Kapitel 55

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Olivia

Wir blieben nur noch diesen einen Tag bei Jacobs Familie in Utah und machten uns am Abend wieder auf den Rückweg. Ich freute mich, noch eine weitere Nacht mit Jacob im Motel verbringen zu können, bevor wir in unseren Alltag zurückkehrten. Vor unserer Abfahrt antwortete ich Finn auf seine Nachricht. Weil ich wissen wollte, was er mir zu sagen hatte, stimmte ich einem Treffen zu, beschloss allerdings gleichzeitig, ihm nichts von Jacob und mir zu erzählen. Hailey und Ella hingegen hatte ich in der Zwischenzeit bereits über die jüngsten Ereignisse informiert. Vor den beiden konnte und wollte ich das, was passiert war, nicht verheimlichen.

Ich verabschiedete mich von Maja und ihrem Vater und ging dann schon vor zum Auto, damit Jacob sich in Ruhe von beiden verabschieden konnte. Er stieg etwa fünf Minuten nach mir ins Auto. „Maja lässt dir ausrichten, dass du herzlich zu Thanksgiving eingeladen bist", sagte er. „Ich hab sie schon vorgewarnt, dass du mich vermutlich nicht begleiten wirst."

„Wieso?", fragte ich und malte mir sofort das schlimmste aus: dass er mich nicht dabei haben wollte. Doch Jacobs Antwort nahm mir diese Sorge: „Möchtest du Thanksgiving nicht mit deiner Familie verbringen? Oder zumindest mit deiner Mutter?"

„Achso... unser Thanksgiving war schon", erklärte ich ihm. „Kanada, schon vergessen?"

„Aber du warst gar nicht Zuhause", merkte Jacob mit gerunzelter Stirn an, woraufhin ich den Kopf schüttelte. „Nein, für ein Wochenende hätte es sich nicht gelohnt und wir bekommen ja nur für euer Thanksgiving die Woche frei. Letztes Jahr bin ich dann trotzdem nach Hause geflogen und wir haben quasi nachgefeiert. Aber dieses Jahr..." Ich zuckte mit den Schultern. Noch immer fürchtete ich mich vor dem Moment, in dem ich zum ersten Mal seit der Trennung meiner Eltern nach Hause kommen würde.

„Du kannst natürlich mit hierher kommen", sagte Jacob sofort. „Aber irgendwann musst du nach Hause, auch wenn es nicht leicht ist."

Seufzend lehnte ich meinen Kopf an die Fensterscheibe. „Ich weiß." Ich war kurz davor ihm vorzuschlagen, mich zu begleiten, weil mit ihm alles leichter war und machbarer schien, aber ich konnte mich rechtzeitig stoppen. Ich wollte ihn nicht von seiner eigenen Familie fern halten und wusste zudem, dass ich mich dieser Situation alleine stellen musste.

Auf dieser Fahrt schaffte ich es wach zu bleiben, bis wir unser nächtliches Quartiert erreichten. Es war ein andere Motel als vor zwei Tagen und dieses Mal fragte Jacob explizit nach einem Zimmer mit nur einem Bett. Obwohl dieser Zwischenstopp in erster Linie Jacobs Erholung dienen sollte, wollten wir beide nicht direkt schlafen gehen, sondern unsere Zweisamkeit auf andere Weise genießen. Nach einer kurzen Nacht brachen wir früh am Morgen wieder auf. Als ich gegenüber Jacob positiv überrascht anmerkte, dass ich es noch zu meiner Vorlesung am Nachmittag schaffen würde, warf er mir einen Blick zu, als zweifelte er an meinem Verstand. „Du möchtest heute noch zu einer Vorlesung gehen?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Klar, warum nicht?", entgegnete ich. „Am besten wäre es, wenn du mich gleich direkt bei dem Gebäude rauslässt. Sonst wird es zeitlich vielleicht doch etwas eng."

Während Jacob die Augen wieder auf den Verkehr richtete, schüttelte er den Kopf. Doch seine Mundwinkel zuckten. „Ich weiß nicht ob ich deine Vernunft bewundern soll oder ob ich dir einen Gefallen tue, wenn ich dich zu ein bisschen mehr Lockerheit und Unvernunft überrede."

„Es war schon unvernünftig genug, zwei einhalb Tage zu verpassen. Unvernünftig, aber alles in allem trotzdem eine gute Entscheidung", musste ich zugeben. Die letzten zwei Tage hatten sehr viel verändert und ich bereute keineswegs, Jacob zu seiner Familie begleitet zu haben. Nun grinste er selbstgefällig. „Na siehst du. Es ist also durchaus empfehlenswert, ab und an unvernünftig zu handeln."

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