Kapitel 4

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KIARA

Es war schon früher Abend, als Marius und ich mit unserer Arbeit an der Rezeption fertig waren. Es war ein recht anstrengender Tag gewesen, die Gäste waren zur Zeit etwas eigen und manche auch einfach nur schwierig. Besonders die Italiener machten zur Zeit Probleme ohne Ende und so langsam konnte ich verstehen, warum meine Eltern sich nur noch beim Essen und in der Küche aufhielten - dort mussten sie sich in ihrem Alter nicht mehr so viel mit den nervigen Kunden rumschlagen. Ich war den Kindern sehr dankbar, wenn sie aushalfen, aber die schlechte Laune der Gäste wollte ich ihnen dennoch nicht zumuten - auch, wenn das leider unvermeidbar war. Sie kamen damit aber zum Glück sehr gut zurecht und Marius und ich waren ihnen sehr dankbar dafür, dass sie uns halfen. Besonders, dass Nero uns half, trotz allem, was in den letzten Monaten bei ihm los gewesen war, war wirklich nett von ihm. Der Freund unserer Kinder war wirklich ein Engel und ich war froh, dass er bei uns wohnte. Er war für unsere Kinder ein guter und wichtiger Freund und ich war froh, dass er ihnen half. Nero kümmerte sich um Jonas und zockte mit ihm, da mein Sohn aufgrund seiner Verletzungen ja nicht sehr viel alleine tun konnte. Und für Fin war Nero ein guter Freund geworden, der ihr bei allem möglichen half und auch in ihrer Therapie unterstützte. Er brachte sie oft hin und versuchte alles, um ihr zu helfen, und dafür war unsere ganze Familie ihm sehr dankbar. Es war die richtige Entscheidung gewesen, ihn bei uns aufzunehmen, ganz sicher. Nun beschlossen Marius und ich, dass wir noch einmal in den Stall zu Oasis gehen würden, um ein wenig mit ihr zu üben. Hoffentlich hatte sie sich mittlerweile etwas beruhigt und eingelebt, denn dann wollte ich ausprobieren, mit ihr nach vorne zur Brücke zu gehen. Sie hatte beim Ausladen zwar bereits Angst vor dem Geräusch des Flusses gehabt, aber vielleicht hatte sie sich nun beruhigt und ich würde mit ihr zur Brücke laufen können, ohne, dass sie sich allzu sehr vor dem Wasser erschreckte. Ich hatte es heute Mittag erstaunlich gefunden, dass Oasis so frei und mutig auf Nero zugegangen war. Ich wusste nicht, ob ich recht hatte, aber ich hatte es irgendwie im Gefühl, dass die beiden sich mochten. Oder zumindest, dass Oasis in Nero einen guten Freund sah, dem sie von Anfang an zu vertrauen schien. Ich wusste nicht genau, warum es so war, aber Pferde spürten einfach, wem sie vertrauen konnten und wem nicht, so war das mit Dy und mir damals auch gewesen. Er hatte auch niemandem außer mir vertraut und es war schön gewesen, einen Seelenverwandten zu haben, der einem bedingungslos vertraute. So musste das auch bei Oasis und Nero sein - auch, wenn dieser damit nicht wirklich etwas anzufangen wusste. Er war kein Pferdemensch, er hatte sich bisher noch nie wirklich für unsere Pferde und den Stall interessiert, aber das störte mich auch nicht. Jeder durfte schließlich seine eigenen Interessen haben! Ich hoffte nur, dass er mir vielleicht helfen konnte, Oasis zu trainieren, wenn sie ihm so sehr vertraute. Ich würde ihn später fragen, bestimmt würde er mir dabei helfen, falls ich nicht weiterkommen sollte. Nun betraten Marius und ich den Stall, in dem Oasis mittlerweile in ihrer Box stand und an ihrem Heunetz zupfte. Als wir auf sie zukamen, hob die Stute den Kopf und spitzte die Ohren.
"Hallo, Süße. Na, wollen wir ein bisschen üben?", fragte ich nach und strich ihr sanft über den Kopf.
"Sie scheint sich etwas beruhigt zu haben, einen Versuch ist es wert. Vielleicht war Nero ja noch einmal bei ihr, die beiden scheinen sich ja schließlich wirklich zu mögen", erwiderte Marius und hielt mir das Halfter hin, das ich Oasis anlegte. Das brave Pferd hielt natürlich brav still und ließ sich dann aus der Box führen, um nach draußen zu gehen. Sobald sie das Rauschen des Flusses hörte, legte sie grummelnd die Ohren an und machte einen Schritt zurück.
"Ganz ruhig, meine Süße, dir tut der Fluss nichts, er ist noch ganz weit weg", beruhigte ich das bereits nervöse Pferd und warf dann einen kurzen Blick zum Ufer, das noch gute dreißig Meter von uns entfernt war.
"Sie scheint ja wirklich Angst vor dem Wasser zu haben. Und dabei hört sie es nur! Ich frage mich, was ihr Vorbesitzer wohl mit ihr angestellt hat, dass sie solche Angst hat. Sie muss ja wirklich gelitten haben, wenn sie solche Angst hat", wandte Marius ein, ich nickte.
"Es sieht so aus", gab ich zu und sah Oasis fest in die Augen. Sie musste mir vertrauen, sonst würden wir hier keinen Meter weiterkommen. Ich hielt den Strick locker und streichelte sanft ihren Kopf, bevor ich sie anlächelte. "Du kannst mir vertrauen, hörst du? Ich werde dir nicht wehtun, ich möchte dir bloß helfen."
"Hoffentlich versteht sie dich", murmelte Marius. "Cass und Connor hat sie jedenfalls nicht verstanden."
"Ich denke nicht, dass es dabei an der Sprache lag", wandte ich lächelnd ein und sah Oasis an, die langsam die Ohren spitzte und sich zu entspannen schien. Anscheinend hatte sie nun bemerkt, dass das Wasser ihr in dieser Entfernung nichts tun konnte. "Sehr gut, meine Hübsche. Siehst du? Das Wasser tut dir nicht weh und ist noch ganz weit weg. Na, was meinst du? Sollen wir noch einen Schritt wagen?" Vorsichtig zog ich am Strick und zog sie einen Schritt vorwärts, den sie etwas widerwillig auch machte. Ein paar Schritte konnten wir machen, doch bereits nach wenigen Metern legte Oasis die Ohren wieder an und wieherte nervös, während sie den Kopf hochwarf.
"Ok, schon gut, meine Hübsche!", warf Marius ein und half mir sanft an ihrem Strick zu ziehen, als die junge Stute panisch zurücktänzelte und stieg. Nach einigen Sekunden beruhigte sie sich wieder, als sie einige Meter zwischen sich und den Fluss gebracht hatte. Unruhig scharrte sie mit dem Huf und warf den Kopf hin und her, während wir ruhig auf Oasis einredeten und sie zu beruhigen versuchten. "Vielleicht war das ein Schritt zu viel."
"Nein, nur wahrscheinlich etwas zu schnell, ich muss langsamer machen. Ich mache morgen ein Vertrauenstraining mit ihr und wenn das gut klappt, sehen wir weiter. Ich werde Oasis schon helfen können, da bin ich mir sicher. Warte es nur ab, in wenigen Wochen wird sie verrückt nach Wasser sein! Hoffentlich."

Südtiroler Problem 7 - Eiskalte Rache जहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें