I.X

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Zurück nach Hause

"Niemand gibt mir noch Schmetterlinge. Ihr gebt mir Kopfschmerzen."

・゚: *・゚:*

Der Abend war ruhig.

Saejin hatte ihre erste Sitzung mit der Therapeutin überstanden. Etwas, was sie durchaus für nicht möglich gehalten hatte. Sie hatten nicht viel geredet. Die meiste Zeit hatte sich Saejin umgeschaut und versucht, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Nachdem sie über die jetzige Situation einige Worte gewechselt hatten, war das Mädchen in Stille verfallen und hat sich umgeschaut.


Mit jeder Sekunde war ihr mehr aufgefallen, dass sie sich unwohl fühlen ließ. So zum Beispiel, dass Doktor Kim einen starken Drang zur Ordnung hatte. Die Ordner standen perfekt aneinander gereiht im Schrank. Die Bleistifte waren alle zur Perfektion gespitzt. Die Kissen auf der Couch lagen wunderschön aufgeschlagen. Die Akten auf dem Schreibtisch lagen auf Kante aufeinander gestapelt. Saejin konnte nirgends ein Staubkorn erkennen. Sei es auch noch so klein, es existierte nicht. Die Perfektion und Ordnung gab dem Mädchen das Gefühl der Enge. Als dürfte sie sich nicht bewegen.

Es war nicht der beste Raum, um sich vollkommen entfalten zu können und alle Gefühle rauszulassen.

So sah das zu mindestens Saejin.

Als sie zurück zu ihrem Zimmer gegangen war, hatte eine Krankenschwester sie aufgehalten. Sie wurde entlassen. Am Abend. Es wäre weniger Stress. Man müsste weniger auf Passanten achten, die eventuell etwas sagen könnten. Es wäre besser für alle Beteiligten. So hatte es zumindest eben diese Krankenschwester ihr geschildert. Saejin hatte es nicht wirklich geglaubt. Sie traute dem meisten Personal nicht. Jeder konnte schlechte Absichten haben und sie vor ihr verstecken, deshalb war sie eher vorsichtig.

Trotz des Misstrauens, hatte Saejin ihre Sachen gepackt. Es waren sowieso nicht viele gewesen. Sie hatte ein Handy bekommen, auf dem alle Nummern der Jungs und die des Managers gespeichert waren. Ein paar Klamotten und Hygieneprodukte. Mehr besaß sie nicht. Nicht mehr. Es dauerte nicht lange, alles zusammen zu suchen und in eine Tasche zu tun. Daraufhin beschloss sie, Wooyoung anzurufen. Er war der Erste, der ihr in den Kopf kam. Er hatte ihr schließlich den meisten Beistand geleistet.

Das Gespräch war ruhig verlaufen. Trotz ihres anfänglichen Misstrauens hatte der junge Mann die Aussage der Krankenschwester bestätigt. Sie würde abgeholt werden und in den Dorm der Jungs ziehen. Sie wussten nicht, wann genau sie am Abend kommen würden, aber sie würden kommen. Und das war, was für Saejin zählte. Sie würde bald nicht mehr im Krankenhaus sein und bei den Jungs.

Vielleicht könnte sie dann endlich mit San reden. Wenn er das denn wollte.
Aber es war noch nicht so weit. Die Uhr zeigte 17 Uhr und die Sonne stand noch recht hoch. Die Straßen waren voll, der Abendverkehr zog sich zäh durch die Stadt. Seoul war noch vollkommen wach. Saejin wusste nicht, was sie machen sollte. Wooyoung hatte ihr strikt untersagt, auf Social Media zu gehen. Es war wohl in den letzten Stunden noch schlimmer geworden.
Zudem hatte der Ältere ihr mitgeteilt, dass morgen das Statement an die Öffentlichkeit gehen würde. Saejin hoffte, dass sich etwas an der Situation ändern würde. Im positiven Sinne. Die Jungs hofften das auch.

Sie hätten niemals gedacht, dass so etwas zu so großem Aufschrei führen würde. Sie hatten mit allem gerechnet, aber dass die halbe Kpop-Community das Mädchen fertig machen würde, nur um zu vermeiden, dass sie eines ihrer Idols ihnen wegnahm, war nicht Teil der Szenarien gewesen. Wieder einmal hatten sie bewiesen, dass es bei den Fans schon lange nicht mehr nur um Musik ging. Und das war traurig, sehr traurig. Denn im jetzigen Moment durfte die Welt dabei schauen , wie eine Gruppe von Menschen mit dem gleichen Interesse sich spaltete und sich in zwei Gruppen verwandelte. Es war ein neuer Fan-War ausgebrochen und das auf das Leid einer anderen, unbeteiligten Person. Saejin hatte niemanden etwas getan. Sie war einfach nur Sans Schwester. Nicht mehr, nicht weniger. Aber in vielen Augen war sie das Böse, weil Fans nicht zwischen Realität und Fantasie unterscheiden konnten.

[𝐃𝐄, 𝐀𝐓𝐙] Das Gefängnis der FreiheitWhere stories live. Discover now