21 - „Alles gut?" „Alles gut."

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AZAD

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AZAD

„Ich weiß nicht warum... doch seit heute Morgen verfolgt mich ein seltsames Gefühl. Als ob ich atme, aber keine Luft bekomme. Als ob mein Herz schlägt, aber still steht...", fasste ich das Gewirbel in meinem Kopf zusammen.
Die Aufnahmen nutzte ich mittlerweile als Zuhörer persönlicher Gedanken.

Über den frisch gemachten Bart ging ich mit einem teuren Aftershave.
„Heute ist Samstag. Der 7. Oktober. Der Tag, an dem ich ins Heim gehen werde.", sah ich mich im Spiegelbild an, während ich meine Handballen am Waschbecken stützte.

„Vor langer Zeit war ich ein Kind in einem Heim mit kalten Wänden. Man sagt, dass man irgendwann an seinen Ursprung zurückkehrt. Ich glaube nicht daran... Heute schreiben sich die Grundsätze von neu."
Tief schluckte ich. Im Schnelldurchgang wirbelten verschiedenste Gedanken durch meinen Kopf.

- Der Überlebenskampf mit Straßenkindern.
- Die Angst ständig in Gefahr zu sein.
- Mit einem Klappmesser unter dem Kissen zu schlafen.
- Der gewalttätige Hausmeister, dessen Name für Gänsehaut sorgte.
- Meine nächtlichen Ausbrüche mit Yaser, die uns zum Meeresufer führten. Es gab die eine Parkbank, die uns mit den Straßenkatzen vereinte. Yaser liebte sie.

Nie würde ich den alten Straßenverkäufer vergessen, der uns Kastanien und Maiskolben umsonst mitgab.
Eines Tages erfuhren wir, dass er im Krankenhaus lag und danach sahen wir ihn nie wieder. An dem Tag starb ein Teil meiner Seele. Denn niemals lächelte uns jemals so aufrichtig an. Wir wurden immer angesehen als Abschaum oder als die Ausgestoßenen.
Ach scheiß drauf!

Den Wandschrank öffnete ich und nahm die kleine Dose heraus. Meine Haare legte ich mit einer bescheidenen Portion Gel zurecht.
Das tat ich nie. Aber ich versprach mir einen Neuanfang zu machen.

Ich bin Azad. Nicht mehr Vural.
Ich trage eine andere Geschichte mit mir.
Nicht mehr meine eigene.

Ich verlor meine Identität als ich verraten wurde.
Vielleicht... musste es so sein.

Der Boxerschnitt war gewachsen.
Anwar würde sich sicherlich über einen Besuch freuen.
Den Sakko zog ich mir über und trat mit Sonnenbrille aus dem Haus heraus.
Der Herbst zeigte sich. Die Blätter waren verfärbt.

Überrascht lies Eymen den Blick über mich schweifen. „Siehst gut aus.", kommentierte er überzeugt.
Nicht für mich. Für die Hoffnung in Frau Aksözlüs Augen. Für die Kinder.
„Hast du alles organisiert?", fragte ich und entriegelte den Wagen.
„Klar! Alles, wie du es gesagt hast. Die Stifte, Papiere, Farben - alles ist in den Kisten."

Dankend klopfte ich auf seine Schulter.
„Kann ich soweit gehen? Die Prüfung ist heute um halb drei."
Irgendeine Semesterprüfung schrieb Eymen heute.
„Hilf mir die Sachen zu entladen, dann kannst du direkt zur Uni fahren."
Allein hätte ich den Kram auch tragen können. Es schien nur so, als ob ich mentale Unterstützung brauchte. Zugegeben.

ALS ER KAMWo Geschichten leben. Entdecke jetzt