Kapitel 28

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Olivia

„Das war schon eine ziemlich passable Entschuldigung", lobte ich ihn. „Ich glaube ich werde sie annehmen."

Jacob lächelte. Ich hatte den Eindruck, dass sein ganzer Körper sich entspannte, doch das bildete ich mir vermutlich nur ein. „Fantastisch. Da ich in deiner Gegenwart oft blöde Dinge sage, werde ich irgendwann vielleicht ein richtiger Profi im Entschuldigen."

„Oder du wirst ein Profi darin, diese blöden Dinge einfach für dich zu behalten", schlug ich vor, woraufhin er mit den Schultern zuckte und sich von der Wand abstieß. „Das kann ich dir leider nicht versprechen. Dafür macht es mir viel zu viel Spaß, dich zu provozieren. Ist dir eigentlich bewusst, dass sich immer, wenn du wütend bist, so eine senkrechte Falte auf deiner Stirn bildet?" Er trat auf mich zu und zeigte mit seinem Finger zwischen meine Augenbrauen. „Genau hier."

Aus Erleichterung darüber, dass er ganz offensichtlich wieder der Alte war, hätte ich fast laut aufgelacht. Stattdessen streckte ich ihm die Zunge raus, drehte mich um und steuerte geradewegs die Tür an, hinter der ich sein Zimmer vermutete. Irgendwie musste ich mir die Zeit, bis Noah und Ella hier waren, schließlich vertreiben. Und Jacob hielt mich nicht auf.

Nicht imstande, meine Neugier zu unterdrücken, drückte ich die angelehnte Tür auf, trat in den Raum und schaute ich mich möglichst unauffällig um. Das Zimmer war nicht groß, bot aber genug Platz für das Wesentliche: Bett, Schrank und Schreibtisch. Sogar ein kleines Tischchen passte zwischen Bett und Fenster. Genau dieser Tisch, beziehungsweise das, was darauf gestapelt lag, erregte nun meine Aufmerksamkeit. Mit hochgezogenen Augenbrauen drehte ich mich zu Jacob um, der im Türrahmen lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt. 

„Seit wann liest du?"

Missbilligend runzelte er die Stirn und trat nun einen Schritt in den Raum hinein. „Aus deinem Mund klingt das so, als würdest du an meiner Fähigkeit zu Lesen zweifeln." 

„Das nicht", widersprach ich. „Aber seit wir uns kennen, habe ich dich kein einziges Mal mit einem Buch in der Hand gesehen und ich meine mich zu erinnern, dass du mehrmals erwähnt hast, Lesen sei reine Zeitverschwendung."

Nun grinste Jacob. „Soll ich dir ein Geheimnis verraten?", fragte er und obwohl ich aufgrund seines Gesichtsausdrucks befürchtete, dieses Geheimnis gar nicht kennen zu wollen, nickte ich.
„Ich hab keines der Bücher je aufgeschlagen, geschweige denn gelesen."

Ich verdrehte die Augen, denn das konnte man wohl kaum als Geheimnis bezeichnen. „Das habe ich mir schon gedacht", entgegnete ich. „Die viel spannendere Frage ist doch, weshalb die Bücher trotzdem neben deinem Bett liegen. Fällt das in den Bereich Gastfreundschaft gegenüber nächtlichen Besucherinnen?"

Wenn ich nachts Besuch habe, dann steht Lesen sehr weit unten auf der Liste an Beschäftigungsmöglichkeiten. Aber ich habe festgestellt, dass lesende Männer sehr gut bei Frauen ankommen." 

Ich wusste nicht, ob ich belustigt oder empört sein sollte. Vielleicht auch einfach dankbar für Jacobs Aufrichtigkeit? Diese Aufrichtigkeit schien er allerdings nur gegenüber den Frauen zu zeigen, die er nicht ins Bett bekommen wollte. Obwohl sein Bett definitiv auch nicht mein Ziel war, legte ich mich nun bäuchlings hinein und griff nach dem Buch, das ganz oben auf dem Stapel lag. Sobald ich das Cover sah und erkannte, verdrehte ich die Augen, was Jacob aber natürlich nicht sehen konnte.

Jacob

Der Anblick von Olivia in meinem Bett, warf mich kurzerhand komplett aus der Bahn. Ich konnte von Glück reden, dass sie mich aus dieser Position nicht sehen konnte, denn es fühlte sich an, als sei mir sämtliches Blut aus dem Gesicht gewichen und ich konnte nicht einschätzen, wann es seinen Weg zurück finden würde. Es kostete mich einiges an Überwindung, meinen Blick auf ihre Füße gerichtet zu lassen, die sich in der Luft vor und zurück bewegten, anstatt ihren angewinkelten Beinen mit meinen Augen zu folgen, bis hin zu... Nein. Stopp. Das hier war Olivia. Keine Frau für eine Nacht, keine Frau für mich. Mit einem Kopfschütteln versuchte ich meine Konzentration wieder auf andere Dinge zu legen. Zum Beispiel auf das, was Olivia sagte. Sie schien mir eine Frage gestellt zu haben, die ich nur als Rauschen in meinen Ohren vernommen hatte, und nun drehte sie ihren Kopf in meine Richtung und hob die Augenbrauen. 

won't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt