Kapitel 24

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Nachdem wir den Laden blitzblank geputzt hatten, war es an der Zeit, die Lebensmittel nach den Haltbarkeitsdaten zu überprüfen. Mikey hatte ziemlich Spaß dabei. Er fand dauernd neue Dinge, die er noch nie gegessen hatte, und beschloss sich ein paar der Dinge zu kaufen. Natürlich nahm er es nicht einfach. Sein Opa schien ihn wirklich gut erzogen zu haben. Nachdem wir nach einer halben Ewigkeit endlich fertig waren, stöhnte Mikey auf. "Man, das hat ja wirklich ewig gedauert!" sagte er und streckte sich ausgiebig. Ich lachte. "Tja, so ist das halt. Na komm. Wir sind noch nicht fertig." sagte ich und ging wieder durch die Regale. Er folgte mir. "Was kommt jetzt?" fragte er interessiert. Ich blieb vor den Instant-Nudeln stehen. "Wir müssen sortieren. Am besten wäre es, wenn wir von mild zu scharf sortieren. Ich fang oben an und du unten, ja?" er nickte und wir machten uns an die Arbeit. "Und das machst du wirklich jeden Tag?" fragte er beiläufig. "Ja." antwortete ich knapp. "Ist das nicht zu stressig? Ich meine die Arbeit hier, dann noch Schule und lernen und dann noch die Gang. Ist dir das nicht zu viel?" fragte er. Ich schüttelte entschlossen den Kopf. "Naja, was soll ich denn sonst machen? Von alleine zahlt sich die Miete nicht. Mit der Schule komm ich klar. Und die Gang ist ja jetzt wirklich nichts, worüber ich extremst viel zu lernen hätte." sagte ich. Mikey kniete sich plötzlich zu mir nach unten und sah mir direkt in die Augen. "Das mag schon sein. Aber gerade jetzt steht bald ein Kampf an. Und der fällt, wie es aussieht, genau in deine Schicht. Wenn du geschlagen wirst... Wirst du dann noch arbeiten können? Ich meine du bedienst auch Kunden. Kannst du mit nem blauen Auge wirklich weiter hier arbeiten?" fragte er besorgt. Ich dachte einen Moment darüber nach. "Als ich zugestimmt habe, der Gang beizutreten, wusste ich auf was ich mich einlasse. Und du hast recht. Mit nem blauen Auge wäre es schwer zu arbeiten. Aber es macht mir sehr viel Spaß mit den anderen Gangmitgliedern abzuhängen, an Versammlungen und Kämpfen teilzunehmen und mit dir auf deinem Bike umherzufahren." Mikey sah mich noch immer nachdenklich an. "Außerdem gibt es nichts, was man nicht mit Make-Up verbergen kann. Mach dir also keine Sorgen." ich wollte meine Arbeit fortsetzen, doch seine Hand packte mein Handgelenk und stoppte mich in meinem Tun. Ich sah ihn überrascht an. In seinem Blick lag tiefe Sorge und ein Hauch von Trauer. "Ich soll mir keine Sorgen machen? Wie soll das gehen? Du gehst zu einem Kampf, indem wir deutlich unterlegen sind. Du wirst verletzt werden... Wenn ich auch nur daran denke, was passieren könnte..." er vergrub sein Gesicht in den Händen. "Ich werd dich nicht beschützen können. Du wirst verletzt werden, ohne dass ich dir helfen konnte... Und das nur, weil ich dich in die Gang geholt habe... Wenn dir was schlimmes passiert... Das könnte ich mir nie verzeihen..." Seine Stimme brach. Weinte er etwa? Ich konnte es nicht sehen. Doch seine Schultern begannen zu beben. Scheinbar hatte er gerade eine bildliche Vorstellung davon, was mit mir passieren könnte, Mir wurde schwer ums Herz und ich legte meine Arme um ihn, sodass sein Kopf an meiner Brust lehnte. Er versuchte sein zittern zu verbergen, zog scharf Luft ein, als er merkte, was ich tat. Ich begann, ihm leicht über das Haar zu streichen. "Mikey...Egal was mit mir passiert. Ich gebe dir nie die Schuld daran. Du hast mich in die Gang geholt. Aber es war meine eigene Entscheidung beizutreten. Und genauso ist es meine Entscheidung, bei dem Kampf dabei zu sein." ich machte eine Pause und ich spürte, wie sich Mikeys Atem langsam beruhigte. "Bei einer Prügelei ist es logisch, dass man verletzt wird. Und ich muss gestehen, dass ich wirklich ein bisschen Angst vor Hanma habe... Aber wir beide sind da nicht allein. Alle Mitglieder der Gang helfen sich gegenseitig und unterstützen einander. Ich weiß nicht, welches Szenario du gerade im Kopf hast...Aber selbst, wenn ich abgestochen werden würde, wüsste ich, was zu tun ist." während ich sprach, wurde ich immer leiser. Eine Zeit lang passierte gar nichts. Doch dann legte Mikey vorsichtig seine Arme um meine Taille. "Ich hab Angst...Ich hab so große Angst, dass dir was passieren könnte...Ich will nicht, dass dich wieder irgendwer einfach so anfasst... Ich will, dass du keine Angst mehr haben musst. Aber ich kann sie dir einfach nicht nehmen, weil ich nicht immer bei dir sein kann..." erneut brach seine Stimme und er schluchzte. Mein Herz fühlte sich an, als würde ich jeden Moment zerspringen. Mikey spielte immer den Starken. Das er jetzt hier vor mir kauerte und mir eine seiner scheinbar größten Schwächen erzählte, machte mich unglaublich traurig. Aber irgendwie war ich auch froh darüber, dass es sich mir anvertraute. Und gleichzeitig hatte ich Angst. Ich wollte mich nicht an jemanden binden. Ich könnte es nicht vertragen, nochmal jemanden zu verlieren, der mir wichtig ist. Doch ich musste selbst begreifen, dass es schon längst zu spät war. Ich hatte mich in Mikey verliebt. Auch wenn ich Angst hatte, war ich bereit, mich an ihn zu klammern und zu binden. Egal, wie sich unsere jetzige Beziehung entwickeln würde. Wenn ihm etwas zustoßen würde, wäre ich extrem traurig. Ich würde an diesem Verlust zerstört werden. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich mir sogar das Leben nehmen würde. So weit, war ich bereit für ihn zu gehen. 

Durch die Zeit, durch das LeidDonde viven las historias. Descúbrelo ahora