[28] Ein letztes Mal

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Seinen Wörtern schenkte ich keinen Glauben.

Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass ich mit Darvin's Urneffen sprach? Starr blieb ich sitzen und beobachtete jeden seiner einzelnen Bewegungen. Schlagartig wuchs das Misstrauen in mir, egal, wie lange und wie oft er auch sich mit der Familie beschäftigt hatte, seine Vermutungen waren völlig falsch. Sie mussten falsch sein.

Unbeabsichtigt versuchte ich Ähnlichkeiten zu finden und betrachtete seinen Körper viel genauer ohne auffällig dabei zu werden. Schnell wurde ich fündig, die großen, braunen Augen und seine Statur waren verdammt identisch zu Darvin. Das verunsicherte mich.

Meine Finger klopfte ich langsam und in Rhythmus an der Armlehne, während meine Augen auf ihn fixiert waren. Gemütlich lehnte er sich zurück und richtete seine Brille. Unter seinem grauen Pulli schauten Hemdkragen raus, was mir persönlich gefiel. Sein runzelnder Stirn lies tiefe Falten hervorheben, was ihn nicht älter erschienen lies, eher kam er rüber, wie ein Mann, welcher ernst genommen werden wollte.

'Ist das tatsächlich möglich?', redete ich mit mir selber und versuchte alles in Betracht zu ziehen. Weshalb sollte es unmöglich sein, dass er vor mir steht? Nur ergab das alles keinen Sinn, da jeder gestorben war. Durch wem wurde also der Familienstamm weitergeführt? Meine Augen gingen wieder automatisch zu den Büchern, welche genau hinter ihm ordentlich gestapelt waren. Die Ledereinbände schimmerten leicht und hatten eine angenehme Farbe, welche beim Parkett wiederzufinden war. Meine Augen hüpften von einem zu dem anderen Buch aber kein Gesicht bildete sich zu jeweils der Namen, welche auf den Büchern geritzt waren. Außer Darvin. Was wohl darin stehen mag? Mit Vergnügen würde ich sie mir alle durchlesen wollen aber das konnte ich schlecht machen. Schließlich war ich der Gast. Und für einen Moment kam mir der Gedanke das Buch von Darvin einfach mitzunehmen aber auch das konnte ich nicht machen. So oder so, ich würde jedes einzelne Wort aus Lothar's Mund herausbekommen.

"Weshalb so still, Chloe?", fragte er mich plötzlich und nahm ein Schluck von seinem Rotwein.

Auch ich nahm ein Schluck von meinem Glas. "Na ja, Lothar. Es hat mich überrascht.", gab ich ehrlich zu und er hob sofort seine Augenbrauen. Auch wenn meine Knie zitterten und mein Herz schneller schlug, versuchte ich mich wie sonst immer zu benehmen. Es war komisch, falls es stimmen sollte, mit einem Nachfahren der Familie zu sprechen. "Ich zog es auch in Erwägung, wie die anderen Bewohner in der Stadt, dass der Vater der Mörder sei."

Meine Herzschläge waren fast hörbar. Ich würde gerne herumschreien und sagen, dass alles was er über die Familie weiß, eine reine Lüge war. Schließlich war ich diejenige, die persönlich mit Darvin gesprochen hatte. Nicht er.

Aber ich musste mich unter Kontrolle halten. Er war der Gastgeber und ich der Gast. Ich hatte die Fragen und er die Antworten.

"Wie gesagt, mein Werk ist fast zu ende. Siehst du das?", fragte er, drehte sich leicht nach hinten und betrachtete sein unvollendetes Werk. Das letzte Buch. 'Lothar.', las ich es vor. Deutlich war zu erkennen, wie sein Name grob auf das Buch geritzt worden war. Verschwommen las ich den Namen öfters durch um sicher zu gehen, dass ich mich nicht verlesen hatte. Was schrieb er den über sich selber?

"Noch ein paar letzte Recherchen und es ist vollbracht. Bis jetzt wissen nur die Wenigsten wie eng ich mit der Familie verwandt bin, ziemlich eng. Die Bücher werden veröffentlicht und spätestens dann wissen alle die Wahrheit.", sagte er stolz und mit einem triumphierenden Lächeln. Ein kleines Grübchen stach auf seiner rechten Wange hervor. "Von dir erwarte ich kein Wort zu sagen. Es soll eine Überraschung sein an die ganze Stadt. Jeder wird darüber reden. Jeder wird wissen, dass ich hier meine Familie vertrete."

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