II.XI

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Haarfarben

„Du bist nicht durch all das für Nichts gegangen."
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Seit zwei Stunden saß Saejin schon in dem Badezimmer und redete mit Seonghwa über Gott und die Welt, während beide damit beschäftigt erst ihre Haare zu bleachen und dann zu färben. Sie hatten nach einem langen Zeit am Nachmittag des Vortages herausgefunden, dass Saejin fliederfarbene Haare wollte. Seonghwa war am Vormittag nach dem Frühstück losgegangen und hatte sowohl Bleach als auch die Farbe gekauft. Außerdem hatte er ihre Lieblingssüßigkeiten mitgebracht. Sie hatten nichts anderes zu tun und mit niemand anderen, um zu reden

Wooyoung und San waren wie Yunho und Mingi ins Entertainment gefahren und trieben dort seit Stunden irgendetwas. So genau waren sich da Seonghwa und Saejin nicht sicher. Bei keinen der Vier konnte man genau sagen, was genau gemacht wurde. Das Mädchen hatte eine leise Vermutung im Hinterkopf, ignorierte diesen jedoch mit aller Willenskraft. Sie hatte sich einen Tag Auszeit von der brutalen Realität gewünscht und würde diesen auch bekommen. Das hatte ihr Seonghwa versprochen.

Hongjoong war schon vor dem Frühstück verschwunden gewesen und hatte Seonghwa nur einen Zettel hinterlassen, auf dem er nichts sagende Worte aneinander gereiht hatte und keinerlei Sinn hervorbrachte. Der Blondhaarige verzweifelte regelrecht an der Nachricht und konnte nicht wirklich etwas in die Worte interpretieren, so sehr er es auch wollte. Nur »bin heute Abend wieder da« war deutlich. Nachdem er das gekritzelte etwa sechsmal durchgelesen hatte, hatte er nur sein Handy hervorgeholt und dem Leader geschrieben, er solle bloß etwas essen, wenn nicht muss Seonghwa in persönlich abholen und zum Essen schleppen.

Saejin fand die Beziehung der beiden zur selben Zeit süß und witzig. Es war extrem offensichtlich, dass Seonghwa Gefühle für den Jüngeren hegte. Jedesmal wenn er über ihn sprach, funkelten seine Augen und seine ganze Präsenz wirkte fröhlicher. Er liebte es über den anderen zu reden und wenn er es tat, dann handelte es sich nur um positives. Es war zuckersüß und Saejin hoffte inständig davon nicht Diabetes zu bekommen. Und gleichzeitig fand sie es sehr witzig, wie wenig sowohl Hongjoong als auch Seonghwa überhaupt nicht verstanden, dass sie beide Gefühle führ einander hatten. Sie wirkten wie zwei unbeholfene Teenager, die zum ersten Mal verknallt waren und nicht checkten, dass der Schwarm dasselbe fühlte.

Ihre Gedanken flogen kurz zurück zu Wooyoung, welcher immer noch nicht wusste, dass Saejin von seinem indirekten Liebesgeständnis wusste. Sie wusste nicht wie sie es ansprechen sollte und ob sie es überhaupt ansprechen sollte. Die Welt drehte sich so schnell und Saejin fand sich in einem Tsunami der Gefühle wieder, welchen sie verdrängte, denn gerade wollte sie nicht darüber nachdenken und einfach nur den Moment genießen. Auch wenn sie es nicht zugeben würde, hatte sie am Morgen vor dem Frühstück wieder über ihrem Laptop gesessen und erneut Kommentare und Artikel gelesen. Es ging ihr danach um einiges besser als am Vortag, was vor allem daran lag, dass die Mehrheit positiv war. Die negativen Kommentare blieben zwar hängen, aber die positiven waren das, was Saejin aufmunterte.

"Wie lange möchtest du eigentlich Hongjoong vorspielen, dass du ihn nicht magst magst?" Die Frage kam aus dem Nichts, aber das Mädchen konnte sie sich nicht verkneifen. Es waren nur Seonghwa und sie in der Wohnung. Jetzt war wohl der beste Moment, um diese Frage zu stellen. Der Ältere schaute sie überrascht an. Er wirkte als hatte sie ihn bei etwas verbotenem erwischt. Der anfängliche Schock wich schnell Scham. Seine Ohren färbten sich rot und sein Blick wand sich von Saejin ab. Das Mädchen konnte nur kichern.

"So offensichtlich?", Seonghwas Stimme war nicht mehr als nur ein Hauch. "So offensichtlich", antwortete Saejin. Sie hatte nicht vor etwas anzusprechen, was dem Blonden peinlich war. Sie war einfach nur neugierig gewesen: "Wir müssen nicht darüber reden, wenn du nicht willst. Es ist mir einfach nur aufgefallen wie sehr du in Joongs Nähe strahlst." Saejin hielt kurz inne bevor sie noch hinzufügte: "Er übrigens auch." Ein Lächeln schlich sich auf Seonghwas Gesicht. Auf eine gewisse Weise hatte die Jüngere ihm verraten, dass Hongjoong wahrscheinlich genauso empfand wie er. Und das machte ihn glücklich. Es wärmte sein Herz ein bisschen mehr.

"Ich weiß nicht. Ist es nicht ein bisschen komisch, dass ich in ihn verliebt bin?" Seonghwa hörte sich so an als würde er selbst von der Idee nicht allzu angetan sein, was wohl vor allem daran lag, dass sich das Land, in welchem sie sich befanden, nicht sonderlich gut um die Rechte der Minderheit scherten. Selbst wenn es legal war eine gleichgeschlechtliche Beziehung einzugehen, so waren die Hochzeit zweier Männer oder Frauen und alles was dazwischen lag nicht anerkannt. Mobbing und Diskriminierung waren Alltag für viele Angehörigen der LGBTQIA* Community. Und sollten die beiden ihre Liebe zeigen, wenn sie im Militärischen Dienst waren, so konnte sie dafür bis zu 2 Jahren ins Gefängnis. Südkorea war in diesem Bereich traditionell. Aber traditionell hieß nicht immer gut. Veränderungen waren schwer, aber die Rechte für Minderheiten waren wichtig genug, um schwere Veränderungen ins Rollen zu bringen.

Saejin beneidete niemanden, der die Diskriminierung durch Gesellschaft und Regierung durchmachen musste. Sie war als weiblich gelesene Person sowie so schon benachteiligt, aber sie wollte nicht wissen wie es wäre wenn sie dazu auch die Liebe zu anderen Frauen teilte.

"Es ist nicht komisch. Ihr sitzt fast die ganze Zeit aufeinander. Ihr kennt einander. Es nur natürlich, dass du eine enge Verbindung zu den anderen pflegst. Und manchmal wird diese enge Verbindung zu Gefühlen, die wie als Liebe kennen. Daran ist nichts schlimmes dran. Schäm dich nicht dafür." Seonghwa schien nicht überzeugt zu sein. Er wusste nicht, wie er es auch nur irgendjemanden sagen soll und wie sich dabei fühlen würde eine Beziehung geheimzuhalten. KQ gab ihnen kein Dating Verbot, aber es war allgemeines Wissen, dass Fans nicht sonderlich begeistert waren, wenn es darum ging, dass ihre Idols in einer Beziehung waren. Andererseits, waren noch nie zwei Idols aus der gleichen Gruppe in einer Beziehung gewesen. War das schlimmer oder nicht? Der Ältere hatte keine Antwort auf diese Frage, was zu großen Teilen daran lag, dass er keine Erfahrung in dieser Sache gemacht hatte.

"Zerbrich dir nicht den Kopf. Wenn es zwischen euch sein soll, kommt der Moment in dem ihr eure große Liebe einander gesteht. Und wenn es so weit ist, habt ihr sieben Vollidioten, die euch den Rücken stärken. Wir schaffen das schon", Saejin gab ihr bestes, um Seonghwa aufzumuntern. Es fiel ihr schwer nicht komplett pessimistisch zu sein, obwohl das die letzten Wochen ihre Personalität war. Die Welt war zu voll mit Problem und für die Menschheit reichte die Hoffnung langsam nicht mehr, aber das bedeutete nicht, dass man nicht selbst Hoffnung entflammen konnte. So lange ihr Herz schlug, gab es eine Möglichkeit weiter zu machen, sie musste nur die Chance ergreifen.

Sie warf dem Blonden ein Lächeln zu. "Vielleicht brauchst du auch eine Typveränderung", schlug Saejin vor. Wobei sie mitten im Satz anfangen musste zu lachen. Die Idee war absurd. Im Gegensatz zu ihr konnten die Jungs nicht einfach die Haare färben. Da hatte KQ noch einen großen Anteil an Mitspracherecht. Auch wenn es eine positive Veränderung wäre und wohl kaum jemand etwas dagegen zu sagen hatte, so waren sie Idols. Und Idols waren auf eine gruselige Art und Weise Eigentum der Industrie, die von den Entertainments geführt wurden.

Saejin hatte nie genau über die Verhältnisse in dem Business nachgedacht, aber sie hatte viel Zeit mit sich gebracht, als sie in das Badezimmer gegangen war. Ihr war nie aufgefallen wie unmenschlich die Welt war, in der ihre Freunde lebten. Wie die Jungs im Endeffekt nur Puppen waren, die von ihren Spielern wie Marionetten geführt wurden, um ein Trauerstück und eine Geschichte zu erzählen. Es war für sie normal gewesen, dass die Jungs mit zarten 16 Jahren, wenn überhaupt, tag ein tag aus nichts anderes gemacht hatten, als zu trainieren. Das alleine hielt Saejin davon ab selbst eine derartige Karriere einzuschlagen. Aber selbst während ihrer Karriere, nach ihrem Debut, waren einige von ihnen mit Schule beschäftigt, haben ihrem Abschluss gemacht und gleichzeitig Musik produziert und auf Bühnen performed. Das Mädchen wollte sich nicht einmal vorstellen, wie stressig das Leben für sie sein musste.

„Sorry, blöde Idee." Seonghwa lächelte ihr aufmunternd im Spiegel zu.
„Vielleicht beim nächsten Mal."

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„Es gibt keinen Misserfolg. Entweder gewinnst du oder du lernst."

[𝐃𝐄, 𝐀𝐓𝐙] Das Gefängnis der FreiheitKde žijí příběhy. Začni objevovat