Kapitel 20

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Trüb blickte Soran in das ruhige Wasser. Die Schaumschicht, die es einst geziert hatte, war weniger geworden und schwamm nur noch wie eine milchige Schicht auf dem Wasser, welche sich bei jeder Bewegung an seine Haut klammerte. Immer wieder fuhr er durch die weiße Schicht und ließ sein Spiegelbild im Wasser erscheinen. Seine Augen waren nicht mehr gerötet und seine Haut schien das erste Mal seit Ewigkeiten an Farbe zu gewinnen. Langsam ließ er seinen Körper von der Steinbank, welche sich Unterwasser einmal um den Pool zog, gleiten und weiter ins Wasser sinken. Die Wanne war groß genug, um das er sich ausstrecken konnte, ohne die Bank zu berühren und tief genug, um das er ohne die Bank nicht den Boden berühren würde und das Wasser am Grunde bereits schwärzlich wirkte. Sein Kopf sank weiter in die Wärme ein, bis er nur noch in der Leere zu schweben schien.

Es ist so ruhig, endlich.

Immer wieder stieß er ein bisschen Luft aus seinen Lungen, um tiefer einzusinken und sah dabei zu wie die Luftblasen zur Oberfläche drangen und platzten. Je weiter er in die Schwärze glitt, umso ruhiger schien es zu werden.

Es soll immer so ruhig sein. So ruhig, dass alles was ich höre mein Atem ist. Die letzten paar Tage waren zu viel. Eigentlich ist alles zu viel. Jeder Tag, jede Woche, jeder Monat, jedes Jahr meines verdammten Lebens.

Soran wusste nicht, wie lang er Unterwasser verweilte, bis die Luft in seinen Lungen knapp wurde. Doch sein Körper wollte sich nicht bewegen. Er wollte sich nicht bewegen. Er wollte für immer Unterwasser in der Ruhe verweilen. Ohne Pflichten, ohne Konsequenzen, ohne Einschränkung, ohne ein kaltes Herz, welches ihm Chancen nahm, über die er noch nicht einmal angedacht hatte. Doch die Luft wurde immer knapper und seine Sicht langsam schwammig. Er hatte keine Kraft mehr, schon die ganze Zeit hatte nur das Wasser seinen Körper getrieben. Der einzige Grund, warum sein Körper noch nicht umgekippt war, war der nasse Rand hinter ihm gewesen, doch er hatte sich von dem Stein gelöst und sich dem Wasser hingegeben. Er hatte sich der Kraft eines anderen Ausgesetzt und ließ sich von dieser kontrollieren. So wie er es schon sein ganzes Leben getan hat.

Noch bevor er sich wehren konnte griff eine Hand unter seinen Kopf und zog ihn hoch. Hart hustete er etwas Wasser hoch, welches er unbemerkt geschluckt hatte und blickte sich verwirrt um. Reagans Augen leuchteten vor Zorn, so sehr, dass Soran einige Meter zurückweichen wollte und nur von dem festen Griff in seinem Haar gestoppt wurde. Die grauen Augen hatten ihn fixiert und ließen ihn nicht mit entrinnen. Aus seinem Mund drang kein Wort. Er schwieg. Soran wusste nicht, ob es seine Situation verbesserte oder gar nur schlimmer machte. Normalerweise würde er es bevorzugen, wenn Menschen schwiegen, doch Reagan war kein Mensch und in seiner Ungewissheit zu schweben machte Soran mehr Angst als die Worte des Zorns die Folgen könnten.

Aber Zorn war nicht das Einzige, das sich in den Augen spiegelte, irgendwo tief verborgen hinter der Kälte lag Besorgnis. Verschleiert von seiner eigenen Wut und kühle. Aber sie war da und sie wurde stärker je mehr Sekunden verstrichen. Schwer atmete Reagan aus und schien sein Gemüt zu beruhigen, bevor er in seiner ruhigsten Stimme versuchte die Worte, die ihm auf der Seele lagen auszusprechen. „Hast du komplett deinen Verstand verloren? Glaubst du ich rette dich nur um das du dich am nächsten Tag ertränken kannst?" Auch wenn er versuchte es zu verstecken war seine Stimme mit der gleichen Wut getränkt, die auch in seinen Augen lag. „Ich wollte nicht...Ich wäre gleich wieder hochgekommen." Fast schon verächtlich erklang ein tiefes Lachen und Reagans Augen leuchteten auf. „Gleich wieder hochkommen? Würde ich dich nicht halten würdest du jämmerlich untergehen." Schwer seufzte der König und ließ den Blick in seinen Augen sanft werden. Vorsichtig zog er Soran näher an sich ran und ließ ihn sich erneut auf die Bank setzen.

„Wie habt Ihr es mitbekommen..., dass ich Unterwasser war?" Sorans Mund weigerte sich das Wort ertrinken auszusprechen, selbst als er merkte wie das Adrenalin durch seine Adern schoss und sein Brustkorb sich immer noch schnell vor Atemlosigkeit hob. „Ich habe dein Atem nicht mehr gehört. Ich hatte es irgendwie schon vermutet und die Tür offengelassen und als dann dein Atem verschwand wusste ich das du nicht mehr allein hochkommen würdest." Schweigend nickte er und ließ sich wieder so weit in das kühle Wasser gleiten, das sein rechter Arm von diesem Bedeckt wurde und die Blitznarbe, die sich wie Wurzeln über seinen Arm zog, in der Dunkelheit verschwand.
„Du solltest aus dem Wasser kommen, es wird kalt." Ohne auf Sorans Antwort zu warten, legte er ein großes Handtuch auf den Boden und hob einen vor Überraschungen auf keuchenden Soran aus dem Wasser.
„Abtrocknen solltest du dich alleine können."
Vor Schreck zuckte Sorans angespannter Körper zusammen, als ein weiches Handtuch über seine Schulter geschlungen wurde und Reagan den Raum verließ.
„Er hätte mich ja wenigstens mal warnen können." murmelte Soran so leise vor sich hin das nicht einmal er seine eigenen Worte verstand, bevor er mit dem Stoff begann die Tropfen auf seiner Haut zu trocknen und die Kleidung, die neben ihm lag, anzog.

Crimson Stars [Boyxboy]Where stories live. Discover now