4 - „Einzigartige Orte und ihre Geschichten."

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DUNYA

Das Feuerzeug in meiner Hand ging an und aus. Die Flammen spendeten der Dunkelheit ihr Licht und erlosch Sekunden später.
Eine hochwertige Dupont.
Alles am Abend war seltsam verlaufen.
Es begann mit der Verspätung meines Rückfluges und endete mit Azads Auftreten auf der Feier.

Azad.
Seine Aura glich einem dunklen Schatten.
Er war ein Mann, der aus Dunkelheit erschaffen wurde.
Als blicke man in eine Schlucht, wenn sich sein Augenpaar gegen dich wandten und die Dunkelheit dich einzog.

Kühle Gesichtszüge.
Keine Emotionen.
Sobald er auftrat, zog sich die Luft im Raum zusammen.
Seine leeren Blicke sprachen für sich.

Eine Stimme tief in mir sagte, dass Azad in Schwierigkeiten steckte. Nicht nur das.
Dass er auch weitere Menschen in Schwierigkeiten stecken konnte. Und so jemanden brauchten wir ganz und gar nicht in unserem Leben.

Mein Bruder hat mich wieder hundert mal angerufen.
Ich rief zurück und gab Bescheid, dass ich bei Arya übernachtete. Hier wusste er zumindest, dass ich in Sicherheit war.
„Gib mir das nächste Mal früher Bescheid. Wie war es in Grozny?", fragte Imran im Laufe des kurzen Gesprächs.
Tief zog ich die Luft ein.

„Wie wir es erwartet haben... Noch einmal werde ich das nicht für dich tun, Imran.", redete ich Klartext.
„Dunya... du weißt, dass ich dich wegschicken musste."
Ich hielt inne.

„Du musst gar nichts. Niemals, Imran. Wenn wir heute in dieser Lage sind, dann ist es wegen dir.", stieß ich widerwillig aus und legte auf.

Ich war genervt.
Vom Tag.
Vom Denken.
Die Müdigkeit war mir auch verflogen. Bei Vollmond konnte ich nicht schlafen.
Ich zog mir eine Reißverschlussjacke über und verließ das Gästezimmer, das mittlerweile mir gehörte.

Als ich ins Wohnzimmer abbog, bemerkte ich, dass die Hausbesitzer auch schon eingetroffen waren.
„Willst du?", bot mir Onkel Sinan an.
„Um diese Uhrzeit?", warf ich einen Blick auf die Tasse in seiner Hand. Von der Küche aus müsste er mich gesehen haben. Jasmina trat der Unterhaltung auf dem Garten bei und gab den Verlauf des Abends wieder.

„Der Abend ist wundervoll verlaufen. Danke Dunya!", strahlte sie mich an.
„Nichts zu danken, Jasmina.", lächelte ich ihr entgegen. Dabei sah ich den Schwall an Gefühlen in ihren Augen. Wir alle wussten, dass Arya diesen Tag nicht überlebt hätte, wenn wir sie damals mental nicht unterstützt hätten.

Jasmina und Sinan waren die aufmerksamsten Eltern, die ich kannte. Und oftmals gaben sie mir das Gefühl Teil der Familie zu sein. Auch, wenn Onkel Sinan distant und kalt erschien, war er ein gutherziger Mann.

Einige Aufnahmen vom Abend zeigte ich.
Einen detaillierteren Blick warf sie auf das letzte Foto.

„Wer ist das?", deutete sie auf ein Gesicht aus der Menschenmenge.
„Wer?"
„Der hier.", vergrößerte sie das verschwommene Bild. Einer Freundin gab ich mein Handy für Fotos. Als ob es nicht genug wäre knipste sie jeden Moment der Kuchenzeremonie fest. Jasmina deutete auf niemanden außer Azad.

„Weiß nicht... Ich vermute aus der Uni.", drehte ich räuspernd mein Handy zu mir. Zu viel des Guten.
„Wir halten dich dann lieber nicht auf. Gute Nacht.", verabschiedete sich Onkel Sinan.

Die Wärme umhüllte mich, sobald ich vom Garten ins Wohnzimmer trat. Die Decke, die ich mir übergeworfen hatte nahm ich herunter und ging in mein Zimmer hoch.
Fast schlossen sich meine Augen zu, da begann mein Handy zu vibrieren. Wer war das um diese Uhrzeit? Kalim? Oder Imran?

Die umgespeicherte Nummer erkannte ich auf Anhieb. Schnaubend blies ich die Luft aus, da mir nun bewusst wurde, dass ich eine neue Nummer brauchte.
„Was gibt's um diese Uhrzeit?", nahm ich genervt ab.
„Es ist drei Uhr hier, Madame. Der Fahrer ist immer noch nicht eingetroffen. Unsere Abrechnung ist noch nicht fertig."

ALS ER KAMUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum