Kapitel 22

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"Ich kann noch immer nicht glauben, was heute passiert ist", sagte Vic, als sie abends im Bett lagen und strahlte übers ganze Gesicht. "Ich meine, wir sind verlobt. Wow." Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so glücklich gewesen war. 

Sean drehte sich zu ihr um und strich ihr über die Haare. "Also war das heute wirklich überhaupt nicht geplant?", fragte er grinsend. "Du hast wirklich komplett spontan den Entschluss gefasst, mir heute einen Antrag zu machen?" 

Sie nickte. "Ja. Ich habe keine Ahnung, was mich dazu bewegt hat, aber es hat sich einfach so richtig angefühlt." Sie gab ihm einen Kuss auf den Mund. "Und das tut es immer noch."

Nachdenklich streichelte er ihren Bauch. "Und was hättest du gemacht, wenn ich nein gesagt hätte?"

"Dann wär ich wohl am liebsten vor Scham im Erdboden versunken", seufzte sie. "Deswegen bin ich sehr froh, dass du ja gesagt hast."

"Nur deswegen?", erwiderte er stirnrunzelnd.

Sie lachte. "Nein, nicht nur deswegen. Auch wegen deinem sexy Körper. Und nicht zu vergessen, ich brauche ja auch jemanden, der mich und das Baby versorgt."

Mit ernstem Blick nickte er. "Ja, ich weiß. Aber das ist okay. Schließlich wird dann auch immer Essen für mich bereit stehen und du wirst deine ehelichen Pflichten erfüllen, wann auch immer ich es verlange."

"Du Idiot!", rief Vic und schlug ihn mit dem Kissen gegen die Schulter.

Da fing er an zu lachen. "Was? Du hast doch angefangen!" Dann streckte er die Arme nach ihr aus. "Komm her, Liebling." Er schloss sie fest in seine Arme und roch an ihren gut duftenden Haaren. "Ich würde deinen Antrag immer annehmen. Du bist die Frau, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen will. Und du wirst die Mutter meiner Kinder sein. Etwas schöneres kann ich mir gar nicht vorstellen."

"Kinder?", wiederholte Vic.

Sean zuckte die Achseln. "Ich hätte sehr gerne zwei oder drei Kinder mit dir. Stell dir mal vor, wie sie dann in ein paar Jahren durch den Garten toben."

Sie runzelte die Stirn. "Jetzt lass uns doch erstmal ein Kind bekommen."

"Du würdest also nicht mehr Kinder wollen?", fragte er.

"Ich weiß es nicht", erwiderte sie. "Ich weiß ja auch gar nicht, wie wir mit einem Kind zurechtkommen. Ich will auch nicht, dass wir unsere Kinder gleich in die Kita abschieben, aber ich will auch echt keine Hausfrau sein. Wirklich nicht. Aber wenn wir davon ausgehen, dass wir unsere Kinder frühestens mit einem Jahr in die Kita schicken wollen, lieber erst mit zwei Jahren, sind das bei drei Kinder drei bis sechs Jahre, die ich nur Zuhause sitze. Das kann ich nicht."

Sean lächelte. "Ich glaube, du hast da was vergessen."

"So? Was hab ich denn vergessen?"

"Mich", antwortete Sean und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. "Ich bin auch noch da. Und wenn wir es uns leisten können, bleibe ich gerne ein oder zwei Jahre pro Kind daheim. Ich kümmere mich um die Kinder, mach den Haushalt und koche für euch. Ich verstehe, dass du das nicht willst. Aber mir macht es nichts aus. Ich würde das gerne tun."

Daran hatte Vic gar nicht gedacht. Und er hatte recht. Natürlich war er auch noch da. "Du bist großartig, Sean." Sie seufzte. "Lass uns trotzdem erstmal sehen, wie es mit einem Kind läuft, bevor wir an das nächste denken."

Er lachte. "Natürlich. Ich will es einfach nur nicht ausschließen."

"Ich doch auch nicht", meinte sie. "Ich will mich da nur einfach noch nicht so festlegen."

Er wollte gerade etwas erwidern, als es plötzlich klingelte. "Wer ist das denn?", fragte er stirnrunzelnd. "Es ist schon fast Mitternacht."

Sie zuckte die Schultern. "Ich geh schon." Sie stieg aus dem Bett, schlüpfte in ihre Hausschuhe und zog sich einen Morgenmantel über ihren kurzen Schlafanzug. Als es nochmal klingelte, verdrehte sie genervt die Augen. "Jaja, ich komm ja schon!"

Sie traute ihren Augen kaum, als sie sah, dass Theo vor ihrer Tür stand. Was wollte er von ihr? Sie hatte eigentlich gedacht, dass nach ihrer Aussprache alles geklärt war zwischen ihnen. "Es ist spät. Was machst du hier?"

"Ich vermisse dich", sagte er und es war kaum zu überhören, wie sehr er lallte. Oh Gott, wie viel hatte er getrunken?

"Theo, du bist offensichtlich betrunken." Sie seufzte. "Warte hier, ich ruf dir ein Taxi."

"Nein", widersprach er. "Ich will erst reden."

"Tu es nicht", entgegnete sie. "Ich glaube, du würdest es morgen bereuen." Es ging ihm offensichtlich nicht gut, aber es würde ihm bestimmt nicht besser gehen, wenn er das aussprach, was er sagen wollte.

"Ich liebe dich", gestand er nichtsdestotrotz. "Ich kann dich nicht einfach so gehen lassen. Ich würde alles für dich tun." Er hatte Tränen in den Augen. "Ich würde für dich sogar das Baby eines anderen großziehen und es lieben, als wäre es mein eigenes Kind."

Es tat weh, ihn so zu sehen. Und obwohl er so betrunken war, wusste sie auch, dass er das so meinte. Sie glaubte ihm, dass er ihr Baby auch lieben würde, obwohl es nicht seins war. Er war kein schlechter Kerl und er würde alles für sie tun. Da war sie sich inzwischen sicher. Doch es änderte nichts daran, dass sie einfach keine Gefühle mehr für ihn hatte. "Bitte geh."

"Ich kann nicht, verstehst du? Immer wenn ich meine Augen schließe, denke ich an dich. Bitte nimm mich zurück", flehte er verzweifelt. "Alles was ich getan habe, tut mir so unfassbar leid. Was kann ich tun, damit du mir verzeihst?"

"Ich habe dir doch schon lange verziehen", antwortete sie. Sie wusste, dass sie direkt sein musste. Aber es tat ihr selbst so weh. "Ich liebe dich einfach nicht mehr, Theo."

Sie konnte sehen, wie er innerlich zerbrach. Aber sie wusste auch, dass das nötig gewesen war, damit er sie in Ruhe ließ. "Danke für die Ehrlichkeit", sagte er mit traurigem Blick. Er taumelte ein paar Schritte zurück. "Ich fahr dann wieder."

Erst jetzt sah sie sein Auto. Auf gar keinen Fall würde sie ihn in dem Zustand Autofahren lassen. "Nein, ich rufe dir ein Taxi."

"Nein, ich kann schon selber fahren", nuschelte er.

"Vic, ist alles okay bei dir?", hörte sie Sean's Stimme von drinnen. "Wer ist denn da?" Er kam ebenfalls an die Haustür. "Oh."

"Er ist betrunken", erklärte Vic. "Wir müssen ihn davon abhalten, dass er selbst mit dem Auto fährt. Aber er will nicht warten, bis ich ihm ein Taxi gerufen habe."

Sean nickte. Dann nahm er seine Autoschlüssel. "Ich fahre ihn", sagte er.

"Sean, das musst du echt nicht", entgegnete Vic, die plötzlich ein schlechtes Gewissen hatte, weil ihr Ex da draußen so ein Theater machte. 

"Ist schon okay", erwiderte Sean. "Ich bin gleich wieder da. Und ich schau, dass er heil Zuhause ankommt. Bis gleich." Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

Theo lachte spöttisch. "Weißt du, was ich an dir am meisten hasse, Sean?" Er machte einen Schritt nach hinten und fiel beinahe von der Treppe. "Du bist so scheiße freundlich zu mir, dass ich dich irgendwie sogar mag, obwohl du mit der Frau vögelst, die ich liebe. Ich will dich dafür so hassen, aber ich kann es nicht."

"Theo, es reicht jetzt", sagte Sean in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. "Steig in mein Auto. Jetzt."

If we have each other - Station 19/Vic x BeckettWo Geschichten leben. Entdecke jetzt