» Falsche Entscheidungen «

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19. September, noch zwei Tage bis zur Ernte der 25. Hungerspiele


»Nächster«, befahl der Friedenswächter vor mir mit schroffer Stimme, dabei trat er einen Schritt zur Seite und machte mir somit Platz den kleinen Raum hinter ihn zu betreten.

Ich nahm ein letztes Mal einen tiefen Atemzug, bevor ich mit Knien aus Butter neben ihm vorbei stolperte. Ich war mir ziemlich sicher, dass er mich hinter meinen Rücken auslachte.

Eigentlich war es total lächerlich und kindisch, dass ich nervös war. Ich war nun achtzehn Jahre alt, da konnte ich mich nicht wie ein kleines Kind benehmen, welches zum ersten Mal alleine einkaufen ging.

Schliesslich war es ja nicht so schwierig, zwei Namen von einer Liste zu wählen, oder?

Als ich über die Türschwelle trat, verlieh mir die Atmosphäre in dem kleinen Raum schlagartig eine unangenehme Gänsehaut.

Es roch nach Staub und Dreck. Ausserdem entdeckte ich keine Fenster, was mich verwunderte. Das ganze erinnerte mich an unseren Keller, bevor wir ins Dorf der Sieger gezogen waren.

Der Raum war ziemlich dunkel und noch kleiner, als ich gedacht hatte. Das einzigste, was ein bisschen Licht in dem trostlosen Raum spendete war eine schmale Lampe, welche auf einem Schreibtisch trohnte.

Hinter dem alt aussehenden Schreibtisch sass eine Frau im mittleren Alter. Sie hatte dunkle Haut und schwarze Haare, welche zu einem strengen Dutt hochgesteckt waren. Sie trug scheeweisse Kleidung, beinahe wie die Friedenswächter draussen. Ihr Aussehen passte überhaupt nicht in diesen stinkenden Raum.

Ihre dunklen Augen wanderten misstrauisch über meinen Körper, was mir wirklich unangenem war. Dabei sah sie so ruhig und konzentriert aus, um ehrlich zu sein, machte sie mir beinahe Angst.

»Miss Miller«, sie nickte mir zu, während sie das Kinn arrogant in die Höhe reckte.

Dass sie meinen Namen kannte, machte mir weniger Angst als ihr durchdringender Blick.

Natürlich kannte sie meinen Namen. Vor zwei Jahren war ich ja auch überall im Fernseher zu sehen.

Ich erwiderte nichts. Selbst wenn ich etwas hätte sagen wollen, wäre mir dies nicht gelungen. Meine Kehle fühlte sich staubtrocken an, da wäre bloss ein Krächzen zu hören gewesen.

Als die unbekannte Frau bemerkte, dass ich nichts sagen würde, räusperte sie sich kurz und schob mir auf dem Tisch eine ziemlich lange Liste entgegen.

Widerwillig trat ich näher an den Schreibtisch, dabei gab der Boden unter mir ein knarren von sich.

»Das ist die Liste mit den verfügbaren Frauen«, erklärte sie, »Bitte wählen Sie jemanden und sagen mir dann Bescheid.«

Ich schluckte schwer und schenkte der Frau einen vernichtenden Blick. Wie konnte sie es bloss wagen über die Menschen zu sprechen, als wären es Verkaufstiere?

»Haben Sie verstanden, Miss Miller?«, hackte die Frau ungedulig nach und schob mir einen Kugelschreiber entgegen.

»Natürlich«, erwiderte ich trocken. Diese Frau hatte eine höfliche Antwort von mir nicht verdient.

Ich sah die Frau nicht mehr an, doch ich wusste, dass sie in ihrem Kopf bereits Mordpläne für mich erstellte.

Meine Aufmerksamkeit galt nun der Liste mit den Verfügbaren Frauen, wie es die Andere nannte.

Revenge ~ Der Tod kommt immer Näher [#2] ON HOLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt