Kapitel 28

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Der große Tag war nun endlich gekommen. Der finale Kampf zwischen Toman und Valhalla. Ohne große Umschweife ging es um halb 10 Uhr morgens zum Schrottplatz. Als mich Mitsuya abgeholt hatte, war ich bereits fertig. Ich hatte meine Ganguniform angezogen, meine Bauchtasche mir erste Hilfe Zeugs voll geklatscht, mein Haar zu einem Knoten gebunden und jeglichen Schmuck beiseite gelegt. Schweigend fuhren wir zum Schrottplatz, stießen dort bereits auf ein paar andere Mitglieder sowohl von Toman, als auch von Valhalla. Doch zweitere ignorierten uns geschickt. Die Mitglieder von Toman gesellten sich zu uns, und wir berieten uns. Laut Plan, sollte der Kampf um Punkt 10 stattfinden. 

Nach kurzer Zeit erschienen die restlichen Mitglieder. Ich ging sofort zu Mikey und Draken, die todernst vor sich hin starrten. Ich musterte Mikey unmerklich. Er hatte seine lange Gangjacke um die Schultern gelegt, die ihn als Boss markierte. Sein Haar trug er wie immer, auch wenn es auf mich den Eindruck machte, als würde es heute besonders fest zusammen gebunden worden sein. Doch mein Blick wanderte zu seinem Oberkörper, der sich frei entblößte. Sein Bauch war bandagiert, um starke Verletzungen zu vermeiden, seine Bauchmuskeln waren trotzdem deutlich zu sehen, ebenso wie der Rest seines muskulösen Körperbaus. Schnell schüttelte ich den Kopf, um die schmutzigen Gedanken beiseite zu schieben. Dafür war jetzt wirklich keine Zeit. "Bist du bereit?" fragte mich Mikey, leicht besorgt. Ich nickte entschlossen. "Ja. Lasst uns Valhalla in den Arsch treten." sagte ich und ballte die Faust. Draken grinste auf meine spitze Bemerkung. "So lob ich mir das. Na dann." Er nickte zur Mitte des Platzes, wo nun eine mir völlig fremde Person vortrat. Er hielt irgendeine Rede und in der Zeit prüfte ich meine Umgebung. Der Schrottplatz war überall von Zäunen umgeben. Nur an einer Stelle war ein Durchgang. Dieser befand sich zum Glück auf unserer Seite. Ansonsten waren in den Ecken nur Haufen von alten Schrottautos und anderem Müll, auf welchem andere Typen aus den unterschiedlichsten Gangs hockten und alles beobachteten. Unter ihnen waren natürlich auch meine Brüder, die mich mit undurchdringlicher Miene beobachteten. Ich nickte ihn unmerklich zu, um zu zeigen, dass alles in Ordnung sei. Es waren auch noch andere Leute anwesend, die scheinbar auch zu irgendwelchen Gangs gehören sollten. Allerdings kannte ich keinen von ihnen. Einer dieser seltsamen Typen trat nun in die Mitte, und war von der einen Seite von Toman mit den Schwarzen Uniformen, und von der anderen Seite von Valhalla mit ihren weißen Uniformen umgeben. Der hatte ja Nerven. Er erhob das Wort. "Heute treten zwei Gangs gegeneinander an. Einmal Valhalla und einmal die Tokyo-Manji-Gang. Es soll ein fairer Kampf werden. Um die Stärke des Gewinners festzuhalten, haben sich heute hier einige hohe Tiere von anderen Gangs aus ganz Tokyo versammelt. Ich werde bei diesem Kampf den Schiedsrichter abgeben. Also fangen wir an. Mögen die Vizekommandanten der beiden Gangs nach vorn treten!" brüllte er. Schiedsrichter? Im ernst? Das würde niemals funktionieren. Besagte Personen traten nach vorne. "Der Kampf beginnt mit einem ein mal eins Battle der Vize." So läuft der Hase also. So ein Anfangskampf entschied meistens schon über den gesamten Verlauf des eigentlichen Kampfes. Sobald einer fällt, wird der ganzen anhängenden Gruppe gezeigt, wie stark der Gegner ist. Durch eine anfängliche Niederlage wird der Kampfgeist stark beeinflusst.

Kazutora schien nichts von diesem Kampf zu halten. Er holte aus und schlug den Schiedsrichter mit einem Schlag k.o. "Was soll der Scheiß?! Ein Schiedsrichter? Zeugen? Das ist ein Kampf zwischen zwei Gangs! Scheiß auf irgendwelche Regeln!!" rief er. Hanma, welchen ich selbstverständlich schon wahrgenommen hatte, setzte sein schmutziges Grinsen auf und zeigte mit dem Finger auf uns. "Na los Männer! Macht sie fertig!" rief er. Valhalla begann zu brüllen und stürmte nun auf uns zu. Mikey gab ebenfalls das Zeichen für den Angriff, und schon bald prügelten sich Valhalla und Toman auf dem gesamten Schrottplatz. Es war ein einziges Chaos und während ich mich durch die Reihen schlug, konnte ich aus machen, wer gegen wen kämpfte. Ich sah, wie Mikey gerade einen Schlag von Kazutora blockte, wie Hanma Draken in die Mangel nahm, und wie sich Chifuyu und Takemichi zusammen geschlossen hatten. Mitsuya kämpfte gerade allein gegen sechs andere Typen. Kurzerhand eilte ich zu ihm und half ihm, wieder die Oberhand zu erlangen. Mit einem lächeln bedankte er sich bei mir, ehe er wieder im Kampfgeschehen aus den Augen fiel. Ich kämpfte alleine weiter, kassierte natürlich auch die ein oder anderen Schläge, doch das hielt mich nicht auf. Ganz im Gegenteil. Die Schläge die ich einstecken musste, verliehen mir die Kraft weiterzumachen und noch mehr Kraft in meine eigenen Schläge zu stecken. Doch nach einiger Zeit spürte ich deutlich, was ich alles zurückgesteckt hatte. Mein ganzer Körper schmerzte und ich wurde immer langsamer. Gerade, als ich zwei Typen ausgeknockt hatte, ertönte ein Schrei. Ich drehte mich um und sah, wie Takemichi wild mit den Armen rudernd durch die Leute rannte und sich lauthals die Seele aus dem Leib schrie. Als ich mich weiter umsah, bemerkte ich, dass viele unserer Leute an ihre Grenzen gekommen waren. Doch nun hallte lautes Gebrüll der Entschlossenheit durch die Reihen Tomans. Kurz darauf, kippte Takemichi um, wurde aber von Mitsuya aufgefangen. Ich musste schmunzeln. Takemichi war im Kämpfen echt ne Niete. Aber wenn es ums Durchhaltevermögen ging, übertraf er selbst Mikey. Mit neuer Kraft schlug Toman wieder zurück und brachte Valhalla ordentlich ins Taumeln. Der Kampf schien so gut wie gewonnen, als ich einen dumpfen Schlag vernahm, und Drakens Stimme kurz darauf durch den ganzen Schrottplatz hallte. "MIIIIIKKKKKKEEEEYYYY!!!!!" brüllte er. Sofort schoss mein Kopf in die Richtung, aus der das dumpfe Geräusch erklungen war. Mit stockte der Atem. Ich sah, wie Kazutora mit einem Stahlrohr vor Mikey stand, welcher mit einer gigantischen Platzwunde an der Stirn zu Boden ging und dort reglos liegen blieb. Kazutora hatte Mikey erschlagen. Ganz Toman schien in Schockstarre zu sein. Jeder starrte auf den reglosen Mikey. Ich wusste nicht, was ich sagen oder gar denken sollte. Mein Kopf war absolut leer. Es gab nur einen einzigen Gedanken, der mich antrieb. Ich musste zu Mikey. Und zwar sofort. Leider schien ich nicht die einzige zu sein, die so dachte. Denn auf einmal rannten alle los. Mitglieder von Toman rannten auf ihren bewusstlosen Anführer zu, doch Valhalla war noch immer deutlich in der Überzahl und hielt sie auf. Ich rannte ebenfalls los, versuchte mir einen Weg durch das Chaos zu bahnen. Kurz bevor ich den großen Schrotthaufen, auf dem sich alles abgespielt hatte, erreicht hatte, Sprang von hinten erneut jemand auf Mikey zu, diesmal mit einem Messer in der Hand. Ich würde nicht rechtzeitig kommen. Ich war zu weit weg! Scheiße, was jetzt?! Ist dass das Ende? Nein. Das durfte einfach nicht sein! Ein Mitglied von Toman sprang dazwischen und schlug den Angreifer beiseite. Fast hätte ich applaudiert, wäre besagter Retter nicht Kisaki gewesen. "Ich beschütze dich. Nicht wahr, Boss?" sagte er. Hinter ihm, kam Mikey wieder auf die Beine. Sein Haar klebte ihm blutverschmiert am Kopf und noch immer blutete er aus seiner Platzwunde. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, doch seine Haltung und seine Ausstrahlung verrieten mir, dass etwas ganz uns gar nicht stimmte. Ich versuchte zu ihm zu kommen, aber ich wurde immer wieder aufgehalten. Und mit einem Mal war Kisaki verschwunden und Mikey wurde wieder in die Mangel genommen. Drei weitere Typen von Valhalla hatten ihn umzingelt und zwei davon hielten ihm im Schwitzkasten. Doch das war noch nicht das schlimmste. Kazutora hatte wieder das Stahlrohr in die Hand genommen. Und während er irgendwas erzählte, schlug er damit immer wieder auf Mikey ein, bis das Blut nur so spritzte. Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Ich war so im Schock, dass ich gar nicht mehr richtig wahrnahm, gegen wen ich hier eigentlich kämpfte. Doch es interessierte mich auch gar nicht. Im Moment war in meinem Kopf nur Mikey. Am Rande meines Blickfeldes nahm ich nur war, wie Hanma sich an mich ranmachen wollte, aber von Draken gekonnt ausgeknockt wurde. Mikey besprach irgendwas mit Kazutora, und war mit einem mal wie ausgewechselt. Er hob das Bein, an welchem ein Typ hing, und schleuderte es gegen Kazutoras Kopf. Wie in Zeitlupe flog dieser durch die Luft und landete mit einem poltern auf einem kaputtem Auto. Mikey stand auf, verprügelte die anderen beiden Typen und ließ seinen Blick dann über uns schweifen. Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Mikey war nicht mehr der, den ich kannte. In seinen Augen sah ich nur den blanken Hass und ein Gefühl, welches mir das Blut in den Adern gefrieren ließ : Mordlust. Einen Moment lang schien die Zeit still zu stehen. Jeder der Toman starrte entsetzt auf ihren ausgewechselten Anführer. Man bemerkte es erst, als es zu spät war, denn mit einem Mal kam Baji aus dem Nichts gesprungen und ging auf Kisaki los. Doch er wurde von einem Toman Typen aufgehalten und vom Schrotthaufen geschleudert. Gerade, als er wieder nach oben wollte, stellte sich ihm Chifuyu in den Weg. Sie redeten miteinander. Wahrscheinlich  versuchte Chifuyu Baji davon abzuhalten auf Kisaki loszugehen, da es ein Verrat gegenüber Mikey wäre. Doch Baji holte nur mit einem Rohr aus und schlug seinen Freund beiseite. Chifuyu kam wieder schwankend auf die Beine und hechtete seinem Freund hinterher. Plötzlich war auch Takemichi da und versuchte Baji aufzuhalten. "Los Chifuyu! Mach schon!" brüllte er. Chifuyu blieb vor den beiden stehen und auch, wenn ich es nicht richtig erkennen konnte, meinte ich, dass er weinte. "Ich kann meinen Freund nicht schlagen." schniefte er. Keiner sagte mehr was, doch mit einem Mal tauchte Kazutora wieder auf und stach Baji ein Messer in den Bauch. Dieser keuchte auf, doch schleuderte sowohl Kazutora, als auch Takemichi weg. Er blieb stehen, wirkte völlig unbeeindruckt, und das obwohl sich die Stelle an seinem Bauch rot färbte. Diese Verletzung war tödlich. Doch er winkte vollkommen ab und band sich sein langes schwarzes Haar zu einem Zopf. Auf dem Schrottplatz um Kisaki hatten sich mittlerweile fast 50 Toman Leute versammelt, auf die Baji jetzt losging. Er rannte durch die Reihen, schlug einen nach dem anderen K.o. bis er schließlich oben bei Kisaki ankam. Doch bevor er auch ihn schlagen konnte, fiel er auf die Knie und spuckte Blut. Scheiße. Ich musste unbedingt etwas unternehmen. Ich wollte auch da hoch, und machte mich auf den Weg, doch ich wurde von jemanden zur Seite gestoßen, und spürte etwas kaltes an meiner Seite. Gerade noch so schaffte ich es mein Gleichgewicht zu halten, doch irgendwie wurde mir langsam schwarz vor Augen. Was war hier los? Ich sah mich um und blickte in Hanmas siegessicheres Gesicht, der mich grinsend ansah. "Du kleine Schlampe. Endlich hab ich dich. Und jetzt stirb!" mit einem kräftigen Ruck zog er das lange Messer aus meiner Seite und stieß mich zu Boden. Erst jetzt begriff ich die Situation. Hanma hatte mich mit einem Messer aus dem Hinterhalt abgestochen. Ich blieb reglos am Boden liegen, versuchte mit aller Macht nicht in Panik auszubrechen und ruhig zu atmen. Doch ich musste um jeden Preis wachbleiben. Ich durfte das Bewusstsein nicht verlieren. Ich spürte, wie das Blut aus meinem Körper floss und presste die Hand an die Stelle. "YUNA!!" brüllte jemand meinen Namen. Ich konnte die Stimme der Person nicht zuordnen. Doch Hanma war verschwunden. Draken kam zu mir gerannt. "Scheiße! Du bist Expertin. Sag mir was ich machen soll!" rief er. Mit meiner freien Hand deutete ich auf meine Bauchtasche. Er öffnete sie und holte alles raus, was ich eingepackt hatte. "Die... Bandage...in die...Wunde stopfen..." hauchte ich leise. Meine Atmung beschleunigte sich. Nicht bewusstlos werden. Bitte nicht!  Draken hob mein Shirt an, entblößte meinen Bauch und tat wie geheißen. Er stopfte die Bandage in meine Wunde rein und wickelte sie dann um meinen Bauch. Es tat höllisch weh und ich biss fest die Zähne zusammen. Aber das war der einzige Weg, um die Blutung möglichst schnell zu stoppen. Als er fertig war, sah er mich wieder an. "Was jetzt?" fragte er panisch. Ich deutete auf die Traubenzucker und die kleine Wasserflasche und er verstand sofort. Während er mir half, mich in eine aufrechte Position zu begeben, pfiff ich mir alle Traubenzucker rein und trank die ganze Flasche leer. Als sich mein Blick wieder geschärft hatte sah ich mich um. Und nun zum dritten mal, schien mein Herz fast stehen zu bleiben. Denn das Szenario, welches sich mir bot, schockte nicht nur mich, sondern alle hier Anwesenden. Mikey hockte auf Kazutora und schlug auf ihn ein. Wieder und wieder. In einer anderen Ecke heulte sich Chifuyu die Augen aus. In seinen Armen lag ein lebloser Baji. Kazutora schien schon längst das Bewusstsein verloren zu haben, doch Mikey hörte nicht auf. Er schlug einfach weiter, in seinem Blick nur eine endlose Leere zu finden. Er würde ihn töten. Das durfte nicht passieren! Das hieße ja, dass sich die schreckliche Zukunft bewahrheiten würde! Ich konnte mich nicht bewegen. Verdammte Scheiße. So durfte es nicht enden.

Durch die Zeit, durch das LeidDonde viven las historias. Descúbrelo ahora