Kapitel 15

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»Du hast versucht, mich zu erreichen?«

»Ja, kein Scheiß, du Meisterdetektiv«, brumme ich sarkastisch, doch Sten übergeht meinen Kommentar einfach.

»Wie geht es dir, Florentina?«

Ich lache trocken. »Puh, ganz ehrlich? Ich krieg langsam Kopfschmerzen von diesem Blumenduft.« Ich kneife die Augen zusammen. Warum um alles in der Welt fällt es mir so schwer, einfach Danke zu sagen?

»Oh, dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich habe nicht wirklich darauf geachtet, ob die Blumen geruchstechnisch miteinander harmonieren würden. Ich habe solche ausgesucht, die mich irgendwie an dich erinnert haben.«

Mir bleibt schier die Spucke weg. Ich weiß einfach nicht, was ich darauf sagen soll.

»Wow, hat es dir die Sprache verschlagen? Dass ich das noch miterleben darf...«

Erleichtert atme ich auf. Mit unserem Geplänkel kann ich viel besser umgehen.

»Ach, halt die Klappe. Wenigstens klingt das, was ich sage, nicht immer, als wäre ich gerade achtzig geworden.«

»Willst du damit andeuten, dass meine Ausdrucksweise altmodisch ist?«

»Ja, genau das will ich.«

»Hm, ich würde es eher als eine gewählte, elegante Ausdrucksweise betrachten – etwas, wovon du vielleicht nicht gerade viel Ahnung haben dürftest.«

Ich werfe den Kopf in den Nacken und lache laut. Sten stimmt einen kurzen Moment später ein und ich kann nicht verhindern, dass ein sanfter Schauer über mein Rückgrat wandert. Diese Auseinandersetzung ist freundschaftlicher Natur, hat eine ganz andere Energie inne, als unsere spitzen Sticheleien von vor ein paar Tagen.

Ich wünschte, es könnte für immer so bleiben.

Doch es dauert nicht lange bis Sten wieder ernst wird. »Nun gut. Womit habe ich deinen Anruf nun verdient? Kann ich dir irgendwie behilflich sein?«

»Ich wollte dir natürlich danken. Für die Aufmerksamkeit. Toll ausgesuchte Blumen, sehr, äh, hübsch. Diese, die wie Monster-Rosen aussehen, mag ich am liebsten.«

Sten lacht wieder sein samtenes Lachen. »Du meinst die Pfingstrosen? Ja, ich dachte mir schon, dass das eine gute Idee sein könnte. Ich freue mich, dass sie dir gefallen.«

Kurz bleibt es still in der Leitung. Dann erzählt Sten von seinem Tag und fragt mich anschließend nach meinem. Ich lächle und erzähle. Mir gefällt es, wie locker es zwischen uns gerade zu laufen scheint. Irgendwie wage ich es gar nicht zu hoffen, dass das so bleibt.

Vor allem, wenn ich daran denke, was ich ihm alles verheimliche... mir wird allein bei der Vorstellung, er könnte irgendwas davon herausfinden. Selbst wenn es nur die Tatsache ist, dass ich ein bisschen auf ihn stehe. Das wäre zwar peinlich, aber vergleichsweise harmlos, wenn er wüsste, dass...

»Florentina? Bist du noch dran?«

»Sorry, ich habe dich nicht gehört. Meine Verbindung spinnt bisschen«, lüge ich. »Kein Problem, ich wollte nur wissen, wann wir uns denn wieder gegenseitig die Ehre erweisen.«

»Das ›zu welchem Anlass‹ wäre wahrscheinlich auch nicht ganz unwichtig.«

»Du meinst, was wir meinem Vater erzählen? Ja, da hast du wohl recht.«

Kurz verspüre ich das Bedürfnis, ihm von Wilhelms Überzeugung, Sten würde mich umgarnen, zu erzählen, doch ich will nicht, dass es ihm peinlich ist. Außerdem weiß nicht nicht, ob ich so gut wegstecken könnte, von ihm zu hören, wie unfassbar weit das von der Realität entfernt ist.

Also sage ich nichts in der Richtung und lenke unsere Unterhaltung zurück auf die Frage, was wir Stens Vater erzählen könnten.

»Wie wär's, wenn wir Wilhelm sagen, dass ich dir dabei helfe, ein Design für deine neuen Visitenkarten auszusuchen?«

»Aber ich lasse doch gar keine neuen Visitenkarten machen.«

»Tja, jetzt schon.«

Er lacht trocken. »Findest du das nicht ein bisschen übertrieben als Ausrede?«

»Nein, aber du kennst mich mittlerweile eigentlich gut genug, um dir diese Frage auch selbst beantworten zu können.«

»Touché. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich dich gar nicht richtig kenne.«

»Mit der Zeit ändert sich das auch nochmal. Man könnte sagen, dass wir uns auf eine besondere Art kennen.« Fast unmittelbar nachdem die Worte meinen Mund verlassen haben, lege ich mir resigniert die Hand über die Augen. Auf eine besondere Art?!

»Absolut, davon bin ich überzeugt«, sagt Sten jedoch, ohne meinen Fauxpas zu bemerken. Oder er ignoriert ihn einfach, was mir auch gut in den Kram passt.

Ein tiefer Seufzer dringt ein mein Ohr. »Also schön, Florentina. Meine Visitenkarten – was stimmt nicht mit denen?«

Ich lache. »Naja, wenn du schon so direkt fragst: Sie sind langweilig.«

»Das ist gemein.«

»Ach, heul nicht, du hast mich gefragt! Außerdem bin ich keine Expertin und kann dir nur meine subjektive Meinung dazu sagen.«

»Trotzdem, es interessiert mich wirklich. Warum genau findest du sie langweilig?«

»Also, komm. Das sind serifenlose, schwarze Buchstaben auf weißem Grund. Was soll daran nicht langweilig sein?«

»Ich dachte, es sieht professionell aus«, murmelt Sten schmollend. Ich verdrehe die Augen, ein nachsichtiges Lächeln auf den Lippen. »Du musst ja nicht gleich Blümchen und Schmetterlinge drauf drucken lassen, aber irgendwas sollte schon noch dazukommen, meiner Meinung nach.«

»Und was genau stellst du dir vor?«

»Keine Ahnung, ich bin doch kein Profi!«

Sten brummt unwillig. »Also schön, dann besuchst du mich gegen Nachmittag im Büro und ich werde mit dir ein paar Entwürfe durchgehen.«

Skeptisch frage ich: »Du willst jemanden beauftragen, bis morgen was zu entwerfen? Ist das nicht bisschen kurzfristig?«

»Hat auch seine Vorteile, der CEO von solch einer Firma wie der meines Vaters zu sein.« Ich kann fast schon vor mir sehen, wie Sten zu diesen Worten verschmitzt zwinkert.

»Ja, du bist der tollste, einflussreichste Geldsack, der mir je untergekommen ist. Und so bescheiden! Gratulation.«

Sten lacht so laut – und vor allem plötzlich – über meinen Kommentar, dass ich fast mein Handy aus der Hand hätte fallen lassen. Es dauert nicht einmal fünf Sekunden, da stiehlt sich auch auf mein Gesicht ein Lächeln und schließlich stimme ich in sein Lachen mit ein.

»Ach, Florentina«, seufzt er, noch immer ein Lächeln in der Stimme. »Ach, Sten«, imitiere ich seinen Tonfall mit roten Wangen.

»Du bist witzig«, sagt er.

»Du auch. Aber eher unfreiwillig«, gebe ich zurück, woraufhin er erneut kurz lacht. Keine Ahnung, was Sten heute in seinem Frühstück hatte, aber ich will das auch.

Not My FitWhere stories live. Discover now