» Bekanntes Gesicht «

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Chelsea verharrte in der Bewegung, als Diamond's Körper regungslos auf sie nieder sackte. Zuerst verstand Chelsea nicht, doch als sie den Pfeil erblickte, der sich durch Diamond's Kopf gebohrt hatte, rümpfte sie bloss angewidert die Nase. »Ew!«, murmelte sie, während sie den leblosen Körper der Blonde von sich runter stiess. Schnell rappelte sie sich auf und blickte auf ihr Oberteil, welches nun mit Blutflecken von Diamond's Kopfwunde beschmutzt war. Sie verdrehte kurz die Augen, bevor sie sich bückte und nach ihrem Dolch greifen wollte. »Nicht anfassen!« Chelsea sah blitzschnell auf und erblickte ein sehr bekanntes Gesicht. Die Person hatte einen Pfeil im Bogen eingespannt und diesen direkt auf Chelsea gerichtet. Doch diese hatte keine Angst, nein. Sie fing an breit zu grinsen: »Ach, wenn das nicht unsere verloren gegangene Anna ist.«

Tyson blickte zuerst auf den Verband an seiner Hand, bevor er Elvion einen dankbaren Blick schenkte. »Danke, Alter«, er lächelte. »Kein Problem. Pass das nächste mal ein bisschen auf. Chelsea ist bissig«, Elvion zwinkerte dem schwarzhaarigen zu. »Meinst du die Kanone vorhin hat einer der Mädchen gegolten?«, frage Tyson nun unsicher. Um ehrlich zu sein hoffte er, das die Kanone für Chelsea bestimmt war. Sie war ihm nicht geheuer und er hatte in der Nacht nie wirklich durchgeschlafen, in der Angst sie könnte ihn im Schlaf erstechen. »Keine Ahnung, warum sehen wir nicht nach?«, Elvion griff nach seinem Schwert, welches er zuvor in den Waldboden gesteckt hatte und wollte gleich los marschieren. »Ich weiss nicht«, Tyson hielt Elvion an seinem zerissenen Shirt zurück. »Was ist los?«, Elvion drehte sich fragend zu seinem Verbündeten herum. »Was wenn Chelsea überlebt hat?«, Tyson schluckte, »Sie wird uns dafür umbringen, das wir ihr nicht geholfen haben.« Elvion schien einen kurzen Moment zu überlegen, bevor er nickte: »Du hast Recht.«

Chelsea wollte wieder nach dem Dolch greifen, als plötzlich ein stechender Schmerz ihre Hand durchfuhr. »Argh!«, sie kreischte auf und blickte fassungslos auf den Pfeil, der sich durch ihre rechte Hand gebohrt hatte. »Ich sagte doch, dass du ihn nicht anfassen sollst!«, fauchte Anna, griff nun selbst nach dem Dolch und hielt ihn triumphierend in die Höhe. »Du bist ein Feigling«, fauchte Chelsea mit rauchiger Stimme. Sie zog mit der heilen Hand den Pfeil aus ihrem Fleisch, klebriges Blut lief aus der Wunde. Mit kritischem Blick begutachtete sie das Loch, das sich gebildet hatte. Zuerst verzog sie das Gesicht, bevor sie in schallendes Gelächter ausbrach. Die Haut um das Loch hatte eine ungesunde, blaugrüne Farbe angenommen. »Schlaues Mädchen«, grölte Chelsea immer noch lachend. »Gift? Wirklich schlau!« Anna schien einen Moment verwirrt über ihre Reaktion zu sein, aber gleich hatte sich die Blonde wieder gefasst. »Dir ist sicher bewusst, das entweder ich dich umbringe, oder es das Gift tun wird«, erklärte sie, dabei kam sie mit ihrem gespannten Bogen einige Schritte näher. »Ach, du überlässt mir die Wahl?«, mit der heilen Hand berührte Chelsea die Stelle, wo ihr Herz war, »Wie lieb von dir.« »Eine Antwort«, bellte Anna wütend, »Jetzt!« »Ich möchte gerne gegen dich Kämpfen, Schätzchen«, meinte Chelsea zuckersüss. »Nein, danke«, konterte Anna blitzschnell. Chelsea kicherte: »Angst, du könntest verlieren?«

Tyson lief stumm neben Elvion her. Dieser blickte angestrengt vor sich hin, manchmal schweifte sein Blick auch über sich auf die Baumkronen. Was er wohl suchte? Tyson wollte ihn nicht stören, deshalb liess er seine Frage unausgesprochen. In seinem Kopf hüpfte immer noch die selbe Zahl herum: Fünf. Noch Fünf waren es. »Es wird dunkel«, Tyson erschreckte, als Elvion seine Erkenntnis geäussert hatte. Tatsächlich, Tyson hatte es nicht bemerkt. Die Sonne tauchte bereits ab und bald würden die Sterne hervor kommen. Und die Hymne, sie würden erfahren, wer heute alles gestorben war. »Suchen wir uns einen Baum?«, fragte Tyson. Elvion nickte bloss und ging mit schnelleren Schritten auf einen dicken Baum zu. »Der sollte gut sein«, meinte er und machte sich dran, sich an den Ästen hochzuziehen. Tyson machte es ihm gleich, für beide war Klettern kein Problem, schliesslich waren sie auf der Akademie und da gehörte Klettern zu den alltäglichen Aufgaben. In wenigen Sekunden hatten die beiden eine gute Höhe erreicht, wo sie es sich bequemt machten. »Wir haben keine Seile dabei, da können wir schlecht schlafen«, bemerkte Tyson und suchte nach irgendwas anderem, das einem Seil gleichen könnte. »Schon okay, ich passe auf«, meinte Elvion, der gerade sein Schwert begutachtete und Tyson bloss einen Seitenblick schenkte. Tyson nickte stumm. Wieder kam ihm die Fünf in den Sinn.

Anna schüttelte es vor Wut. Chelsea schaffte es wirklich immer, alle zu provozieren. »Ich lass dich sterben«, zischte Anna, »Einen weiteren Pfeil an dich zu vergeuden bringt mir nichts.« Anna drehte sich um und marschierte mit erhobenem Kinn los. »Du Feigling, komm zurück!«, brüllte Chelsea ihr hysterisch nach, »Du Feigling, beweg deinen Hintern hier her und kämpfe!« Anna ignorierte sie gekonnt. Sie senkte den Bogen und wollte gerade im Wald verschwinden, als sie hinter sich ein Aufschrei hörte. »Argh!«, es kam ohne Zweifel von Chelsea. Anna schüttelte bloss den Kopf. Ohne einen Blick nach hinten zu riskieren, verschwand sie im Unterholz.

Blinzelnd öffnete Tyson die Augen. »Mist«, brummte er verschlafen. »Auch schon wach, du Schlafmütze?«, hörte er die bekannte Stimme von Elvion, er klang belustigt. »Tut mir Leid, ich wollte nicht einschlafen«, entschuldigte sich Tyson, bevor er herzhaft gähnen musste. »Kein Ding, ich bin sowieso nicht müde. Du kannst noch eine Runde schlafen, wenn du möchtest«, erwiderte Elvion gelassen. Tyson wollte gerade fragen, ob der die Hymne verpasst habe, doch genau in diesem Moment erklangen die ersten Töne der Hymne. »Bin ja gerade richtig aufgewacht«, murmelte Tyson eher zu sich, als zu Elvion. Das erste Bild das gezeigt wurde, war das Bild von einem blonden Mädchen, mit einem hübschen Lächeln. »Diamond«, seufzte Tyson und wand blitzartig den Blick ab. Auch Elvion schien enttäuscht zu sein, das Diamond's Bild gezeigt wurde. Die nächsten Gefallenen waren beide aus Distrikt Drei und Distrikt Sechs, dann noch die männlichen Tribute aus Sieben und Neun. Die Bilder verschwanden und die Hymne verklang. Tyson senkte den Blick auf seine Finger: »Fünf.« »Was hast du gesagt?«, erkundigte Elvion sich. »Ach, gar nichts«, murmelte Tyson. Es waren noch Fünf Tribute übrig. Elvion, Anna, Chelsea, das kleine Mädchen aus Distrikt Fünf, welches sie damals im Wald angegriffen hatten und er. Sein Blick schweifte zu Elvion. Der Mond spendete nur wenig Licht, aber er konnte Elvions Gesicht einigermassen erkennen. Seine Augen waren geschlossen, sein Atem ging regelmässig. Er schien zu schlafen, auch wenn er vorhin gesagt hatte, er wäre nicht müde. Tyson richtete sich auf. Es wäre so einfach gewesen, den Schlafenden nun umzubringen. Einfach so, er würde nichts spüren. Tysons Hände zitterten. Nein, er konnte nicht. Er wollte nicht. Sowas würde er sich nie verzeihen. Elvion war stehts für Tyson da. Er hatte ihm mit der Wunde geholfen, er hätte einfach zu sehen können, oder ihn gar umbringen können, mit der Ausrede er würde mit einer verletzten Hand sowieso nicht nichts mehr bringen. Aber er hatte es nicht getan. Elvion war ein guter Mensch. Tyson ballte seine zitternden Hände zu Fäusten. Nein, Tyson würde ihm nicht weh tun und auch kein anderer würde es tun. 
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Hallöchen! ♥
Wer hätte gedacht, das ich tatsächlich regelmässig posten kann? ;)
Übrigens taused Dank für über 20K Reads beim ersten Band von Revenge und ebenfalls tausend Dank für über 8K Reads hier! Ihr seit echt die besten!
Ich freue mich immer über eure Kommentare, lasst mich doch mal wissen wie ihr denkt, dass es weiter geht oder eure Wünsche. Vielleicht inspiriert ihr mich ja zu einer Entscheidung :'D
Danke für eure Unterstützung.
Alles Liebe,
xx Nana

Revenge ~ Der Tod kommt immer Näher [#2] ON HOLDWhere stories live. Discover now