Kapitel 21

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NERO

Ich rannte Madeleine nach und als ich aus der großen Tür des Krankenhauses stürmte, sah ich meine ehemalige Mutter auf den Parkplatz rennen.
"Madeleine, bleib stehen!", brüllte ich ihr nach, worauf sie sich kurz zu mir umdrehte. Kurz entschlossen rannte sie dann auf einen Mann zu, der gerade von seinem Motorrad steigen wollte. Sie zerrte ihn hinunter und setzte sich selbst auf die Maschine, bevor sie losfuhr. Scheiße! Ich rannte auf Oasis zu, die immer noch brav auf dem Parkplatz stand und auf mich gewartet zu haben schien. Schnell zog ich mich in den Sattel und trieb Oasis an, um Madeleine zu verfolgen.
"Lauf, meine Süße, wir müssen Madeleine einholen und stellen!", rief ich und jagte dann schon Madeleine hinterher, Oasis schien diese Verfolgungsjagd und den schnellen Galopp dabei beinahe schon zu genießen. Madeleine bog auf die Straße in Richtung Terlan ab, die weiter durch die Berge führte und doch recht kurvenreich war. Es gab keine Straße, die von der Bergstraße wegführte, das wusste ich genau, bis nach Terlan gab es keine weitere Straße - und genau das würde ich jetzt ausnutzen.
"Komm, Oasis, wir nehmen die Abkürzung über die Wiese! Dann können wir Madeleine auf der Geraden wieder einholen!", rief ich meinem Pferd zu und lenkte sie dann die kleine Anhöhe hinunter, um die Abkürzung nach Terlan über die Wiese zu nehmen, an der die Straße entlang führte. Während die Straße allerdings immer wieder in einige Kurven ausbrach, war die Wiese gerade und während Madeleine also immer wieder ihr Tempo verringern musste, um nicht zu stürzen, konnte ich mit Oasis etwas aufholen und die gerade Strecke ausnutzen. Immer wieder warf ich einen Blick zur Straße und behielt Madeleine im Blick, die gar nicht zu bemerken schien, dass ich quasi neben ihr auf gleicher Höhe war. Sehr gut, mir war das nur recht. Vielleicht würde sie ihr Tempo dann noch einmal etwas verringern und dann würde ich sie überholen und stellen können. Oasis schnaubte und warf den Kopf hoch und als ich wieder nach vorne sah, erkannte ich, dass vor uns eine Hecke auftauchte, die bestimmt einen Meter hoch war. Shit! Ich wollte Oasis zügeln und anhalten, um direkt wieder auf die Straße zu wechseln, aber Oasis schien wieder zurück in ihr altes Ich zu verfallen. Sie ließ sich nicht aufhalten und hielt weiter auf das Hindernis zu, woraufhin mir nichts anderes übrig blieb, als mich an die Zügel zu klammern. Dieses verrückte Pferd wollte wohl tatsächlich springen! Es mochte ja sein, dass das für sie keine große Höhe war, aber ich war kein guter Reiter und springen konnte ich definitiv nicht! Aber Oasis ließ sich nicht aufhalten, also klammerte ich mich einfach an die Zügel und versuchte mich daran zu erinnern, was Jonas machte, wenn er sprang. Er hatte es mir nie erklärt, aber andererseits hatte ich auch nie gefragt. Immerhin hatte ich einige Male zugesehen und versuchte mich nun weit hinten im Sattel zu positionieren, obwohl ich keine Ahnung hatte, ob ich es richtig machte. Hauptsache war jetzt allerdings trotzdem, dass wir beide heil über diese Hecke kamen, egal wie. Ich schloss die Augen, als die Hecke nur noch wenige Meter vor uns war und drückte mich instinktiv aus dem Sattel, als ich spürte, dass Oasis absprang. Für einen kurzen Moment schien ich zu fliegen, bevor Oasis hart auf dem Boden aufkam und ich beinahe mein Gleichgewicht verlor. Ich richtete mich vorsichtig auf, nachdem ich mir sicher war, wieder sitzen zu können und drehte mich um. Wir hatten es geschafft. Ich war gesprungen! Jetzt verstand ich, warum Jonas das so toll fand, dieses Gefühl zu fliegen war wirklich unglaublich! Ich lachte und riss jubelnd die Hand in die Luft, als hätte ich im Lotto gewonnen.
"Oasis! Wir haben es geschafft! Wir sind der Wahnsinn!", rief ich begeistert, als ich ein Motorengeräusch hörte und mich umdrehte. Die Straße verlief direkt neben mir, ich war nur wenige Meter vor Madeleine. Das war meine Chance. "Oasis, jetzt ist unsere Chance, wir müssen Madeleine aufhalten!" Ich lenkte das Pferd zurück auf die gepflasterte Straße, nur, um Madeleine um eine Haaresbreite zu verpassen. Verdammt! Ich trieb Oasis weiter an und lehnte mich auf ihren Hals, in der Hoffnung, dadurch irgendwie schneller sein zu können. Die Straße ging nun wieder bergan, in Richtung des nächsten Dorfes und langsam aber stetig schaffte ich es, zu Madeleine aufzuschließen. Als ich schließlich Kopf an Kopf mit ihr war, drehte sie sich zu mir um und funkelte mich wütend an, bevor sie versuchte, ihr Motorrad auf mich zuzulenken, aber ich konnte Oasis gerade noch rechtzeitig zur Seite ziehen. Das hier musste aufhören, ich konnte Madeleine nicht davonkommen lassen! Und ich konnte erst recht nicht zulassen, dass sie Oasis oder mich verletzte oder umbrachte! Mir blieb nur eine Wahl, wenn ich sie aufhalten wollte. Also nahm ich einen meiner Füße aus dem Steigbügel, das Gleichgewicht zu halten wurde daraufhin noch schwerer als es ohnehin schon war. Madeleine warf mir einen kurzen Blick zu, doch noch bevor sie reagieren konnte, trat ich ihr stark gegen die Schulter. Die Maschine geriet ins Schleudern und noch bevor Madeleine sie wieder in den Griff bekommen konnte, krachte das schwere Motorrad auf die Straße und Madeleine stürzte den Abhang hinab. Ich zog stark an Oasis' Zügeln und brachte sie damit zum Stehen. Ich lenkte sie an den Rand der Straße und stieg dort ab, um den Hang hinunter zu sehen. Madeleine lag dort unten, sie blutete am Kopf und bewegte sich nicht. Ich beobachtete sie, traute mich aber nicht, näherzugehen. Da hob Madeleine schwerfällig den Kopf und versuchte sich aufzurappeln. Nein, sie durfte nicht entkommen! Sie konnte nicht abhauen! Panisch sah ich mich um und entdeckte dann das Motorrad. Das war meine einzige Chance Madeleine aufzuhalten, ich konnte nicht näher zu ihr gehen, wer wusste denn schon, ob sie nicht noch Waffen bei sich trug? Also lief ich zurück zu der großen Maschine, hob sie an und schob sie dann auf den Abhang zu. Madeleine hatte sich mittlerweile auf die Knie gekämpft, weiter war sie noch nicht gekommen. Sehr gut. Mit ganzer Kraft schubste ich das Motorrad den Hang hinunter und beobachtete, wie es sich mehrfach überschlug und dann auf Madeleine landete, die sofort in sich zusammensackte. Einige Sekunden beobachtete ich sie noch, aber sie bewegte sich nicht mehr. Sehr gut. Ich nahm mein Handy aus der Hosentasche und rief Lars an.
"Lars? Hier ist Nero. Ich bin an der Bergstraße, kurz vor Terlan. Ich habe Madeleine verfolgt, sie hatte einen Unfall in der Kurve. Ich glaube, sie ist tot."

Südtiroler Problem 7 - Eiskalte Rache Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin