Kapitel 29

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Mein Körper schmerzte bis in den letzten Nerven und trotzdem hievte ich mich schwankend auf die Beine. Draken wollte mich aufhalten, doch ich wehrte ihn ab. Während ich zu Mikey schlurfte, begannen meine Beine so sehr zu zittern, dass sie jeden Moment nachgeben würden. Doch ich musste weiter. Ich durfte nicht zulassen, dass sich die Zukunft bewahrheiten würde. Ich sah, dass Kazutora schon längst das Bewusstsein verloren hatte. Ebenso wie Takemichi. Aber der hatte sich wahrscheinlich nur wieder übernommen. Als ich Mikey erreicht hatte, nahm er mich gar nicht wahr. Schwer atmend zog ich ihm am Arm. "Mikey. Hör auf damit." sagte ich leise. Er hörte mich nicht. Ich zog stärker an ihm und schrie diesmal. "Hör sofort auf damit!" endlich zeigte er Reaktion, allerdings nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Anstatt endlich von Kazutora abzulassen, schlug er mir ins Gesicht, brachte mich ins Straucheln und ich fiel um. Völlig schockiert starrte ich in den Himmel. Warmes Blut floss mir von der Stirn übers Gesicht. Ich war verzweifelt. Und wütend. Und meine Wut gewann die Oberhand. Ich raffte mich wieder auf, ging von hinten an Mikey ran, umschloss meine Arme um seinen Oberkörper und zog ihn mit aller Macht zurück. Vor Überraschung fielen wir beide nach hinten und ich klammerte schnell meine Beine um seine. Er ruderte wild mit den Armen, doch ich ließ ihn nicht los. "Hör auf, Mikey!" rief ich und klammerte mich noch mehr um ihn. Doch er hörte nicht. Heiße Tränen stiegen mir in die Augen. Es war einfach alles zu viel. Der Kampf, Bajis Tod, Die Trauer der Toman Mitglieder, Kisakis Aktion, meine Stichwunde die mit jeder Sekunde stärker schmerzte, Mikeys Aggressivität. Es war mir alles zu viel. Nachdem ich immer wieder gesagt hatte, er solle aufhören, ging ich in die Offensive. Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Mir fiel einfach nichts mehr ein. Ich hielt ihn ganz fest und schrie aus der Seele : "Hör sofort auf damit!! Glaubst du wirklich, Baji und Shinichiro hätten gewollt, dass du zum Mörder wirst?!!!" er hielt inne. Endlich. Mir fiel das Atmen unglaublich schwer. Von meinem ganzem Schreien und von Mikeys Gewicht, welches mir die Lungen einquetschte. Keiner von uns beiden bewegte sich mehr. Doch dann begannen Mikeys Schultern zu beben und seine Atmung kam nur noch stoßweise. Er weinte. Ich lockerte meinen Griff um ihn ein bisschen und ließ meinen Kopf erschöpft auf dem sandigen Boden sinken. "Mikey. Du musst dich beruhigen. Niemandem ist damit geholfen, wenn du jemanden umbringst. Hör auf." sagte ich nun leise. Seine zitternde Hand schloss sich um meine. "W-...was hab ich nur getan-...?" stotterte er leise. "Du hast die Kontrolle verloren." antwortete ich. "Ich hab-...ich wollte ihn töten...Ich-...ich hab dich geschlagen..." wimmerte er. Er setzte sich auf und ich tat es ihm gleich. Er sah mich mit rot unterlaufenden Augen an. Eine Träne floss seine Wange hinab und ich wischte sie weg. "Ja, das hast du." es brachte nichts, es zu leugnen. Draken kam zu uns. Auch ihm sah man an, dass er kurz die Beherrschung verloren und geweint hatte. "Mikey. Die Polizei wird bald hier sein. Wir müssen schnell verschwinden." sagte er. Mikey nickte benommen. Er war völlig fertig. Genau wie ich. Als wir aufstanden, geriet ich wieder ins Schwanken. Diesmal war es Mitsuya, der mich auffing und stützte. Zum ersten Mal, sah Mikey meine Stichwunde und seine Augen weiteten sich schockiert. Ich lächelte ihm schwach zu. "Keine Sorge. Draken hat gute Arbeit geleistet. Bis zum Krankenhaus sollte ich noch durchhalten." Er wollte etwas erwidern, doch hinter uns regte sich ein völlig zerstörter Kazutora. Er war wieder bei Bewusstsein und kam langsam auf die Beine. Genau im gleichem Moment ertönten die Sirenen der Polizei. "Ich werd mich stellen." sagte er langsam. Alle sahen in gespannt an. "Ich hab Baji-...Ich werde mich stellen. Ich werd meine gerechte Strafe annehmen." sagte er und sah uns entschlossen an. "Kazutora..." begann Mikey, doch nickte dann nur. Ich sah mit den Schrottplatz an. Chifuyu kauerte immer noch an Bajis Leiche, doch wurde nun von Peh Richtung Straße gebracht. Meine Brüder und die anderen Rowdys, die hier waren, hatten schon lange das Weite gesucht. Nun hallte Drakens Stimme durch die Leute. "Die Bullen kommen!! Verpisst euch!!" brüllte er und sofort rannten alle los. Draken packte Mikey am Arm, da dieser immer noch neben sich stand, und Mitsuya half mir schnell hier weg zu kommen. Nachdem wir ein gutes Stück gerannt waren wurde mir schwindelig und ich kämpfte gegen die Schwärze an, die sich langsam in meinem Bewusstsein ausbreitete. Ich schnaufte schwer und hatte kaum noch die Kraft, überhaupt gerade zu stehen. "Yuna!" Mikey kam zu mir und nahm meine eiskalte Hand. Er war total panisch. "Bitte halte durch. Bitte halte durch! Ich will dich nicht auch noch verlieren!" rief er. Ich drückte seine Hand. "Keine Sorge. So schnell sterb ich schon nicht." sagte ich. "Ich fahr sie ins Krankenhaus. Ihr könnt später nachkommen." sagte Mitsuya. Wiederwillig nickte Mikey. Mitsuya führte mich zu seinem Bike, half mir auf und fuhr dann los. Wir rasten durch die Straßen, sodass es denkwürdig war, ob ein Bike wie Mitsuyas überhaupt solche Geschwindigkeiten aufbringen konnte.

Durch die Zeit, durch das LeidWhere stories live. Discover now