VIER

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ALEKSANDER VAN BRUGGEN

Ich-Ich würde dich so gern jetzt gleich in den Rängen sehen, das glaubst du mir gar nicht.-
Ich-so viel mehr wünsche ich mir nicht, ich will dich einfach nur sehen. Dich festhalten und dir meine Gefühle schildern. Ganz vielleicht würde ich dich dann nicht mehr gehen lassen. Nie wieder.-
Ich-Mir zerreißt es das Herz, dass du mir nicht schreibst. Ich wünschte, dass du mir sagst, wo du bist und ob du Hilfe brauchst. Ich bin immer für dich da.-
Ich-wünsch mir Glück, ich muss jetzt los-

Ich schicke gerade die letzte Nachricht los, als Coach hereintritt und uns alle still werden lässt. Die Nachrichten waren jetzt genug. Selten schreibe ich so viel auf einmal.

"Wir haben lange auf die Rückrunde gewartet, damit wir jedem zeigen können, dass das erste Mal kein Glücksspiel gewesen ist. Viele Spiele sind nun vorbei und ihr seid in so ein starkes Team gewachsen. Jede Menge Hürden sind in eurem Weg gewesen, aber jetzt müsst ihr euch nur noch auf eins fokussieren, heute zu gewinnen. Ich weiß, das ihr auf eurem Hoch seid und noch nie besser gewesen seid. Ihr schafft das."

Er sieht jeden einmal an und jeder spürt die Wichtigkeit diesen Momentes. Es geht nicht nur um das letzte Spiel dieser Saison. Nein, es geht um so viel mehr. Es geht darum, dieses Jahr die College Meisterschaft zu gewinnen. Momentan sind wir auf dem zweiten Platz, Kopf an Kopf mit der St. Anthony Universität. Wenn wir heute ein Tor erreichen, kommen wir mit der Punktedifferenz auf der Tabelle auf den ersten Platz.

Monate sind vergangen in welchen wir viele erfolgreiche Spiele gespielt haben, aber auch Niederlagen kassiert haben. Wir haben alles irgendwie geschafft, und jetzt ist der Höhepunkt. Wir müssen das packen.

Wenn wir heute unentschieden spielen, verfallen unsere Gegner und wir auf den zweiten Platz, mit der gleichen Punktzahl. Dann wird entschieden, wer die wenigsten Karten in den Spielen insgesamt kassiert hat. Da gewinnen wir nicht. Würden wir aber mindestens zwei Tore schießen, hätten wir den ersten Platz sogar vom Podium geschmissen. Dieses Jahr ist es wirklich knapp.

Natürlich kann man sagen, dass es immer noch Bronze wäre, aber Gold ist doch etwas imposanter. Das Team von der Creston University mag sich in Sicherheit zu wiegen, da sie auf dem ersten Platz sind, aber wir können sie dort herunterwerfen.

St. Antony ist aber genau wie wir auf den Gewinn aus. Das Spiel kann und darf nicht unentschieden ausgehen.

"Ihr habt nichts, was euch aus der Bahn werfen kann. Seid also das Team, welches seit fünf Jahren das erste ist, welches uns den Pokal Nachhause bringt!"

Wir sind alle fest entschlossen. Wir schaffen das. "In zwei Minuten fertig aufgestellt am Ausgang!" er macht eine Kehrtwende und lässt uns die letzten Sekunden allein.

Ich halte mein Handy immer noch fest umklammert als ich jeden ansehe. Die Rituale vor den Spielen sind beendet. Jeder sitzt fest entschlossen auf seinem Platz. "Wir schaffen das, macht euch keine Sorgen. Wir haben es bereits einmal geschafft, also ist ein zweites Mal ein Klacks."

Ich nicke meinem Team zu. Mein Handy vibriert in meiner Hand gerade als ich es ein meine Tasche wegpacken möchte. Vielleicht ist es noch meine Mama, die mir viel Glück wünscht. Ich öffne meine Nachrichten.

Mein Atemzug bleibt mir im Hals stecken, als ich eine eins hinter einem ganz bestimmten Chat sehe. In Millisekunden schnelle sind meine Hände schwitzig und ich öffne die Nachricht.

Rio-Viel Glück, Princesa.-

Meine Hand beginnt zu zittern, als ich sehe, dass er noch online ist. Ich will gerade eine Nachricht tippen als wir die Umkleide verlassen müssen.

So hibbelig war ich nie vor einem Spiel. Er hat sich gemeldet. Er hat mir Glück gewünscht. Ein dämliches lächeln ziert mein Gesicht, als ich den St. Antonys die Hand schüttle und den Münzwurf wieder nicht gewinne.

Das muss ein Zeichen sein, dass es wie das letzte Mal in der Hinrunde laufen wird. Es muss ein Zeichen sein, dass hier irgendwo Rio sein muss. Mein Rio.

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1:1

Wir sind in der Halbzeit angekommen, ausgelaugt wie noch nie zuvor. Die anderen sind genau so aggressiv wie wir und geben genau so gut Konter wie wir. Niemand kann einen Ball hindurch mogeln. Wie soll das weitergehen?

Ich wünschte, mir einfach das Spiel nur von den Rängen aus anzusehen.

Wir trinken unser Gatorade und schnaufen. Jeder ist schweißnass und ausgelaugt. Die wenigen Minuten der Halbzeit reichen nicht für unsere Regeneration.

"Hat irgendjemand etwas?" Coach sieht durch die Runde. "Irgendeine Schwäche? Wir kommen so nicht weiter. Wir brauchen irgendetwas, auch wenn es nur ein minimaler Grashalm ist. Hat niemand was von der Bank aus gesehen? Irgendein Spieler der humpelt? Eine schwache Stelle? Wenn ja, her damit."

Ich lehne mich zurück, während jeder angestrengt überlegt aber nicht mit einem Makel herausrückt. "Wir sind gefickt." Aaron lässt seinen Kopf fallen.

Ich versinke noch weiter in meinem Platz. Das ist nicht unsere gewohnte Umkleide, nicht unser gewohntes Spielfeld. Wir können uns aber davon nicht ablenken lassen.

Abgelenkt werde ich gerade durch das vibrieren meines Handys. Ich sehe mich um, ob das noch jemand gehört hat aber jeder ist so in Gedanken, dass es nicht einmal Coach aufgefallen ist. Vielleicht ist es Rio.

Dieser Gedanke ist so bescheuert, aber lässt mich trotzdem mein Handy zücken. Im Geheimen. Nicht, dass ich noch auf der Bank lande. Ich öffne die Nachricht.

Egal was ich erwartet habe, nicht das. Eine erneute Nachricht von Rio.

Rio-Frag mich nicht warum. Wenn in der 2. Halbzeit Gamon eingewechselt wird, habt ihr eine Chance. Er hat eine Schwache linke Seite und dann wäre eine Möglichkeit für eine Flanke etc. Er wurde in eurem letzten Spiel auch zur Halbzeit eingewechselt, also kann es sein, dass es auch wieder so sein wird.-

Ich verstecke wieder mein Handy und denke über seine Nachricht nach. Viel Zeit bleibt mir aber nicht mehr, da wir wieder auf das Feld müssen. Ich überdenke seine Nachrichten ein anderes Mal, jetzt muss ich nur auf den Gewinn und die Einwechslung von Gamon warten.

Ich erzähle niemanden von der Idee oder von wem ich sie habe. Das wäre viel zu auffällig. Coach sagt uns die letzten motivierenden Sprüche und dann gehts wieder los.

Ich versuche so gut es geht alles auszublenden und mich nur auf das Spiel zu fokussieren. Für die kommenden Minuten muss auch Rio meine Gedanken verlassen. Ich kann mich nicht nur allein darauf verlassen, dass Gamon eingewechselt wird, ich muss auch andere Öffnungen im Blick behalten. Mein Team anspornen. Und zu guter Letzt gewinnen.

Nach dem Anspiel kann ich jedenfalls sagen, dass Gamon nicht auf dem Spielfeld ist. Zu schade. Natürlich könnte ich ein dreckiges Spiel machen und seine Erst Besetzung vom Spielfeld humpeln lassen, aber dann kann ich mich nicht über den Gewinn freuen.

Ich spiele kein feiges Spiel. Je mehr Minuten vergehen, so dreckiger wird aber das Spiel von den Rivalen. Ellenbogen hier, am Trikot ziehen da. Nicht einmal den resultierenden Eckball können wir ins Tor bringen.

Als wieder ein hoher Ball vom gegnerischen Torwart kommt, springen Bennet und ein Gegner zusammen mit dem Kopf. Während der andere auf dem Boden liegt und seine Nase hält, rennt Malik auf Bennet zu, welcher ihm mit einer Handbewegung klar macht, dass es ihm gut geht.

Ich blicke zu den Sanitätern, die den anderen vom Feld begleiten. Es wird ausgewechselt.

Ich sehe noch die Nummer und dann den Typen, der eingewiesen wird. Gamon.

Er spielt auf einer anderen Position als sonst, also ist er noch verletzlicher. Kein guter Spielzug St. Antony.

SCARRED AS A SOULOnde histórias criam vida. Descubra agora