzige Minute mehr damit verschwenden." Das hat gesessen. Allmählich richtet sie sich graziös auf und steuert den Ausgang meines Wohnzimmers an. Dabei klackern ihre verführerisch hohen Absätze auf dem Marmorboden. Bevor sich jedoch den Raum verlassen kann, dreht sie sich um und blickt mir ein letztes Mal intensiv in meine Augen. Würde ich stehen, wäre ich sicherlich zusammengebrochen. Oh Gott... "León, ich werde nicht kampflos aufgeben und das weißt du." Sie holt tief Luft: "Man sieht sich."

Violetta

"Ich bringe Mrs. Brown die Zeichnungen und dann gehen wir ins Arbeitsamt", verkünde ich in einem fröhlichen Tonfall. Ich bin ausgesprochen stolz auf meine Idee. "Und was ist mit León?", fragt Ludmila argwöhnisch und zieht eine Augenbraue hoch. "Normalerweise haltet ihr es keinen Tag ohne einander aus." "Nun, momentan wird uns diese Auszeit sicherlich gut tun", gebe ich ein wenig traurig zurück. Ich vermisse ihn, keine Frage. "Willst du mir erzählen, was passiert ist?" "Ja, will ich. Aber erst wenn ich zurück bin und wir uns auf den Weg zum Arbeitsamt machen", entgegne ich zufrieden uns haste zur Tür. "Violetta?" Fragend mustere ich sie unter meinen frisch getuschten Wimpern. "Die Zeichnungen", antwortet sie grinsend und deute auf meinen Schreibtisch.

Wie ihr natürlich alle vermutet habt, ist es tatsächlich León's WUNDERVOLLE Ex! Ihr werdet sie alle ja sooooo unglaublich lieben! Hahahah...



Love me harderDonde viven las historias. Descúbrelo ahora