Kapitel 9

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Olivia

Es gab ein paar Orte, an denen ich jetzt gerade lieber gewesen wäre, als auf dieser Party, und mein gemütliches Wohnheimzimmer stand ganz oben auf der Liste. Aber nachdem ich im Anschluss an unseren Spaziergang ununterbrochen auf mein Handy gestarrt und in immer größerer Verzweiflung auf eine Nachricht von Finn gewartet hatte, war Ella zu dem Schluss gekommen, dass ich ganz dringend Abwechslung brauchte.

„Du könntest dich auch einfach bei ihm melden", schlug sie nun zum wiederholten Male vor. Dabei wusste sie genauso gut wie ich, dass ich das nicht tun würde. Klar, wir lebten im 21. Jahrhundert und es sprach in der Theorie rein gar nichts dagegen, dass ich den ersten Schritt machte. Aber in der Praxis war Finn groß, gutaussehend und charmant. Möglicherweise zu charmant, um mir direkt auf den Kopf zuzusagen, dass er mich nicht wiedersehen wollte. Die Wahrscheinlichkeit, eine schriftliche Abfuhr zu bekommen, wenn ich mich bei ihm meldete, erschien mir enorm hoch und deshalb stellte ich mich innerlich bereits darauf ein, den gestrigen Abend als einmaliges Erlebnis in meinem Gedächtnis abzulegen. Leider gab es noch eine weitere mögliche Erklärung für Finns Schweigen.

„Was, wenn er uns doch gesehen hat und mich jetzt für komplett durchgeknallt hält?", fragte ich Ella und gab mir dabei größte Mühe, nicht total weinerlich zu klingen. Meine Güte, ich sollte mir echt professionelle Hilfe suchen. Das schien Ella ähnlich zu sehen, wenn ich ihren missbilligenden Gesichtsausdruck richtig deutete.

„Er hat uns nicht gesehen", behauptete sie. „Und selbst wenn doch... Männer mögen es, wenn Frauen ihnen beim Sport zugucken."

„Ist das so?"

„Klar. Im Kern hegen alle Männer den Wunsch, Frauen ihre körperliche Stärke zu beweisen."

„Hm", machte ich und wandte mich ab. Finn beim Training zu beobachten, hatte meine Begeisterung für ihn nicht gerade kleiner werden lassen. Die Muskeln, die ich gestern Abend nur hatte erahnen können, waren in der kurzen Hose und dem ärmellosen Top sehr gut sichtbar gewesen, selbst aus der sicheren Entfernung, zu der ich Ella gezwungen hatte. Außerdem war er schnell. Schneller als die meisten seiner Mannschaftskollegen. Der Wunsch ihn wiederzusehen und weiter kennenzulernen, machte sich durch ein starkes Ziehen in meinem Unterleib bemerkbar und ich verfluchte mich selbst und meinen eigenen Körper.

„Ich verstehe wirklich, dass du ihn toll findest", setzte Ella unsere Unterhaltung fort. „Und ich verstehe auch, dass du dich nicht bei ihm melden möchtest, denn ich würde es an deiner Stelle vermutlich auch nicht tun. Aber jetzt hier rumzusitzen und sich verrückt zu machen, ist auch keine Lösung. Nachts darfst du gerne von Finn träumen, aber tagsüber lebst du bitte dein Leben weiter."

Lachend lehnte ich meinen Kopf an die Wand hinter uns. „Es ist wirklich ganz praktisch, dass ich letztes Jahr Single war, als die Sache mit Noah anfing und du jetzt in einer derart ausgeglichenen Beziehung bist, um die du dir keine Sorgen machen musst. So können wir uns immer gegenseitig bei Männerproblemen unterstützen."

„Ich würde meine Beziehung nicht als...", begann Ella, verstummte dann jedoch abrupt. Neugierig und etwas besorgt sah ich sie an, doch ihr Blick war auf etwas in der Menge vor uns fokussiert. Ich folgte ihrem Blick und erkannte die Person, die sich sehr zielstrebig ihren Weg durch die tanzenden Menschen auf uns zu bahnte.

„Ruby", sagte ich überrascht, als sie direkt vor mir zum Stehen kam. Sie strahlte mich an, was mich gleichermaßen beruhigte und verunsicherte. Es machte nicht den Anschein, als würde sie mir im nächsten Moment vorwerfen, dass ich sie auf das Date mit Jacob geschickt hatte, aber gleichzeitig könnte ihr Strahlen auch bedeuten, dass sie sich von Jacob sehr viel mehr erhoffte, als sie meiner Einschätzung nach bekommen würde.

won't fall in loveWhere stories live. Discover now