Kapitel 46

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Olivia

Ich drehte mich auf den Rücken. „Ja." Meine Antwort war ein ebenso leises Flüstern wie seine Frage.

„Wegen morgen...", murmelte er, verstummte dann jedoch. Ich hörte die Matratze quietschen, als er erneut seine Liegeposition änderte. „Ich fahre nicht oft nach Hause, weil es mir schwerfällt dort zu sein. Wenn ich also morgen... anders bin als sonst, liegt das daran", fuhr er schließlich fort.

Ich wusste immer weniger, ob ich mit Neugier oder Angst auf den nächsten Tag schauen sollte. Was immer in Jacobs Familie passiert war, es konnte keine Kleinigkeit sein.

„Inwiefern anders?", fragte ich.

Es dauerte eine Weile, bis Jacob antwortete. „Reserviert trifft es vermutlich ganz gut." Also das Gegenteil von dem Jacob, den ich gewohnt war.

„Warum das Ganze?"

„Was meinst du?" Er klang verwirrt und wachsam gleichzeitig. Als hätte er Angst, etwas falsches zu sagen.

„Du könntest doch erst einmal versuchen mir zu erklären, was... passiert ist, anstatt mich direkt ins Auto zu bugsieren und mehrere hundert Meilen mit mir über den Kontinent zu fahren."

„Wenn du es siehst, ist es einfacher zu verstehen. Und außerdem... außerdem gibt es da eventuell einen kleinen Teil von mir, der etwas masochistisch veranlagt ist und bei der Aussicht auf Zweisamkeit mit dir fast durch die Decke gegangen wäre vor Freude." Mein Herz schmerzte bei der Vorstellung, dass es ihn quälte, Zeit mit mir verbringen zu wollen. Ich verstand ihn nicht und ich hatte panische Angst davon, ihn auch nach morgen nicht zu verstehen.

„Und der Rest von dir ist kein Fan von Zweisamkeit mit mir?", fragte ich, während ich den Deckenventilator anstarrte, der in der Dunkelheit nur schemenhaft zu erkennen war.

Jacob schnaubte. „Der Rest von mir", korrigierte er mich, „weiß, dass es dadurch nur noch schwerer für uns beide wird."

Langsam aber sicher kam ich nicht mehr mit. Er wollte mit mir zusammen sein, konnte es aber nicht? Er wollte Zweisamkeit, aber gleichzeitig fürchtete er die Konsequenzen? „Du verwirrst mich so sehr", teilte ich meine Gefühle mit ihm. „Du magst mich, ich mag dich. Wir fühlen uns zueinander hingezogen. Wir müssen es ja nicht gleich Beziehung nennen, aber warum können wir nicht einfach schauen, wohin sich das entwickelt?"

„Gib mir 24 Stunden", bat er. „Morgen um diese Zeit wirst du wissen, weshalb ich die körperliche Nähe zu dir nicht zulassen kann."

„Mit anderen Frauen kannst du sie zulassen...", warf ich ein und hörte selber, wie verletzt ich klang. Aber was spielte es jetzt noch für eine Rolle? Ich hatte ihm mein Herz doch eh schon vor die Füße gelegt. „Ruby kannst du küssen. Mit Ruby kannst du die Nacht verbringen. Mit Ruby und all den Frauen, die vor ihr kamen, aber mit mir willst du noch nicht einmal in einem Bett schlafen."

Schweigen. Ich biss mir auf die Unterlippe, bereute meine Offenheit, doch dann hörte ich Jacobs Bett abermals quietschen und zwei Sekunden später bewegte sich die Matratze, auf der ich lag.

„Rutsch rüber", murmelte Jacob, aber ich war zu schockiert, um mich zu bewegen. Also hob er die Decke an und quetschte sich auf den schmalen Streifen, der zwischen Bettkante und mir frei war. Ich berührte Haut. Sehr viel Haut. Und Muskeln. Jacob war vielleicht nicht so durchtrainiert wie Finn, aber daran, dass auch er regelmäßig Sport machte, bestand kein Zweifel.

„Bist du nackt?", fragte ich entgeistert.

Jacobs Lachen setzte die ganze Matratze in Bewegung. „Nein, Watson. Aber wenn ich nicht oberkörperfrei schlafe, sterbe ich einen Hitzetod."

won't fall in loveWhere stories live. Discover now