Teil 19

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(POV Mitch Parker)
Für Mitch war sie wie ein offenes Buch, ein Blick und er wusste, was in ihr vorging.

Ihre Angst sprang förmlich aus ihrem Gesicht, während es seine Bemühungen um Abstand ins Wanken brachte. Sie sollte die Zeit bis zur Übergabe „einigermaßen unbeschadet" überstehen, da legte Lloyd großen Wert drauf. Im Wald war dies seinem Empfinden nach schon etwas zu kritisch gewesen. Durch bestimme Reize und Auslöser konnten die emphatischen Gefühle eines Menschen vorübergehend unterdrückt werden, was auch für ihn des Öfteren bereits der Fall gewesen war. Es hatte ihn viel Selbstbeherrschung gekostet, sich ihr gegenüber zurückzuhalten. Aber er wollte sie nicht quälen, wissend um die Schuld, welche ihn daraufhin einholen würde. Kinder waren seiner Auffassung nach zu unbeteiligt, um auf so eine Art und Weise geständet zu werden, egal, was sie damals in London angestellt hatte. Zudem befürchtete er, sie könnte einen von diesen bizarren Anfällen bekommen, die sein Informant ihm gegenüber vorsichtshalber erwähnt hatte. Da wäre er zugegeben aufgeschmissen gewesen. Er hätte nicht gewusst, was er tun sollte. Ihm war zwar vorsichtshalber eine Spritze mitgegeben worden, welche die Krämpfe notfalls beenden sollte, aber er wusste nicht einmal genau, wie er ihr diese verabreichen sollte. Learning by doing oder so ähnlich dachte er sich zerknirscht.
Aus diesem Grund hatte Mitch einen Freund von sich angerufen, Jules. Mitch kannte ihn schon ewig und nach Lloyds Anweisung war Jules der erste, den er anrief, auch, wenn die Beiden sich lange nicht mehr gesehen hatten. Obwohl ihre letzte Begegnung schon einige Zeit zurück lag, konnte er sich noch gut an seinen 3 Tage Bart und das ewig währende, sarkastische Lächeln in Jules Gesicht erinnern. Im Gegensatz zu ihm hatte sein Freund an dieser Stelle keine Skrupel, weshalb er die Befürchtung hegte, er könnte mit ihr zu weit gehen. Beide wussten, dass sie ausgebildete Agentin unter Gontien ist. Sie war stark, daran bestand kein Zweifel, denn sonst wäre sie nicht so weit gekommen. Bis jetzt nicht durchgekommen.

Aber so stark? Auf keinen Fall. Wahrscheinlich wird sie gleich zum ersten Mal in so einer Situation sein.

Er lief die Stufen zum Keller des Hostels hinunter, wobei dieser eher einem großen Waschraum glich. Die Rezeptionistion hatte ihnen nach kurzer Absprache diesen Raum zur Verfügung gestellt. Jules wartete dort bereits auf ihn. Im Gegensatz zu Mitch, welcher nur gelegentlich, nicht hauptsächlich, solchen Tätigkeiten nachging, kam dieser aufgrund seines Berufs des Öfteren in solche brenzlichen Lagen.

Jules musterte den jungen Mann, der auf ihn zukam. Seine braunen Haare waren dunkler als früher und wirkten mittlerweile fast schwarz. Sie legten sich struppig um sein Gesicht, ihre mittlere Länge unterstrich die letzten Reste seines jugendlichen Aussehens. Sein schwarzer Hoodie war wie immer etwas zu groß und passte durch die verwaschene Jeans und die alten Turnschuhe gut ins Bild. Sie schienen ihre besten Tage bereits hinter sich zu haben. Die ehemals weißen Sneaker waren von Matsch befleckt, was wahrscheinlich bei der Aktion im Wald passiert war. Jules musste sich bei dem Gedanken ein Grinsen verkneifen. Nach einer kurzen Begrüßung zog Mitch einen Schlüssel aus der Tasche und schloss den Raum auf. Er ersparte sich den üblichen Smalltalk. Jules hatte Verständnis dafür und beharrte daher auch nicht darauf. Er konnte sich vorstellen, wie viel Stress die Situation für Mitch bedeuten musste. Sein Zeitplan wurde völlig durcheinandergebracht, weshalb er jetzt noch einen Tag länger auf seiner Arbeit fehlen würde. Dennoch wirkte er nach außen hin völlig ruhig. Das war eine der Eigenschaften, für die er ihn schon immer bewundert hatte. Es ging dabei nicht unbedingt um seine innere Ruhe, sondern um die, welche er auch nach außen hin ausstrahlte. Es hatte auf sein Umfeld eine unfassbar entspannende Wirkung, weshalb die Situation zum Zeitpunkt, als sie den Keller betraten, noch nicht wirklich erdrückend auf ihn wirkte. Erst als sie eintraten, bemerkte Mitch, dass sich Jules Erscheinung schlagartig verändert hatte. Er sah nicht mehr so unbeschwert aus wie zuvor. Er wusste, was er tun würde, weshalb er nun eine ernstere Ausstrahlung angenommen hatte.

Battleside - depths of despair Où les histoires vivent. Découvrez maintenant