|7|

40 8 10
                                    

Der Kutschwagen rumpelte über die holprigen Straßen, während ich in Gedanken versunken aus dem Fenster schaute. Die Erinnerungen an Henrys blutige Stirn und die Spannung zwischen uns begleiteten mich auf dem Weg von der Stadt zurück zu meinem Anwesen. Als die vertrauten Umrisse am Horizont auftauchten, spürte ich, wie die Emotionen mich überwältigten. Ich war endlich wieder zuhause.

Nie hätte ich gedacht, dass ich es nur so kurz aushalten würde. Doch die Geschichten der Arbeiter, mit denen ich gesprochen hatte, hatten mich inspiriert, die Möglichkeiten nutzen zu wollen. Ich wollte mehr mit den Menschen kommunizieren, mehr über sie herausfinden und alles in meiner Macht stehende tun, um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen.

Als ich die Eingangshalle betrat und bereits von der freundlichen Zofe Emily in Empfang genommen wurde, machte die Neuigkeit über meine Rückkehr sofort seine Runde. Nur wenig später stand meine ganze Familie vor mir, ein breites Lächeln auf den Lippen und anscheinend überglücklich, dass ich zurück war. Umarmungen, fröhliche Begrüßungen und erleichterte Gesichter prägten diesen Moment. Mein Vater umarmte mich besonders fest. "Willkommen zurück, Elizabeth. Wo warst du nur, mein Kind? Ich habe mir solche Sorgen gemacht."

Eine Träne kullerte aus meinem Auge und wieder einmal wurde mir bewusst, wie wichtig Familie war. Wie ein verwobenes Netz, das sich zu einem komplexen Muster vereint. Tanzte einer aus der Reihe, funktionierte es nicht mehr wie vorher.

Je mehr die Normalität wieder in mein Leben kehrte, desto mehr kreisten meine Gedanken beharrlich um Henry. Hatte er wieder an einem seiner Kämpfe teilgenommen? War er vielleicht schwer verletzt? Doch gleichzeitig flackerte Hoffnung auf, dass es ihm gut ging. Schließlich war er Angestellter bei den Collingwoods, einer Familie mit Einfluss und Ressourcen.

In den folgenden Tagen versuchte ich, mich in meine gewohnte Routine einzufinden. Doch die Sehnsucht nach Henry ließ mich nicht los. Ich hatte einen Entschluss gefasst - ich würde Albert Collingwood aufsuchen, nur um nachzusehen, wie es Henry ergangen war. Ein innerer Drang trieb mich zu diesem Schritt, als könnte nur sein Anblick meine Unruhe besänftigen. Und dafür nahm ich sogar Alberts Anwesenheit in Kauf.

Es war ein herrlich warmer Tag, als ich mich mit meiner Zofe auf den Weg machte. Die prächtigen Gärten und die majestätische Fassade des Hauses wirkten einladend, doch mein Herz schlug schneller aufgrund meiner Nervosität. Als wir vor der Tür standen, zögerte ich kurz, bevor ich anklopfte. Immerhin würde Albert davon ausgehen, dass mein Besuch seinetwegen galt.

"Miss Lancaster, wie schön, Euch in unserem Hause begrüßen zu dürfen. Ihr möchtet sicher zu Lord Collingwood. Wartet, ich hole ihn", begrüßte mich eine Angestellte. Ich sah mich nach der Küche um, wurde jedoch kurz darauf von schnellen Schritten unterbrochen. Ein Lächeln zierte Alberts Gesicht, als er mich sah. "Elizabeth, welch eine angenehme Überraschung. Wie kann ich Ihnen helfen? Wie ich hörte, waren Sie einige Tage verreist. "

Die Worte steckten mir kurzzeitig in der Kehle, doch dann fasste ich Mut. "Es war herrlich. Doch jetzt bin ich zurück und dachte, ich würde Sie gern besuchen."

Sein Lächeln wurde breiter. "Natürlich, Elizabeth. Es freut mich, Sie hier zu sehen. Möchten Sie einen Spaziergang machen?"

"Sehr gern."

Der sanfte Frühlingswind strich durch die üppigen Blätter der Bäume, als Albert und ich durch seinen Garten schlenderten. Emily war mit einer Bediensteten von den Collingwoods gleich hinter uns.

Die Blumen um uns herum verströmten einen betörenden Duft. Unsere Schritte hallten leise auf dem gepflegten Kiesweg wider und das leichte Plätschern eines nahegelegenen Brunnens begleitete uns. Es war ein idyllischer Ort, der Normalität und Gelassenheit ausstrahlte - eine angenehme Kulisse für ein belangloses Gespräch.

Royal Escape (ONC 2024)Kde žijí příběhy. Začni objevovat