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«Guten Morgen, Prinzessin», Azrael stand vor meiner Tür, fein gekleidet.

«Es ist früh Az», meinte ich, er lachte leicht bei dem Spitznamen und bot mir seinen Arm an, «Willst du, obwohl es doch so unglaublich froh ist, wieder zum Trainingsplatz gehen?», ich nickte lediglich und wir machten uns auf den Weg.

Fast hatten wir den Trainingsplatz erreicht, da stieg mir Kyrans Duft in die Nase. Warum war er hier?
In Ruhe kamen wir beim Platz an und der Kommandant gab mir ein Zeichen, dass wir heute den Zweikampf trainieren würden, das bedeutete, dass ich keinerlei Waffen brauchte. Zufrieden ging ich auf ihn zu.

«Gegen wen darf ich heute antreten?», abwartend sah ich das Oberhaupt der Wachen an.

«Gegen mich», sagte jemand hinter mir und ich drehte mich langsam zu Kyran um, «Seid Ihr sicher Kronprinz?», fragte ich und sprach mit Absicht seinen Namen nicht aus, es machte mir die Situation einfacher.
Ist er überhaupt schon fit genug um zu kämpfen? Er hatte schliesslich gestern Fieber.

Er nickte, «Mal sehen, was du draufhast», damit stürzte er sich angreiferisch auf mich.

Durch das Training, das ich in meinem Rudel schon betrieben hatte, konnte ich gut gegenhalten, aber er war, anders als meine vorherigen Gegner, gleichstark wie ich.
Danke Dad, dass du mir jedesmal vor dem Training befohlen hast, meine Lykanerkräfte wegzulassen.
Nur so war es mir möglich gewesen normal zu kämpfen. Mein Lykaner und ich akzeptierten meinen Dad und meinen Papa, daher konnten sie uns auch Befehle erteilen. Nun war ich ihnen für das ständige Training ohne meine Lykanerkraft dankbar.

«Na, schon müde?», fragte er und ich fragte mich, warum er nicht merkte, dass ich gleichstark wie er war.

Ehrlich schüttelte ich den Kopf, «Sie etwa Kronprinz?», fragte ich und konnte sehen, dass es ihn irritierte.

«Warum nennst du mich Kronprinz?», knurrte er fast schon und ich blockte seinen Angriff, seinen Blick nicht loslassend.

«Sind Sie es denn nicht, Kronprinz?», fragte ich keck und legte den Kopf, innerlich amüsiert, schief.

Er schüttelte verwirrt oder eher frustriert den Kopf und griff zu einer Stange, die ihm gereicht wurde. Flink schnappte ich mir auch eine, ohne Gegenwaffe würde ich ihm hier nicht gegenüberstehen.
Überrascht von meiner schnellen Reaktion fing er an mich zu umkreisen.
Wie ein Raubtier seine Beute.
Es gelang mir nicht sofort, doch bald umkreisten wir einander, liessen den jeweils anderen nicht aus den Augen und planten unseren Angriff.

Wir kämpften lang, doch je länger wir kämpften, desto mehr merkte ich, dass meine Ausdauer mich verliess. Lang war es schliesslich her, dass ich gegen einen Lykaner meiner Stärke gekämpft hatte. Sicherlich waren die Wachen hier stark, doch Kyran war nun einmal besser. Eine halbe Stunde war bestimmt schon vergangen, wenn nicht mehr und nach einem mühsamen Kampf von weiteren 20 Minuten lag ich schliesslich mit meinem Rücken auf dem Boden. Kyran war über mir, liess mich aus irgendeinem Grund nicht aufstehen und grinste mich zufrieden an.

«So Andrea, du hast die Wette verloren», welche Wette? Hatte ich irgendeiner Wette zugestimmt? Nein, ganz bestimmt nicht.

«Welche Wette?», fragte ich also geradeheraus und er sah mich an.

«Die Wette die wir vor ein paar Minuten eben abgemacht haben», meinte er und eine verschwommene Erinnerung kam mir in den Sinn.

«Geh auf ein Date mit mir», sagte er.

«Mit dir? Das mach ich erst, wenn– äh Fische fliegen lernen», rief ich aus, an das genaue Sprichwort konnte ich mich nicht erinnern. Wie auch, wenn ich mich auf die Angriffe von Kyran konzentrieren musste.

«Du spinnst doch wohl! Was habe ich denn bitte verloren, wenn nur davon die Rede war, dass ich auf ein Date mit dir gehe, wenn Fische fliegen können?»

«Überleg nochmal», meinte er nur ruhig.

«Und wenn ich verliere», hörte ich mich in Gedanken sagen.
Och Mensch!

«Tja, ich habe und gesagt. Es muss beides eintreten», erklärte ich streng und fädelte meine Arme zwischen seinen oben durch.

So hielt ich meine Arme in die Höhe oder eher über meinem Kopf am Boden, von meinem Körper weggesteckt.
Azrael griff sie und zog mich zwischen den Armen meines Mates durch und auf die Beine.
Perplex starrte mich mein Seelengefährte an, bevor er sich aufrappelte und lässig hinstellte.

«Nun meine Liebe, Fische können fliegen», meinte er und ich schüttelte meinen Kopf.
Ich winkte mit meiner Handfläche vor meinem eigenen Gesicht hin und her, um ihm zu zeigen, dass er wohl spinnen musste und stolzierte dann erhobenen Hauptes Richtung Schloss zurück.

Sobald ich das Schloss betrat, befand sich komischerweise Sheila neben mir, «Was willst du? Ich bin gerade nicht in der Stimmung für eine Unterhaltung», meinte ich grummeliger als geplant.

«Deine beiden Freunde sind abgereist. Sie wollten dir noch tschüss sagen, aber du warst mit dem Kampf gegen Kyran beschäftigt und dann meinten sie, dass das gut wär. Ihr würdet jetzt wenigstens nicht mehr mit Blicken und Worten kämpfen», bei dem angeblichen Kommentar meiner Freunde musste ich grinsen, die beiden glaubten immer noch, dass ich mit dem Kronprinzen zusammenkommen würde.

«Also, was ist eigentlich dein Plan?», fragte ich geradeheraus, da ich das Versteckspiel satt hatte.

«Wenn du denkst, dass ich Kyran will, liegst du falsch. Ich bin schon lange verlobt und das weiss König Alexej auch, aber solltest du der Rolle der Königin nicht gewachsen sein, müsste ich deinen Platz einnehmen», erklärte sie mir und überrascht blinzelte ich.
Sie will ihn nicht? Sie will die Krone nicht? Sie ist verlobt?

Um meine Ungläubigkeit zu überspielen räusperte ich mich, «Aber», ich seufzte, «selbst wenn ich Kyran akzeptieren würde oder ihn als Partner haben wollte, er mag mich nicht», stellte ich fest.

«Nana, jetzt komm mir nicht so pessimistisch», sie wedelt mit ihrem Finger schnell hin und her, «Ich bin auf deinem Team und wir bringen dir jetzt lauter Traditionen und Sitten von Saphirna bei», entschloss sie und mir blieb nichts anderes übrig als zu nicken.

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«Saphirna hat den Mondgott als Gottheit, daher werden wichtige Veranstaltung nach dem Mond ausgerichtet. Hält man beispielsweise eine Hochzeit, so wird den ganzen Tag schon gefeiert und die Gelübde werden bei Einbruch der Nacht, sobald der Mond klar am Himmel steht, abgelegt. Die restlichen Feierlichkeiten werden dann in einem Raum, ein Raum aus Glas geht auch, gehalten», erzählte mir Sheila und ich hörte gespannt zu, wollte mehr über die Bräuche des Landes der blauen Steine lernen.

Reagan -Little Ruler-Where stories live. Discover now