Kapitel 13

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MARIUS

Fin war selbst nach Stunden nicht aus dem Krankenhaus gegangen und obwohl sie sich dagegen wehrte, nahmen Kiara und ich sie schließlich mit. Sie konnte nicht die ganze Nacht hierbleiben, das ging einfach nicht, außerdem brauchte sie dringend eine Mütze Schlaf. Sie würde Jan nicht helfen können, zumindest nicht im Moment, denn der war nach seinem CT sofort in den OP gebracht worden, um das schlimmste abwenden zu können. Wir hatten beschlossen, heute Nacht in Moms Wohnung zu bleiben, sie war schließlich nicht weit vom Krankenhaus entfernt und wir hatten in der riesigen Wohnung ohnehin alle Platz. Es würde sowieso unmöglich sein, Fin jetzt zurück nach Sterzing zu bringen, das wusste ich, schließlich hatten wir sie nicht einmal aus dem Krankenhaus bekommen! Also blieb uns jetzt nichts anderes übrig, als bei Mom zu bleiben, auch, wenn es mir alles andere als gefiel. Wir hatten immer nur Streit, sobald wir in einem Raum waren, aber für Fin würde ich dieses Risiko eingehen müssen. Irgendwie hatten Kiara und ich es nach einigen Stunden geschafft, sie ins Bett zu bringen und nun schlief Fin extrem unruhig im Gästezimmer. Jonas schlief neben ihr, auf einer kleinen Matratze, Nero hingegen hatte gesagt, dass er noch nicht schlafen konnte und sich deshalb noch etwas ins Wohnzimmer setzen würde. Kiara und ich wollten gerade nach ihm sehen, als Mom uns im Flur abfing.
"Wir müssen reden", sagte sie ernst, ich verdrehte die Augen. Jetzt ging dieser Mist wieder los!
"Können wir das verschieben, Francesca? Jetzt ist es gerade wirklich schlecht", lehnte Kiara erschöpft ab, die ebenso wenig Lust auf meine Mom zu haben schien wie ich.
"Nein, das muss jetzt sein! Ihr wisst, dass ich meine Enkel liebe und alles für sie tue, aber wer ist dieser Teenager da, der sich hemmungslos auf meinem Sofa betrinkt?!", fuhr Mom uns wütend an, ich seufzte. Es war klar gewesen, dass wir es ihr irgendwann sagen würden müssen, es hatte mich ohnehin gewundert, dass sie noch nichts gesagt hatte.
"Das ist Nero. Er ist ein guter Freund von Fin und Jonas und wohnt bei uns. Die Geschichte ist lang, die erzählen wir dir ein anderes Mal, aber er hat keine Familie mehr, deswegen wohnt er bei uns. Das ist die Kurzfassung, also behandle ihn bitte auch wie Jonas und Fin", erklärte ich knapp.
"Sekunde mal! Was meinst du mit betrinken?", fragte Kiara da. Erst jetzt realisierte ich, was Mom tatsächlich gesagt hatte. Nero sollte sich auf dem Sofa betrinken? Wie denn? Und warum?
"Da sitzt ein fremder Teenager auf meiner Couch und trinkt Bier! Und einer von euch wird sich darum kümmern!", fuhr Mom sie an.
"Ich gehe", entschied ich und ging dann schon ins Wohnzimmer. Ich wollte Kiara nicht alleine mit meiner Mutter lassen, aber ich konnte sie auch nicht länger ertragen und außerdem sollte jemand nach Nero sehen. Dieser Abend war für alle wahrscheinlich schrecklich gewesen und ich wollte nicht, dass er sich betrank. Tatsächlich saß der beste Freund unserer Kinder auf Moms riesigem Sofa und hatte eine Flasche Bier in der Hand, die schon fast leer war. Ich setzte mich zu ihm und nahm ihm die Flasche ab, während ich bemerkte, dass noch fünf weitere Flaschen neben ihm standen, die allesamt leer waren.
"Hey, warum trinkst du?", fragte ich ernst und stellte die leere Flasche zur Seite.
"Tut mir leid, ich... Ich fühle mich nur so nutzlos. Ich kann weder Fin noch Jan helfen und wenn ich sie nicht auf der Party allein gelassen hätte... Ach, das ist alles meine Schuld!", fluchte er, ich schüttelte den Kopf.
"Nein, du kannst nichts dafür, Nero. Du bist nicht schuld daran, dass jemand Jan etwas ins Glas gemischt hat, wie könntest du auch daran schuld sein? Du musst nicht dauerhaft auf Fin aufpassen, sie ist alt genug und es konnte ja keiner ahnen, was passiert. Also lass das mit dem Bier, ja? Damit ist auch keinem geholfen", widersprach ich ihm.
"Ja, aber ich wollte den ganzen Abend über schon mit Jonas und ihr reden und wenn ich mich nicht hätte ablenken lassen, dann hätte ich es mitbekommen, als...", begann er, doch brach dann ab und schüttelte den Kopf. "Ach, vergiss es. Ich hoffe nur, dass Fin morgen zu Jan kann und die Ärzte ihn hinkriegen."
"Bestimmt, Bozen hat gute Ärzte. Und so wie Fin erzählt hat, hat meine Mutter in dem Laden ja schon gut Stimmung gemacht", versuchte ich ihn zu beruhigen. "Komm, geh du auch ins Bett, eine Runde Schlaf wird dir guttun. Und morgen früh sieht die Welt schon wieder anders aus."
"Vor allem nüchterner", murmelte er und lachte gezwungen auf. "Aber na gut, ich lege mich hin. Tut mir leid, dass ich so viel getrunken habe, ich hab das nur irgendwie gebraucht."
"Schon gut, lass es aber ab sofort sein, ja?", erwiderte ich, er nickte und stand von der Couch auf, ohne dabei auch nur leicht angetrunken zu wirken.
"Mach ich, sorry noch mal", beeilte er sich zu sagen und ging dann in Richtung des Gästezimmers, im Vorbeigehen rief er meiner Mutter noch etwas zu. "Sorry für die Bierverschwendung, Frau Breuer." Nur wenige Sekunden später ging die Tür des Schlafzimmers zu und meine Mutter kam mit Kiara ins Wohnzimmer. Ich suchte derweil die leeren Flaschen zusammen und trank die letzte Flasche aus, um das Bier nicht zu verschwenden.
"Marius, dieser Junge ist mir nicht geheuer! Er ist kein Umgang für meine Enkel!", fuhr sie mich an.
"Mom, Nero ist ein toller Junge, da kannst du sagen, was du willst! Die volle Geschichte erzähle ich dir ein anderes Mal, aber Nero ist unserer Familie wirklich wichtig und egal, was du sagst, aber er bleibt hier! Er tut Fin und Jonas gut, also gibt es da nichts zu rütteln! Damit ist das Thema beendet!", erwiderte ich genervt und sah Kiara an. "Sag doch auch mal was dazu, Kiara!"
"Marius hat recht, Francesca. Wir danken dir, dass wir heute hier unterkommen dürfen und dass du für Fin im Krankenhaus da warst, aber jetzt reicht es! Es ist unsere Familie, da wirst du uns nicht reinreden", sagte Kiara gereizt. "Wir reden morgen weiter, ja? Es war ein langer Tag und wir sollten uns jetzt alle ausruhen. Gute Nacht, Francesca, wir gehen jetzt ins Bett. Wir müssen morgen sofort wieder ins Krankenhaus und danach nach Hause, es wird ein langer Tag. Aber hoffentlich ein Guter."

Südtiroler Problem 7 - Eiskalte Rache Where stories live. Discover now