[24/Teil 1] Zufluchtsort

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Diese liebliche und zierliche Stimme drang in meinem Kopf ein. Stand sie tatsächlich gleich hinter mir? Meine Knie zitterten und ich stand verwirrt da. Mehr als alles andere auf der Welt wollte ich sie sehen. "Verdammt.", flüsterte ich wütend und mein Blick folgte zur Darvin. Er selber war genauso geschockt wie ich, es sollte niemals so weit kommen. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Ich fühlte mich unter Druck gestellt und fühlte schon die Benommenheit, ich könnte jederzeit umfallen. Auf keinen Fall sollte sie wegen mir in Gefahr sein, sie würde nach mir suchen und das könnte gefährlich für sie werden. Aaron und Katelyn hätten genau das, womit sie mir drohen könnten. Mein Kopf pochte und ich versuchte nachzudenken.

"Dreh dich um.", hörte ich sie verzweifelt sagen und mir kam es so vor, als ob ihre Stimme näher kam.

Mein Herz könnte nicht schneller und stärker schlagen als in diesem Moment. Als ich auf meinen Arm herab schaute, kam mir der Schmerz an meinem Handgelenk vor wie ein kleines Stechen. Das hier war viel schlimmer. "Chloe, das hier geht zu weit. Du musst jetzt einfach nur wegrennen.", sagte mir Darvin und stellte sich gerade vor mich hin. Er packte mich sanft an meinen Wangen und zwang mich ihn anzuschauen. "Ich weiß, wie sehr du den Drang hast nach hinten zu schauen aber vertrau mir, du sollst einfach nur von hier verschwinden."
Ich merkte an seinem Ton, wie nervös er war. "Kö-können sie dich sehen?", flüsterte ich so leise es geht und versuchte meine Stimme unter Kontrolle zu halten. "Natürlich nicht, Liebes. Dafür sorge ich schon.", sagte er und lies mich los.

"Chloe, das bist du doch, Schätzchen. Schau mich an.", hörte ich sie von hinten lauter sagen. Ihre Stimme zitterte und hörte sich rau an. Ich zerbrach innerlich und wusste, wie gerne ich das machen wollte. Aber verdammt, ich konnte nicht.

Meine Lungen füllten sich mit Luft bis es nicht mehr ging und um mich nicht noch mehr damit zu quälen, lief ich einfach los.

Meine Beine bewegten sich so schnell sie gingen, als ob nicht ich die Kontrolle über sie hätte. "Warte, bitte!", hörte ich sie aber ich ignorierte es. Ich musste. Das Getuschel wurde lauter aber sie wurde nach kurzer Zeit leiser und verschwand letztendlich. Der Wind wehte gegen mein Gesicht und brachte mein Kleid zum flattern. Nach und nach löste sich das Dutt in meinen Haaren bis meine Haare sich von dem Wind trugen liesen. Das Stolpern hielt mich nicht davon ab von hier zu verschwinden und mein Ziel zu verfolgen. Ich wollte einfach so schnell wie möglich Zuhause sein.

Zuhause. So nannte ich es schon.

Es fühlte sich komisch an, das Haus so zu nennen, da es ja nicht tatsächlich nicht mein Zuhause war. Eher ein Zufluchtsort, wo ich sicherer war als bei meinem richtigen Haus. Wie ich die Menschen verabscheute, die mich in diese Lage brachten. Wieso konnten sie mich nicht in Ruhe lassen? Ich hatte ihnen nichts angetan.

Ich beobachtete die Bäume, an denen ich rasend vorbeiging. Es spielte sich ganz schnell in meinen Augen ab. Meine Lunge pochte und ich bekam schwer Luft. Meine Beine stoppten endlich und ich schnappte nach Luft. Wie lange war ich schon gelaufen? Meine Kehle war trocken und das Stechen an meinem Bauch machte es nicht besser. 'Du darfst nicht stoppen, sie hat sicherlich die Polizei verständigt.', sagte ich innerlich zu mir und zwang mich weiter zu rennen. Ich durfte nicht stoppen. Bestimmt wusste die ganze Stadt von meinem Verschwinden. Hatte sie überall Plakate von mir aufgehängt, wie ich es sonst von Filmen kannte oder war ich bis in die Nachrichten schon eingedrungen? 'Noch ein Stückchen, Chloe.'
Die Sonne war ganz verschwunden und die kalten und leeren Straßen wurden beleuchtet. In diesem Licht sah es hier trüb und leblos aus. Weshalb begegnete man nie Menschen um diese Uhrzeit hier?

Nach weiteren zehn Minuten ließ sich das alte Haus zeigen und ich fühlte mich erleichtert es zu sehen. Zum ersten Mal war ich einfach nur erleichtert die Tür zu betreten und aufatmen zu können. Ich hatte nicht mehr die Kraft traurig zu sein oder zu weinen.

You Can't EscapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt