Kapitel 21

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"Wir bekommen ein Baby", gestand Vic. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Für die meisten war es eh nichts Neues. Travis und Andy hatten es bereits gewusst und Theo hatte sie es gerade eben schon erzählt. Sie war sich nicht sicher, ob Carina Maya davon erzählt hatte. Falls ja, konnte Maya jedenfalls sehr gut schauspielern.

"Das ist ja großartig", rief Maya und fiel ihr um den Hals. "Dann können unsere Kinder zusammen spielen und wir können zusammen Elterndinge unternehmen." Sie grinste. Niemals hätte Vic, als sie Maya kennengelernt hatte, gedacht, dass sie mal so drauf abfahren würde, eine Mutter zu sein.

Auch die anderen umarmten sie natürlich. Andy und Travis, auch wenn sie es schon gewusst hatten. Aber auch Ben, Sullivan und Jack freuten sich wahnsinnig für sie. Sean beglückwünschten sie natürlich auch, aber er stand ihnen nicht nahe genug, dass sie sich umarmten. 

Am meisten war sie jedoch von Theo's Reaktion überrascht. Er fiel ihr zwar nicht um den Hals, aber er lächelte und schien sich wirklich zu freuen. "Ich wünsche euch dreien nur das beste", meinte er. Während sich die anderen mit Vic über Babynamen unterhielten, wandte Theo sich an Sean. "Hey Mann, ich bin froh, dass sie dich hat. Ich glaube, sie ist verdammt glücklich mit dir."

Vic bekam das Gespräch der beiden nur am Rande mit. Aber sie freute sich, dass Theo sich zusammenriss und sogar zu Sean nett war. Und sie wusste jetzt, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, Theo vorher einzuweihen. Hätte er es jetzt, zusammen mit allen anderen erst erfahren, hätte er bestimmt anders reagiert.

"Ich möchte mein Glas erheben auf Victoria Hughes", meinte Travis. "Sie ist verdammt klug und sogar noch empathischer. Besonders ihre Empathie schätze ich so sehr an ihr, auch wenn ich weiß, dass genau diese Empathie ihr Leben manchmal nicht leicht macht." Er sah sie an. "Vic, du hast so viel durchgemacht. Und damit meine ich nicht nur die Verluste, die du erlebt hast. Wir übersehen oft, wie nah dir jeder einzelne Einsatz geht. Leider bist du genau deshalb so gut in dem, was du machst. Wenn es jemand verdient hat, glücklich zu sein, dann du. Auf dich."

Vic hatte Tränen in den Augen. Travis war einfach der beste Freund, den man sich vorstellen konnte. "Danke, Trav."

"Und natürlich auch auf dich, Sean", fügte Travis hinzu. "Ich weiß, der Anfang eurer Beziehung war alles andere als einfach. Aber ihr habt alles gegeben, damit eure Beziehung funktioniert. Trotz dieser traumatischen Zeit könnt ihr euch immer aufeinander verlassen. Oder vielleicht gerade deswegen. Ihr seid füreinander da, komme was wolle. Sean, ich kenne dich noch nicht so gut. Aber Vic liebt dich über alles, deswegen bleibt mir ja gar keine andere Wahl als dich gern zu haben. Auf dich, Sean." Er prostete Sean zu. "Und auf euer Kind. Es wird so liebevolle Eltern haben. Eltern, die miteinander liebevoll umgehen und das sicher mit ihrem Kind auch tun werden. Und natürlich wird es auch in uns allen eine Familie haben. Auf...naja, einen Namen scheint ihr ja noch nicht zu haben. Auf TBA."

Vic musste so lachen, dass ihr fast der alkoholfreie Sekt, mit dem sie angestoßen hatten, aus der Nase lief. "Auf TBA", prustete sie.

"Auf TBA", wiederholten alle im Chor.

Vic schmiegte sich an Sean. Sie war gerade so glücklich. Der Mann, der sie liebte, hielt sie im Arm. Und sie hatten gerade ihre Schwangerschaft mit all den Menschen geteilt, die ihr etwas bedeuteten. Mit ihrer Familie. Sie wusste, dass sie hier gut aufgehoben war. Sie musste sich erst noch daran gewöhnen, dass sie nicht mehr diese fröhliche Person war, die sie einmal gewesen war. Irgendwie hatte sich alles verändert. Doch sie fühlte sich hier gut aufgehoben. Sean war für sie da und unterstützte sie, wo er nur konnte. Und auch auf Station 19 war natürlich immer Verlass. Manchmal veränderten sich Menschen mit der Zeit einfach und sie musste mit ihren eigenen Veränderungen fertig werden. Und sicher würde sie sich wieder verändern, wenn sie sich in ihre neue Rolle als Mutter einfinden musste. Aber mit der Unterstützung ihrer Freunde würde sie das schaffen.

Und plötzlich kam ihr eine völlig verrückte Idee. Aber es fühlte sich gerade einfach richtig an. "Ich möchte diesen Moment gerne noch für etwas anderes nutzen", rief sie laut, damit alle still waren. Oh Gott, was hatte sie sich nur dabei gedacht? Woher wusste sie, dass das nicht vollkommen in die Hose gehen würde? Doch sie atmete tief durch und nahm all ihren Mut zusammen. Sie lächelte Sean an und nahm seine Hand. "Wir sind erst seit wenigen Monaten zusammen und trotzdem fühlt es sich so an, als wäre es schon eine Ewigkeit. Nicht, weil es so langweilig mit dir ist." Sie lachte nervös. "Sondern weil ich das Gefühl habe, dass ich dich schon so gut kenne. Wir haben schon so viel durchgemacht, was andere in zwanzig Jahren Beziehung nicht durchmachen müssen. Wir unterstützen uns. In guten und in schlechten Zeiten. Und ich weiß nicht, was die Zukunft für uns bringt. Ich weiß nicht, was uns in den nächsten Jahren noch alles erwartet. Aber ich weiß, dass ich all das mit dir erleben will. Ich will den Rest meines Lebens mit dir verbringen." Sie sah, dass Sean Tränen in den Augen hatte und strich ihm sanft über die Wange. "Ich weiß, ich hab keinen Ring oder so. Das liegt vermutlich daran, dass ich meine Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffe und absolut nicht überdacht habe. Trotzdem bin ich mir bei dieser Entscheidung ganz sicher." Sie holte tief Luft. "Sean Beckett, willst du mich heiraten?"

Es war mucksmäuschenstill im Raum. Alle hatten gebannt Vic's Ansprache gelauscht und warteten jetzt auf Sean's Antwort. Es dauerte vielleicht zehn Sekunden, bis er antwortete. Trotzdem kam es Vic wie eine Ewigkeit vor. Was wenn er nein sagte? Sie waren wirklich noch nicht lange zusammen und vielleicht war es zu früh. Andererseits erwarteten sie ein Kind miteinander. Aber deswegen musste man ja auch noch nicht gleich heiraten. Und nur für einen ganz kurzen Augenblick verfiel sie in eine Schockstarre. Sie fühlte sich wie damals, als sie in dem Café auf Lucas gewartet hatte. Wieder war sie so kurz davor, ihr absolutes Glück zu erreichen und wieder würde alles schiefgehen. 

"Ja, ich will dich heiraten." Sean's Antwort riss Vic aus ihren Gedanken. Hatte er gerade wirklich ja gesagt? Auf ihren spontanen Antrag. Sie hatte ja nicht mal einen Ring dabei.

Sie sah ihn mit geweiteten Augen an und konnte es gar nicht fassen. "Wirklich?"

Er lachte und nickte heftig. "Ja, wirklich. Natürlich will ich dich heiraten." Er umfasste ihre Taille und hob sie hoch. Dann wirbelte er sie durch die Luft. "Ich liebe dich, Vic Hughes." Er lächelte. "Meine Frau."

Erst als die anderen zu applaudieren begannen, realisierte Vic, dass sie ja gar nicht alleine waren. Peinlich berührt löste sie sich von Sean und blickte zu Boden. Niemals hätte sie erwartet, dass sie jemals so einen kitschigen Heiratsantrag machen würde.

If we have each other - Station 19/Vic x BeckettWhere stories live. Discover now