8

5.7K 222 1
                                    

Als wir im Thronsaal ankamen, herrschte eine gewisse Spannung. Die Eltern sahen noch nett aus, als könnte man mit ihnen verhandeln. Doch der Grossvater sah recht furchteinflössend aus und strahlte pure Macht aus.

«Vater Alexej, Mutter Calandra, Grossvater Erik», grüsste mein Mate seine Familie und ich verneigte mich.

«Erhebt euch», sprach sein Grossvater und wir taten wie geheissen.

«Das hier ist meine Erasthai», verkündete der Braunhaarige neben mir und die Machte, die der Saal ausstrahle, brachte mich fast um.

«Wir führen dieses Gespräch im Teezimmer fort», meinte Erik und alle drei Regenten erhoben sich.
Inzwischen war mir klar, dass dies die regierende Lykanerfamilie war.
Schweigend schritten wir zu fünft zum Teezimmer, wo uns Tee serviert wurde und die Spannung im Raum stieg.

«Kyran», sprach nun seine Mutter, die bis jetzt nichts gesagt hatte, «Weiss sie überhaupt, wer du bist? Sie sieht so ratlos und verloren aus, wie ein Mäuschen», besorgt musterte sie mich.

«Falls mein idiot von einem Sohn es dir noch nicht gesagt hat, er heisst Kyran Stormcastle und ist der Kronprinz von Saphirna. Ich bin Calandra, nett dich kennenzulernen», sie lächelte mich breit an und die Wärme in ihrer Stimme tat mir gut.

Dann schlug bei mir die Realisation ein.
Kyran ist Kyran Stormcastle von Saphirna.
Unser Feind.
Doch ich konnte nicht lange darüber nachdenken, da mich sein Vater mit Fragen bombardierte, seine Mutter hingegen versuchte die von ihrem Mann gestellten Fragen zu entschärfen.

«Wie heisst du?», kam die Frage von seinem Vater, Alexej.

«Andrea Whitetree.»

«Wer sind deine Eltern?», wieder Alexej, «Darwin und Erhan Whitetree», erwiderte ich.

«Was sind deine Hobbys, Liebes?», fragte seine Mutter, Calandra.

«Ich lese gern und viel.»

«Wie alt bist du?», fragte Alexej, «Ich bin 18.»

«Was bist du?», die Frage kam von Calandra und ich sah auf meine Beine, «Ich bin ein Mensch», es tat mir leid, sie anzulügen, doch wie sonst würde ich es hier überleben?

«Ich glaube für heute reicht das», meinte Erik nun und mir fiel auf, dass er keine einzige Frage gestellt hatte.

Alexej, der gerade den Mund aufgemacht hatte, als wolle er etwas sagen, klappte diesen wieder zu und Calandra lächelte mich zufrieden an.

«Kyran, bitte bring sie auf ihr Zimmer», die Art und Weise, wie Kyrans Grossvater es sagte, bezeichnete er mein Zimmer als meinen Zufluchtsort.

«Natürlich, Grossvater», Kyran erhob sich von seinem Platz und verneigte sich, ehe er meinen Stuhl zurückzog und mich damit stumm aufforderte ebenfalls aufzustehen.

Ohne mich zu beklagen verliess ich meinen Platz und verbeugte mich ebenfalls kurz, bevor ich hinter Kyran hereilte.
Er raste geradezu die Treppe hinauf und ich hechtete ihm nach, darauf bedacht in menschlichem Tempo zu bleiben.
Als er merkte, dass ich nicht so schnell war wie er, kam er zu mir runter und ich dachte gerade, dass er mich hochtragen würde, aber da hatte ich mich getäuscht.

Er ging an mir vorbei, «Geh schon mal weiter, ich bin gleich wieder da», für einen Wimpernschlag sah ich ihm hinterher, dann ging ich langsam die Treppe weiter hoch.

Als ich gerade im oberen Stock angekommen war, rannte Kyran in Lykanergeschwindigkeit die Treppe hoch und stand dann vor mir.

«So, jetzt wo du oben bist», er zog mich am Handgelenk zu meiner Tür, «Viel Spass in deinem neuen Zimmer, ich werde dir später noch eine Zofe zur Verfügung stellen», damit schob er mich ins Zimmer und schloss die Tür.

Neugierig sah ich mir meine neuen vier Wände an.
Alles war in einem edlen blau gehalten, die Vorhänge, der einsame Sessel am Fenster und die Teppiche auf dem Boden. Die Wände waren in einem zarten Pastellblau gestrichen und die Bettwäsche war in schwarz gehalten.
Zu meinem neuen Schlafgemach hatte ich auch ein eigenes kleines Bad, das gleich von Innen zugänglich war. Dieses jedoch war hauptsächlich in weiss gehalten und mit einzelnen blauen Segmenten geschmückt.
Hübsch.

Als erstes räumte ich meine Kleidung in den Schrank auf der linken Seite des Zimmers ein, dann setzte ich mich mit meinem Handy in den Sessel am Fenster und betrachtete den Wald, die Seen und in der Ferne die Küste.
Ich blickte auf mein Gerät. Kein Empfang. Suchend sah ich mir den kleinen Nachttisch an und wurde fündig, ein WLAN-Passwort und -Name. Bingo.
Flink tippte ich das Passwort ein und sogleich bekam ich Nachrichten.

1 Nachricht von Darwin und Ethan.
5 Nachrichten von James.
11 Nachrichten von Zora.
Ach du Schreck, Zora!

Ich hatte meine beste Freundin in dem ganzen Chaos vergessen. Die schwarzhaarige Elfe mit ihren pechschwarzen Augen war mir eine unglaubliche Freundin gewesen und so rief ich sie gleich an.

«Hey», begrüsste ich meine beste Freundin.

«Erzähl! Wenn dein Leben dir lieb ist, dann hast du eine gute Erklärung», tadelte mich die Schwarzhaarige.

«Wo soll ich anfangen?», und dann erzählte ich ihr die ganze Geschichte.
Wie ich zum Mateball gegangen war, von meinen Fluchten vor Kyran, davon wie er mich abfing und wie ich nun in Saphirna war.

«Wow, Girl. Und er ist wirklich so schlimm?», die Hoffnung in ihrer Stimmer war nicht zu überhören.

«Ja, leider.»

«Naja, dann geh mal schön das Schloss erkunden, wer weiss, was du findest?», damit beendete sie das Telefonat und liess mich auf dem anderen Ende der Leitung hängen.

Wobei, warum eigentlich nicht?
Ich werde hier wahrscheinlich einige Zeit verbringen, dann könnte ich genauso gut das Schloss erkunden.
Gedacht, getan.

So wanderte ich fürs erst aus meinem Zimmer hinaus und sah mir den Eingangsbereich an. Eine grosse, schwere Holztür formte das Eingangstor und wurde von zwei Wache, jeweils eine auf jeder Seite der Flügeltür, betreut.
Damit ging es weiter zum Teezimmer, denn fürs Erste wollte ich nur die mir bekannten Räume erkunden.

Das Teezimmer war in einem frischen Pastellgrün gehalten, mit dunkelblauen Stühlen und Stuhlkissen, sowohl einer pastellblauen Couch. Die Tischdecke war weiss.
Nicht viel zu sehen.
Also machte ich auf dem Absatz kehrt und verliess das Zimmer, wollte mich wieder auf mein neues Schlafgemach zurückziehen.

«Guten Tag, Andrea», kam mir Erik, Kyrans Grossvater, auf der Treppe entgegen und ich dachte, dass er irgendetwas abfälliges sagen würde, als er schon weiterfuhr, «Ich sehe, du erkundigst den Palast. Falls du übrigens Fragen hast oder irgendwie Hilfe brauchst, kannst du dich gerne bei mir melden», er lächelte mich milde an.

«Ausserdem würde ich dir raten, dich jetzt für das Abendessen zu richten, davon hat dir Kyran sicher nichts gesagt.»

Überrascht schüttelte ich den Kopf, knickste dann vor dem älteren Mann, der daraufhin nur leicht lachte, und rannte für einen Lykaner relativ langsam die Treppe hoch und in mein Gemach. Schliesslich musste ich die Fassade eines Menschen aufrechterhalten.

Reagan -Little Ruler-Where stories live. Discover now