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POV Reagan

Den Kloss in meinem Hals runterschluckend warf ich die Zeitung neben mein neues Pult, an welchem ich momentan sass. Seit einer Woche hatte mein Unterricht zur Königin begonnen und soweit schnitt ich gut ab, dank des vorherigen Unterrichts in Saphirna.
Leider kamen mit meinem kleinen Erfolg auch Aufgaben, die mich auf meine zukünftige Rolle vorbereiten sollten. So durfte ich ganze Stapel Papiere abarbeiten, Entscheidungen, Finanzen, neu aufgekommene Probleme, all das durfte ich durcharbeiten.
Würde ein neuer Brunnen gebaut werden, wo doch einer gerade erst vor 10 Jahren errichtet worden war? Aber der alte war herabgekommen und hatte einzelne kleine Risse, die sich zu Löchern vergrössern könnten.
Frustriert seufzte ich auf, so konnte ich nicht weitermachen. Ich hatte zwei Optionen, allein in Rubinna verkümmern oder irgendwie nach Saphirna zurückzukehren. Wobei? Mein Blick rutschte zur Seite, die lieblos auf dem Boden liegende Zeitung besann mich eines Besseren.
Nein, das wird nichts. Er soll lieber glücklich ohne mich sein.
Schniefend stand ich auf, ich brauchte eine Pause, sonst würde ich gleich schon wieder losheulten und darauf hatte ich keine Lust.

Kaum hatte ich meine Tür schwunghaft aufgerissen, fand ich Felix vor mir, «Alles gut?», fragte er und ich nickte, auch wenn es offensichtlich war, «Du brauchst es mir nicht zu erzählen», ich war ihm dankbar.

«Ein Schutzkreis ist um Rubinna errichtet, nicht wahr?», fragte ich, da mich die Frage schon lange interessierte.

Der Blondhaarige nickte, «Richtig, ein noch stärkerer Kreis ist um das königliche Areal errichtet. Warum?», ich konnte sehen, dass er neugierig war.

«Erklär ich dir später einmal. Aber zuerst hatte will ich dich noch etwas anderes fragen, also Themenwechsel», verwirrt blickte mein Cousin zu mir, hörte jedoch zu.

«Weiss du eigentlich, wie ich damals verschwunden bin?», fragte ich vorsichtig, der Grünäugige schüttelte den Kopf.

«Gut, also ehm, sagen wir so, ich wurde entführt», fing ich an, «Von jemandem aus unserer Familie», erklärte ich weiter, Felix nickte nur und ich entschied mich das Detail, dass seine Mutter es gewesen war, erstmal wegzulassen.

Eine Weile liefen wir stumm nebeneinander her, den Gang entlang in Richtung Garten, «Hast du eigentlich schon deinen Erasthai gefunden?», seine Frage überraschte mich.

«Ja habe ich, nur leider in Saphirna», gab ich zu und er legte den Kopf schief, «Wer ist es denn?», fragte er und ich seufzte, «Kyran Stormcastle», meinte ich und seine Augen wurden gross.

«König Kyran, der gerade erst vor weniger als einem Monat gekrönt wurde?», ich nickte, «Ach du heilige Scheisse!», wieder nickte ich nicht wissend, was ich sagen sollte.

«Wirst du zu ihm zurückkehren?», meinte er dann vorsichtig und ich schüttelte traurig den Kopf, «Wie denn, wenn er mich als erstes in den Kerker werfen würde? Immerhin bin ich jetzt die Kronprinzessin», gab ich meine Gedanken preis und mein Cousin nickte nachdenklich.

«Dafür, dass du Kronprinzessin bist, bin ich dir wirklich dankbar. Sonst hätte ich den Thron besteigen müssen und darauf habe ich keine Lust, allerdings werde ich bald auf eine kleine Mission gehen, wie ich es nenne, nämlich um im Ausland neue Verbündete suchen zu gehen», erklärte er mir und ich hörte interessiert zu.

«Ich bleibe, mit anderen Worten, also nicht mehr lange hier», betrübt sah er mich an und ich konnte nicht anders, als meine Arme auszubreiten. Schon als Kinder hatten wir einander immer umarmt, sei es ob wir traurig waren oder einer von uns auf einen Käfer getreten war.

❥︎ ❥ ❥︎

«Wie lange willst du die Zeitung noch anstarren, hm?», Azrael kam in mein Zimmer, ich sah nur kurz auf, ehe ich meinen Blick wieder auf das Titelblatt lenkte.

«Du weisst schon, dass das Fake News ist, oder?», fragte er, doch ich hörte ihn nicht. Zu sehr saugte ich das Bild von Kyran und Sheila in mich auf.

«Sieh mal, wie glücklich die beiden aussehen. Jeden Tag treffen sie sich in diesem gläsernen Raum, nur um aller Welt zu zeigen, dass es ihnen gut geht. Er zieht weiter, zu Sheila. Warum sollte er auch bei mir bleiben, wenn ich nicht da bin? Wer kennt ihn denn schon sein halbes Leben? Wer stammt denn von adligen Blut aus Sphirna ab? Wer? Genau, Sheila!», ich merkte dass der Schwarzhaarige etwas sagen wollte, doch ich redete einfach weiter.

«Jeden verdammten Tag treffen die beiden auch in ihrem Glaskasen und sitzen beieinander und planen ihre Hochzeit! Jeden Tag, wenn ich die Zeitung kriege und hoffe etwas anderes zu sehen, klatscht mit die Tageszeitung ein romantisches Bild von Kyran und Sheila ins Gesicht!», frustriert stand ich auf, ich musste einen Spaziergang im Garten machen.

«Wo gehst du hin?», fragte mein Leibwächter, der mir durch die Gänge folgte, «Raus! In den Garten», antwortete ich, schwer atmend.

«Warte, ich muss mitkommen, immerhin soll ich für dich da sein und zusehen, dass du eine helfende Hand bei der Selbstverteidigung hättest!», rief er und rannte mir nach, doch ich eilte mit meiner Lykanergeschwindigkeit durch die Gänge und in den Garten.

Erst als ich den Schlossgarten erreicht und eine hübsche, kleine Bank gefunden hatte, wartet ich auf ihn, «Endlich hältst du an», er atmete schwer bei mir angekommen.

«Alle gehen», ich sprach nur meine Gedanken aus, wirklich über meine Worte wollte ich nicht nachdenken, «Kyran ist sofort zu Sheila gerannt, Felix muss bald auf seine Mission und dann bist du hier mein einziger Freund. Gehst du etwa auch noch?», ich zog meine Beine an, stellte meine Füsse auf der Bank ab, legte meinen Kopf auf meinen Knien ab, Gesicht voran, damit Azrael die Tränen nicht sehen würde.

«Und Erik, woher wusste er, dass ich aus Rubinna bin? Noch besser, warum hat er mich quasi verraten? Was bringt ihm das denn jetzt?», fragte ich mich und klang mittlerweile so, als würde ich heulen, was ich zwar auch tat, aber so klingen wollte ich trotzdem nicht.

«Ich bleib hier Reagan, soviel kann ich sagen», flüsterte mein Leibwächter, offensichtlich überfordert mit der Situation und stellte sich vor mich hin.

Er breitete die Arme leicht aus, «Umarmung gefällig?», ich nickte und schlang meine Arme um seine Taille, vergrub meinen Kopf in seinem Pullover, die er seit unserer Ankunft hier in Rubinna trug. Er musste wohl keine Uniform tragen.

«Das wird schon, irgendwie schaffen wir das», meinte er beruhigend und ich glaubte ihm.

Reagan -Little Ruler-Where stories live. Discover now