Kapitel 15

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Als wir am Aussichtspunkt ankamen, sprangen wir vom Bike. Mikeys Maschine war so laut, dass die umstehenden uns bemerkten. Ich nickte ihm kurz zu und suchte dann Hina. Als ich kurz zurückblickte, sah ich nur wie Mikey mit einem extrem großen Typen redete. Er hatte schwarz, blonde Haare und irgendwelche Tattoos auf der Hand. Mikey trat nach ihm, doch er Blockte ihn einfach ab. Verdammt, ich durfte mich nicht ablenken lassen! Während ich rannte, wurde ich immer wieder von Möbius aufgehalten, die ich aber schnell schlafen legte. Natürlich nur vorübergehend. Ich entfernte mich vom Kampf und entdeckte Hina in ihrem pinken Kimono hinter einem Baum kauern. Ich blieb keuchend vor ihr stehen und als sie mich sah, fiel sie mir um den Hals. "Ein Glück, du bist da! Ich hatte so Angst!" heulte sie. Ich tätschelte ihren Rücken. "Ganz ruhig. Ich bin hier. Es wird alles gut.
Ich geh Takemichi suchen, okay?" sie nickte schniefend. "Ja bitte. Ich bleib hier." ich nickte und rannte dann los. Bei dem ganzen Getümmel, fiel es mir schwer den Überblick zu behalten. Seltsamerweise ging es mir diesmal gut. Mir wurde es nicht zu viel, warum auch immer. Ich rannte weiter und weiter, verprügelte Leute und wurde selbst auch ein paar mal getroffen. Irgendwann hörte ich eine Stimme. "Yoshioka!! Hierher! Schnell!" das war Takemichi. Und er klang panisch. Ich drehte mich um und sah ihn auf dem Boden hocken. Als ich näher kam, sah ich, dass dort noch jemand war. Oder besser lag. Als ich angekommen war, blieb mir das Herz stehen. Ich bekam Flashbacks von meinem Traum. Er war real geworden. Vor mir lag Draken. In einer großen Blutlache. Er wurde erstochen. "Yuna! Ich hab einen Krankenwagen gerufen. Hilf mir, ihn zur Straße zu bringen!" ich kam aus meiner Starre und half Takemichi, Draken zu tragen. Mikey sah uns, konnte uns aber nicht folgen, da ihm immer noch dieser Typ nervte. Wir liefen so schnell es ging. Draken kam plötzlich zu Bewusstsein. " Yuna... Was machst du denn hier?" seine Stimme war leise und doch konnte ich ihn verstehen. "Das spielt keine Rolle. Es wird alles gut. Hilfe ist unterwegs. Aber scheiße, bist du schwer!" den Kommentar konnte ich mir nicht verkneifen und Draken lachte kurz, ehe er wieder das Bewusstsein verlor. Wir kamen in einer Gasse an, in welche Takemichi den Krankenwagen bestellt hatte. Doch er war noch nicht da. Stattdessen wurden wir von 5 Leuten erwartet. Als sie aus dem Halbschatten traten, erkannte ich Kyomasa. Er hatte ein blutverschmiertes Messer in der Hand. Er war es. Er hatte Draken erstochen. Mir lief es eiskalt den Rücken runter. "Ich mach das." sagte Takemichi und half mir Draken hinzulegen. Ich konnte nur nicken und während Takemichi nun mit den Jungs beschäftigt war, kramte ich mein erste Hilfe Set raus und begann, Draken einen Druckverband anzulegen. Er stöhnte auf vor Schmerz und beobachtete mich, wie ich an ihm rumhantierte. "Wie war das Treffen mit Mikey?" fragte er auf einmal. Ich presste meine Hände auf seine Wunde und er zuckte kurz zusammen. "War ganz gut. Als es angefangen hatte zu regnen, bekam Mikey eine Nachricht. Wir wurden zu irgendwer Garage beordert. Aber das war nen Hinterhalt. Dann hat mich Hina angerufen und gesagt, dass hier die Hölle ausgebrochen sei. Dann sind wir hergekommen." erklärte ich und tastete nach seinem Puls. Er grinste. "Verdammt. Diese ganze Scheißaktion hat euer Date zerstört." wieder das mit dem Date. "Es war kein Date. Nur ein Treffen. Wieso sagen alle, wir wären zusammen?" es nervte mich. Dieses Thema. Die ganze Zeit. Draken sah mich noch kurz an, ganz so, als würde er überlegen weiter auf das Thema einzugehen oder nicht. Doch dann sprach er. "Wenn ich mit Mikey unterwegs bin, redet er so gut wie immer nur über dich. Wie beeindruckend er dich findet, wie sehr er dich bewundert. Er hat sich nie zuvor für Mädchen interessiert. Du bist ihm echt verdammt wichtig geworden. Ich denke, dass er viel mehr für dich empfindet, als er sich selbst eingesteht." das musste ich erstmal verdauen. Mikey mochte mich? Tränen verließen meine Augen und ich sah zu Draken. "Warum? Warum ich? Bei all den Mädchen die es auf dieser Welt gibt, wieso denn ausgerechnet ich? Ich versteh das nicht. Wie kann man denn jemanden wie mich mögen?" wimmerte ich. Draken brauchte lange, um zu antworten. Er verlor allmählich wieder das Bewusstsein. "Weil er in dir etwas ganz besonderes sieht." hauchte er langsam, während er wieder die Augen schloss. Einen Moment lang war es still. Dann hörte ich die Sirenen des Krankenwagens. Ich sah mich um. Und entdeckte Hina und Ema, die, noch immer im Kimono, zu Takemichi sahen, der sich seine blutende Hand hielt. Wahrscheinlich hat ihn Kyomasa mit seinem Messer erwischt. Doch auch Takemichis Freunde waren da. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sie gekommen sind.
Der Krankenwagen kam und es ging in Windeseile zum Krankenhaus. Nachdem ich dem Arzt meinen Sonderausweis gezeigt hatte, weihte er mich in die aktuelle Situation ein. Draken hatte starke innere Blutungen und musste notoperiert werde. Während der Fahrt, hatte er einen kurzzeitigen Herzstillstand und musste beatmet werden, da sein Gehirn nicht mehr ausreichend versorgt wurde. So standen wir nun vor dem OP Saal und waren alle bis in den letzten Nerv angespannt. Es waren viele Mitglieder von Toman gekommen. Unter anderem auch Peh, Mitsuya, Chifuyu, Baji und Smiley. Ich sah, das Hina beruhigend auf Ema einredete, da sie um Draken weinte. Ich seufzte. Die Liebe kann einem wirklich den letzten Nerv rauben. Ich sah Mikey, der etwas abseits auf einer Bank saß und ins Leere starrte. Vorhin meinte er nur, dass Draken auch jeden Fall überleben würde, da er es nicht wagen würde Mikey zu verlassen. Doch jetzt, wo ich ihn so alleine da sitzen sah, wusste ich, dass er nur auf großen Boss spielte, um der Gang gegenüber keine Schwäche zu zeigen. Ich lief zu ihm rüber und setzte mich neben ihn. "Alles in Ordnung?" fragte ich leise, sodass nur er es hören konnte. Er sah mich nicht an. "Ja. Dir?" fragte er knapp. "Naja sagen wir mal entsprechend der Situation. Ich bin mir sicher, dass Draken durchkommen wird. Ich hab seine Werte ja gesehen. Er schafft das schon." ich versuchte mit meinen Worten, Mikey aufzumuntern, doch es schien nicht zu funktionieren.
Nach ganzen 4 Stunden, ging das Licht über dem OP Saal aus und ein Arzt kam heraus. Ich ging zu ihm und die anderen reihten sich um mich. "Herr Ryuguji wurde soeben auf die Intensivstation gebracht. Die Operation war erfolgreich. Er muss weiter beobachtet werden und ich noch nicht bei Bewusstsein, aber seine Werte sind stabil." erklärte er und alle atmeten auf. Ema fing an zu Weinen vor Erleichterung und auch die Jungs mussten kämpfen, um ihre Tränen zurückzuhalten. Sie fielen sich gegenseitig in den Arm und lachten über diesen ganzen Wahnsinn hier. Als dann alle das Krankenhaus verließen, verlor ich Mikey aus den Augen. Ich sah mich um, und entdeckte ihn, wie er in einer abgelegenen Ecke kauerte und das Gesicht in den Händen vergraben hatte. Ich ging zu ihm, hockte mich auf den Boden und nahm ihn in den Arm. Er schrak zurück und sah mich mit glasigen Augen an. Tränen rannen ihm über die Wangen und tropften auf den Boden. Schnell wischte er sich übers Gesicht. "Was machst du hier?" fragte er leise. "Ich hab dich gesucht. Mir war klar, dass das ganze nicht schonungslos an dir vorbeiziehen würde. Du bist schließlich auch nur ein Mensch." er starrte mich einfach nur an und ließ dann seinen Kopf an meine Brust fallen. Ich streichelte ihn über den Kopf und ließ ihn weinen. Er schein zu merken, dass er mir nichts vormachen konnte. Als er sich nach einer kleinen Ewigkeit beruhigt hatte, löste er sich aus unserer Umarmung und sah mich an. "Wieso bist du so zu mir?" fragte er noch etwas stockend. "Wie soll ich denn zu dir sein?" fragte ich. "Naja, du bist irgendwie anders als die anderen. Für die anderen bin ich der große Mikey, Boss von Toman und stärkster Kämpfer hier in der Gegend. Aber du... Du siehst mich ganz anders. Du siehst in mir den verletzlichen Mikey, der sich für andere einsetzt und Angst hat. Du siehst mich so, wie ich es versuche vor anderen zu verstecken. Sag mir, warum du dich trotzdem noch mit mir abgibst, obwohl ich so eine Nullnummer bin." bat er und senkte den Blick. Ich lehnte mich etwas zurück und dachte nach. "Ich kann es dir auch nicht so genau beantworten. Ich bin ein Mensch, der keine Vorurteile gegenüber anderen hat. Ich habe ein gutes Gespür für Menschen. Ich sehe sofort, wenn es jemandem nicht gut geht, oder irgendwas nicht in Ordnung ist. Ich weiß, dass du vor der Gang den Starken spielen musst um deinen Posten zu verteidigen. Aber du bist eben auch nur ein Mensch mit Gefühlen und Empfinden. Deswegen finde ich es überhaupt nicht schlimm, dass du gerade geweint hast, oder Schwäche gezeigt hast. Ich mag dich einfach genauso wie du bist." er sah mich lange an, ließ meine Worte auf sich wirken, ehe er schließlich aufstand. Ich tat es ihm gleich und Wir atmeten beide tief durch. "Danke, Yuna. Also was meinst du? Meinst du, du kannst mich zu Kenny durchschleusen? Ihn dürfen eigentlich nur Familienmitglieder besuchen." er strahlte mich plötzlich an, mit so viel Hoffnung in seinem Blick, dass mir der Atem wegblieb. "Ich kann nichts versprechen. Aber ich sehe, was ich tun kann." er sprang mich an vor Freude, aber ich wich gekonnt aus und er fiel fast hin. Ich lachte und er stieg mit ein. Es war schon dunkel draußen geworden und so brachte mich Mikey nach Hause. Ich duschte mich und zischte auf, als das Shampoo über meinen Köper floss. Ich hatte vom Kampf überall Schürfwunden und leichte Prellungen und es brannte höllisch. Schnell zog ich mir meinen Schlafanzug an und legte mich schlafen. Doch zur Ruhe kam ich noch lange nicht. Die ganze Zeit spukte mir Drakens blutüberströmter Körper durch den Kopf. War das wirklich nur Zufall? Oder eine Art Vision? Oder vielleicht etwas ganz anders? Ich wusste es nicht. Je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger Sinn ergab das Ganze. Schließlich fiel ich in einen unruhigen Schlaf. Doch diesmal träumte ich nicht von Drakens leblosen Körper, sondern von Mikeys.

Durch die Zeit, durch das LeidWhere stories live. Discover now