In den frühen Morgenstunden färbten die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne den Himmel rosa, als ich eine Landstraße erreichte. London lag direkt vor mir und ein Gefühl von Freude und Erleichterung machte sich auf meinem Gesicht breit. Ich strahlte heller als die Sonne. Stolz, dass ich diesen schweren Schritt gegangen war und unbeschadet überstanden hatte.

Es waren nur noch wenige Meter, bis ich an einem einfachen Gasthaus ankam. Man gewährte mir Unterkunft und gab mir die Möglichkeit, die fehlende Kraft in Form von Schlaf zu tanken. Das Zimmer, welches mir als vorübergehendes Zuhause diente, war klein und doch einladend. Die Wände trugen den Charme der vergangenen Jahre, verblasst, aber voller Geschichten. Ein schlichtes Bett mit einer gestrickten Decke war umgeben von hölzernen Nachttischen, auf denen jeweils eine Petroleumlampe stand.

Das Fenster ließ das gedämpfte Licht des Morgens herein, enthüllte aber auch den Blick auf die malerische Szenerie draußen. Ein schlichter Vorhang schwankte leicht im Wind und der Holzboden knarrte unter meinen Schritten, als ich mich durch den Raum bewegte. Ein alter Schrank bot begrenzten Stauraum für meine bescheidenen Habseligkeiten und ein einfacher Tisch mit einem Stuhl lud dazu ein, die Ruhe zu genießen. Als Geste des Hauses stand ein wunscherschöner Strauß mit Wildblumen darauf.

Von dort aus grübelte ich über die Konsequenzen meiner Entscheidung. Leichter Regen prasselte an die Fensterscheibe, und einige graue Wolken spiegelten meine eigene Unsicherheit wider. Ich vermisste meine Familie und war plötzlich nicht mehr sicher, ob es richtig war, mein bisheriges Leben aufzugeben.

Doch ich raffte mich auf und sah in den Spiegel, der eine veränderte Frau zeigte. Die königliche Pracht war einer schlichten, aber selbstbestimmten Erscheinung gewichen. Ein Lächeln, vielleicht nicht vollkommen frei von Zweifeln, zeichnete sich auf meinen Lippen ab. Doch egal, was kommen mochte, ich war die Architektin meines eigenen Schicksals und dieses Kapitel der Flucht war erst der Anfang einer Reise, die mich lehren würde, was es wirklich bedeutete, frei zu sein.

♕♕♕

Die schummrige Morgensonne schlich durch die zart gewebten Vorhänge meines Gasthauszimmers und küsste meine Wangen. Ein tiefer, erholsamer Schlaf hatte meine Sinne erfrischt und die vergangene Nacht schien wie ein Traum aus einer anderen Welt. Der holprige Weg meiner Flucht war in diesem Moment vergessen.

Mit einem leichten Seufzen öffnete ich die Augen und nahm das Zimmer in mich auf. Der raue Holzboden fühlte sich kühl unter meinen Füßen an, als ich mich langsam aufrichtete. Ein Blick aus dem Fenster verriet, dass die Welt draußen weiterlebte, unberührt von meinen inneren Kämpfen, die ich austrug.

Die Geräusche des Gasthauses drangen zu mir durch. Ein leises Murmeln von Stimmen und das Klappern von Geschirr verrieten den Beginn eines neuen Tages. Ich stand auf und streckte mich, als könnte ich einfach die Ketten der Vergangenheit abwerfen. Das simple Bett hatte mir mehr Ruhe geschenkt, als ich in den letzten Nächten bekommen hatte. Ein Gefühl von Dankbarkeit breitete sich in meinem Herzen aus.

Die Tür quietschte leise, als ich sie öffnete und den Flur betrat, nachdem ich mich für den neuen Tag frisch gemacht hatte. Ein warmes Lächeln empfing mich von Mrs. Patterson, der höflichen Wirtin des Gasthauses. "Guten Morgen, Miss Elizabeth. Hatten Sie einen angenehmen Schlaf?", fragte sie mit einem freundlichen Blick.

"Guten Morgen, Mrs. Patterson. Ja, ich habe wunderbar geschlafen, danke", erwiderte ich lächelnd. Ihre Augen verrieten eine Spur von Neugier, aber sie stellte keine weiteren Fragen und schien meine Privatsphäre zu respektieren.

Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee kitzelte meine Nase und rief mir in Erinnerung, dass das Leben hier, weit weg von den adligen Pflichten, einen neuen Alltag fand. Er führte mich in den kleinen Gemeinschaftsraum, wo einige Gäste bereits an den Tischen saßen. Ein älterer Herr mit einer Zeitung und ein junges Paar, das leise miteinander plauderte - eine einfache Szene, die mir ein wenig Normalität schenkte. Ich setzte mich an einen freien Tisch, bestellte Brot mit Butter und einen Kaffee und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen.

Nachdem ich meinen ersten Schluck genossen hatte, breitete sich eine angenehme Wärme in meinem Körper aus. Der Kaffee schien nicht nur meine Müdigkeit zu vertreiben, sondern auch die Dunkelheit meiner Gedanken. Ein Mann mittleren Alters, der am Nebentisch saß, faltete seine Zeitung und lächelte mich freundlich an.

"Guten Morgen. Sie sind neu hier, oder?", erkundigte er sich höflich.

"Ja, das bin ich. Mein Name ist Elizabeth", antwortete ich vorsichtig.

"Freut mich, Sie kennenzulernen, Elizabeth. Ich bin Thomas. Sind Sie auf der Durchreise oder haben Sie einen bestimmten Ort im Blick?" fragte er neugierig. Ein Moment der Überlegung folgte, bevor ich antwortete. "Auf der Suche nach einem neuen Anfang, würde ich sagen."

Thomas nickte verständnisvoll. "Wir alle haben unsere Gründe, neue Wege einzuschlagen. Ich hoffe, Ihr Weg führt Sie zu dem, was Sie suchen."

Die Worte berührten mich unerwartet tief. Es war, als hätte dieser Fremde eine verborgene Sehnsucht in mir angesprochen, die ich selbst noch nicht in Worte fassen konnte. Die Welt draußen schien plötzlich voller Möglichkeiten zu sein und ich spürte, dass dieser Tag der Beginn einer Reise war - nicht nur räumlich, sondern auch innerlich.

Royal Escape (ONC 2024)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt