Kapitel 36 | slit open

Start from the beginning
                                    

Und dann passiert alles ganz schnell.

Ich höre mich noch ihren Namen rufen. Die Silhouette verliert den Halt und ihre Beine geben unter ihrem Gewicht nach, bevor sie wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. Im Bruchteil einer Sekunde reißt sich mein Körper reflexartig aus seiner Schockstarre. Als würden sie nicht zu mir gehören greifen meine Arme nach dem zittrigen Körper, ohne dass ich die Zeit gehabt hätte es ihnen zu befehlen. Sie schaffen es gerade noch rechtzeitig sie zu umklammern, zerren sie mit letzter Kraft nach oben, doch dabei unterschätzt sich mein eigener Körper, was seine letzten Kraftreserven betrifft. Eins meiner Beine stolpert nach hinten und auch das andere bricht unter dem Gewicht zusammen und ich reiße sie mit mir zu Boden.

Meine Wirbelsäule nimmt den heftigen Fall alles andere als schmerzfrei auf, ebenso wenig wie mein Hinterkopf, und ein lautes, gequältes Stöhnen entweicht mir und ich fletsche die Zähne vor Schmerz. Das zusätzliche Gewicht auf mir macht die Lage nicht besser, obwohl ich die Knochen unter ihrer Haut deutlich hervorstechen spüre. Dennoch weigere ich mich sie loszulassen. Immerhin konnte ich so ihren Fall abmildern, auch wenn ich dafür umso mehr abgekriegt habe.

Der Regen brennt wie Feuer auf meiner Haut, jeder einzelne Tropfen hinterlässt eine neue Feuerflamme auf dem Fleisch. Ich presse ihren Körper fest an meinen, rühre mich jedoch kein Stück. Jeder Teil meines Körpers schmerzt und zittert vor Erschöpfung, dank der großen Menge Alkohols in meines Kreislauf dreht sich nach wie vor alles um mich herum. Meine Kleidung ist völlig durchnässt und eine Schlammschicht hat sich über meinen Körper gelegt dank der Pfütze unter uns.

Es dauert, bis ich realisiere, dass Zoes Körper nicht einmal mehr zittert, sondern es allein mein Körper ist. Panik überfällt mich.

Hektisch richte ich mich auf, doch würde mich am liebsten gleich wieder zu Boden fallen lassen als ich den Schmerz spüre, der jede Zelle meines Körpers flutet. Doch die Panik um Zoe hält mich davon ab und gibt mir die letzte Kraft um meine Beine rechts und links von ihr aufzustellen und sie ihrem leblosen Körper so irgendwie davor zu bewahren wieder schlaff zur Seite zu fallen.

„Zoe?" Meine Stimme ist mehr ein heiseres Wispern als alles andere, während ich ihr Gesicht vorsichtig zu mir umzudrehen versuche. Ihre Augen sind geschlossen und sämtliche Farbe ist aus ihrem Gesicht gewichen, und mein Herz scheint bei dem Anblick für einen Schlag auszusetzen.

Dann beginne ich wie verrückt an ihr zu rütteln.

„Zoe? Hörst du mich? Zoe?" Immer wieder wiederhole ich ihren Namen, bis meine Stimmbänder so heiser sind, dass meine Stimme kaum noch zu hören ist und in einem unverständlichen Schluchzen endet. Meine Hände umschließen ihr Gesicht, versuchen irgendein Zeichen zu erhalten, dass sie noch lebt.

Als meine Arme zu stark schmerzen um so weiterzumachen, lasse ich langsam vom Rütteln ab, doch ich kann mich nicht dazu ringen sie loszulassen.

Wassertropfen laufen das blasse Gesicht hinab, bleiben an einigen Stellen wie den Wimpern oder der Nasenspitze kurz hängen, um dann weiter hinunter zu tropfen.

Zögernd greifen meine Hände wieder nach ihr, die eine Hand an ihre Wange um ihren Kopf zu stützen, die andere an den Hals. Es ist zu dunkel und meine Sicht zu verschwommen, außerdem zittere ich selbst viel zu sehr, und ich habe schon fast aufgegeben, als ich schließlich doch noch finde, wonach ich suche. Er ist nur sehr schwach, doch da.

Ihr Puls.

Schwankend setze ich einen Fuß vor den anderen. Meine Beine zittern unter dem Gewicht, während ich Zoes nach wie vor regungslosen Körper über der Schulter durch den Regen trage. Der Boden unter meinen Füßen ist mittlerweile ein einziger Sumpf und jeder Schritt aus dem Schlamm heraus und wieder hinein erfordert mehr Kraft von mir, die ich nicht mehr habe. Es benötigt schon genug, mich auf den Weg vor mir zu fokussieren und gerade zu laufen. Die Angst, dass Zoe jeden Moment aufhören könnte zu atmen ist das einzige, was mich noch auf den Beinen hält.

Endlich erreiche ich meinen Wohnwagen und öffne mit dem Ellbogen dessen Türe. Erst drinnen angekommen erreicht mich wieder die Erinnerung an das, was ich hier hinter mir gelassen habe, in dem Vorhaben diesen Ort hinter mir zu lassen.

Wo hatte ich überhaupt vorgehabt hinzugehen?

Vorsichtig steige ich über die Glasscherben durch den Wagen in Richtung des Bettes um ihren Körper endlich ablegen zu können, bevor mich meine Kräfte endgültig verlassen. Unter meinen Schuhsohlen klebt der Alkohol und dessen Geruch hat den ganzen Innenraum eingenommen.

Vorsichtig lege ich Zoe auf der Matratze ab und lasse mich müde neben sie fallen. Völlig außer Atem schließe ich die Augen, spüre die Erschöpfung sich in mir breitmachen. Ich weiß, dass es das Falsche ist, jetzt einfach hier liegen zu bleiben, und ich stattdessen uns sauber machen sollte, mich um sie kümmern sollte. Doch mein Körper ist völlig entkräftet, und mein Verstand hat noch immer nicht ganz ihre Anwesenheit verarbeitet, und ich merke gar nicht, wie schnell ich das Bewusstsein verliere und einschlafe.

...

A/N: ich bin fast mit meiner zweiten klausurphase für dieses halbjahr durch und habe es endlich geschafft zeit (und motivation...) für ein neues kapitel zu finden, was längst an der zeit war. ich hoffe euch gefällt das kapitel und ich schaffe es das nächste, welches ich bereits angefangen habe, relativ zügig zu beenden, um die letzten wochen des jahres noch mindestens ein weiteres mal updaten zu können. ich würde mich riesig über feedback für dieses kapitel freuen, und erst recht darüber freuen, was ihr denkt, was passiert ist bzw. noch geschehen wird! scheut euch nicht die kommentarfunktion zu nutzen und denkt daran zu voten :D widmung geht an @xjennystylesx xo








captured | ✓Where stories live. Discover now