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Meine Knie zitterten und waren weich wie Butter, als ich den Salon betrat, um mich auf das bevorstehende Gespräch mit William vorzubereiten. Ich sah die Neugier in seinen Augen, als er von meinem Vorhaben hörte, einen Boxkampf mit Albert zu besuchen.

"Elizabeth, was um alles in der Welt hat dich dazu bewogen, zu einem weiteren Boxkampf zu gehen?", begann William, kaum dass ich den Raum betreten hatte. Seine Stirn legte sich in Falten und seine Augen suchten in den meinen nach einer Antwort.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, bevor ich antwortete. "Ich fand es äußerst faszinierend. Albert hat eingewilligt, mich zu begleiten und ich denke, es wird eine aufregende Erfahrung."

William schüttelte den Kopf, verständnislos über meine ungewöhnliche Entscheidung. "Ein Boxkampf, Elizabeth? Ich verstehe nicht, warum du dich mit solch gewalttätigen Dingen abgeben möchtest. Hast du plötzlich ein neues Hobby gefunden?"

Ich lächelte leicht und versuchte, meine Gründe zu erklären. "Es geht nicht um ein neues Hobby, William. Es geht darum, das Leben in seiner Vielfalt zu erleben, sich von der Routine zu lösen und etwas Außergewöhnliches zu tun."

Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. "Es gibt doch so viele andere Möglichkeiten, sich zu amüsieren, als zu einem Boxkampf zu gehen."

"Du warst selbst dort. Also weißt du ja, wie interessant so ein Abend sein kann." Auf diese Bemerkung hatte er keine Antwort mehr. Stattdessen seufzte er schwer und ließ sich auf dem Stuhl nieder, der hinter ihm stand. Seine Finger spielten mit der Feder, die auf den Unterlagen lag.

"Gibt es einen Grund, warum du zu diesem Boxkampf gehen möchtest? Geht es um den Mann, der neben dir stand? Henry Jefferson?"

Mein Herz schlug schneller, als William seinen Namen nannte. "Möglicherweise, doch das ändert nichts an meiner Entscheidung, zu diesem Kampf zu gehen. Es ist mein Leben und ich hoffe, du kannst das respektieren."

Williams Blick war intensiv und ich konnte in seinen Augen Besorgnis erkennen. "Elizabeth, ich hoffe, du wirst vorsichtig sein. Dieser Mann, von dem du sprichst, hat sicherlich eine Vergangenheit. Er ist ein gewöhnlicher Bediensteter der Collingwoods, dazu ein Kämpfer. Lass dich nicht von ihm in Schwierigkeiten bringen."

Ich lächelte beruhigend. "Ich versichere dir, William, ich werde vorsichtig sein. Es ist lediglich eine kurze Begegnung und dann kehre ich zurück."

"Ich weiß nicht, ob ich dir das glauben kann. Du suchst ganz offensichtlich seine Nähe. Hat er dir seine Aufmerksamkeit geschenkt und dir den Kopf verdreht?"

Ein leichtes Erröten überzog mein Gesicht. "Nein, William. Und bevor du fragst ... er hat mich nicht meiner Ehre beraubt und mich geküsst. Beruhigt dich das?"

William seufzte, seine Besorgnis in seinen Augen blieb bestehen. "Ein wenig. Aber ich kann trotzdem nicht gutheißen, dass du dich in solche Situationen begibst. Ich mache mir Sorgen um dich."

Mein Entschluss stand jedoch fest. "William, ich schätze deine Sorge, aber dies ist meine Entscheidung. Vater lässt mir schon bei meinem Ehemann keine Wahl. Ich werde zu diesem Kampf gehen und das wird sich nicht ändern. Ich muss auch mein eigenes Leben führen."

William resignierte. "Ich hoffe nur, dass du am Ende nicht bereuen wirst, diesen Weg eingeschlagen zu haben."

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Emily drapierte das seidene Band meines Kleides mit geschickten Händen, doch meine Nervosität blieb ihr nicht verborgen. "Sie werden bezaubernd aussehen, Miss Lancaster. Lord Collingwood wird vor Ehrfurcht erzittern, wenn er Sie sieht."

Ich zwang ein dankbares Lächeln auf meine Lippen, doch meine Gedanken waren weit entfernt von diesem Treffen. Nicht Albert Collingwood verursachte mein stetiges Herzrasen, sondern die ungewisse Spannung um Henry und seinen bevorstehenden Boxkampf.

"Emily, ich schätze deine Hilfe wirklich", begann ich zögernd, "aber es ist nicht Albert, der mich nervös macht. Es ist Henry, ein Angestellter der Collingwoods. Sein Boxkampf heute Abend beunruhigt mich."

Die Zofe schenkte mir ein verständnisvolles Lächeln, während sie die letzten Handgriffe vornahm. "Ich bin sicher, dass alles gut ausgehen wird. Lord Collingwood ist gewiss stolz auf Sie beide."

Ein Seufzen entwich mir und ich zwang mich, meine Sorgen für einen Moment beiseitezuschieben. Heute Abend sollte ein Abend der Freude und des Zusammenseins sein. Ich blickte in den Spiegel und versuchte, die Vorfreude auf das Wiedersehen mit Henry zuzulassen.

Die Kutsche, von der ich abgeholt werden sollte, wartete bereits vor dem Anwesen. Albert Collingwood, in seinem eleganten schwarzen Anzug, betrat unser Wohngemach. Sein Blick erfasste mich von Kopf bis Fuß und er verbeugte sich respektvoll. "Elizabeth, Ihr strahlt wie ein Stern in dieser Nacht."

"Danke, Albert", erwiderte ich und trat lächelnd an seine Seite. Der Kutsche entgegenzugehen, fühlte sich an wie ein Schritt in eine ungewisse Zukunft. Albert bot mir galant seine Hand an, bevor wir gemeinsam einstiegen. Wir setzten uns in Bewegung und der leise Rhythmus der Pferdehufen begleitete meine aufgewühlten Gedanken. Albert begann einen Smalltalk, doch meine Aufmerksamkeit schweifte ab. In meinem Inneren tobte ein Sturm voller Besorgnis.

Als wir vor unserem Ziel zum Stehen kamen, drehte sich mein Magen vor lauter Unruhe. Die Menge, die sich vor dem Eingang versammelt hatte, erwartete Lord Collingwood bereits. Er führte mich elegant durch das Gemäuer bis nach unten. Der stickige Keller hallte wider von den Geräuschen des Boxkampfes, während Albert und ich uns durch die Menge bewegten.

Meine Augen suchten fieberhaft nach Henry Jefferson, aber zwischen den rauchdurchzogenen Luftschwaden und den düsteren Gestalten war er nicht auszumachen. Er musste hier sein. Ich konnte nicht glauben, dass er sich dem Kampf entziehen würde, besonders nicht, wenn die Ehre der Familie Collingwood auf dem Spiel stand.

Die Spannung in der Luft war greifbar. Albert, der mir zur Seite stand, versuchte, ein lockeres Gespräch aufzubauen, als plötzlich eine vertraute Stimme die Geräuschkulisse durchbrach.

"Mr. Collingwood, Miss Lancaster, es freut mich, Euch hier zu sehen." Henrys Worte klangen förmlich, und ich drehte mich um, um sein Gesicht in der Menge zu entdecken.

"Henry!", rief ich erleichtert aus. Er trat aus dem Schatten und lächelte, obwohl ich eine gewisse Anspannung in seinen Augen bemerkte.

"Miss Lancaster, ich hoffe, der Abend gefällt Euch bisher", sagte er, während er eine kurze Verneigung machte. Henry trug eine lässige, schwarze Hose und ein weißes Hemd, welches seine muskulösen Oberarme betonte. Ich konnte nur nicken, abgelenkt davon, welche Wirkung er wieder einmal auf mich hatte.

"Viel Erfolg, Henry", antwortete Albert und drückte seine Hand.

"Danke. Ich habe hart trainiert und bin bereit für diesen Kampf. Ich werde Euch nicht enttäuschen, Lord Collingwood", erklärte Henry.

Ich wünschte, ich könnte seine Zuversicht teilen. Der Gedanke an Henry im Ring ließ mich frösteln. Die Menge um uns herum schien sich auf den Höhepunkt des Kampfes vorzubereiten. Albert zog mich näher heran, um einen besseren Blick auf das Geschehen zu haben. Seine Hände streiften meinen Rücken, doch es fühlte sich anders an, als die Berührungen, die ich von Henry bekam. Es bildete sich keine Gänsehaut. Kein Kribbeln im Bauch.

Als die beiden Kämpfer den Ring betraten, brüllte die Menge vor Aufregung. Der Kampf begann und ich konnte meinen Blick nicht von Henry abwenden. Jeder Schlag, jede Ausweichbewegung ließ mein Herz schneller schlagen.

Während ich gebannt zusah, wie Henry sich geschickt im Ring bewegte, wurde mir bewusst, dass dies mehr war als nur ein Boxkampf. Es war ein Kampf um Ehre, Respekt und die eigenen Grenzen.

Der Kampf zog sich hin, jede Runde intensiver als die vorherige. Albert feuerte Henry lautstark an, während ich mit angehaltenem Atem zusah. Ich konnte meine Augen kaum von diesem fesselnden Duell abwenden. Jeder Schlag, den Henry einsteckte, schnitt tief in mein Inneres. Die Sorge um ihn hallte in meinem Herzen wider und ich konnte die körperlichen Schmerzen förmlich selbst fühlen.

"Ein wunderbarer Kampf. Henry hat wirklich Talent", warf Albert ein, der begeistert mitfieberte. Ich zwang mich zu einem Lächeln, obwohl meine Gedanken inmitten meiner Emotionen gefangen waren.

Mein Vater würde diese Verbindung zu Henry Jefferson niemals akzeptieren. Unsere Welten schienen so unterschiedlich zu sein und dennoch hegte ich Gefühle für diesen Mann.

Royal Escape (ONC 2024)Where stories live. Discover now