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«Hoheiten? Wir sind angekommen», hörte ich gedämpft, dann folgte ein leises aber bestimmtes: «Schhhh!»

Am Rande merkte ich noch, wie ich sachte hochgehoben wurde und das warme Kribbeln, dass durch meinen Körper fuhr, liess mich wissen, wer mich trug. Gerne hätte ich die Augen aufgemacht, doch ich war zu müde, als dass es mir möglich war.
Lange trug mich Kyran in seinen Armen, ging mit mir durch einen Gang nach dem anderen. Er schien sich nicht entscheiden zu können. Schliesslich blieb er stehen, drückte die Türklinke mit dem Ellbogen runter und stiess die Tür mit dem Rücken auf. Dann betrat er das Zimmer und legte mich auf etwas weichem ab.
Ein Bett. Warm und kuschelig.
In meinem müden Zustand grummelte ich leise, als er sich von mir entfernte, dann überrollte mich wieder eine Welle des Tiefschlafs.

❥︎ ❥ ❥︎

Ich blinzelte, einzelne Sonnenstrahlen fielen durchs Fenster.
Zu früh, zu hell.
Schlaftrunken griff ich nach der Wärmequelle neben mir, zog ihn an seinem T-Shirt zu mir und vergrub meinen Kopf in seiner Brust. Geradezu instinktiv schlangen sich seine Arme um meinen Oberkörper, der nun eng an den seinen gepresst war.
Warte! Seinen?
Ich realisierte, was passierte, doch es war mir in dem Moment egal.

«Schlaf weiter, Erasthai», murmelte Kyran und zog die Decke etwas zurecht, sodass wir wieder eingehüllt waren.

«Nur, wenn du bleibst», flüsterte ich leise, zu meiner Überraschung und insgeheim grossen Freude nickte er, mich noch näher an ihn ziehend.

So lagen wir, eng umschlungen. Friedlich in einem Bett.
Vielleicht können wir wirklich miteinander auskommen.
Zufrieden döste ich vor mich hin, doch natürlich mussten wir gestört werden.

«Eure Hoheit? Ein gewisser Lord von der rebellischen Seite ist zu Besuch, ausserdem ist ein Brief von Ihrem Grossvater angekommen», verwirrt kuschelte ich mich tiefer in die Decke und vergrub meinen Kopf in einem naheliegenden Kissen.

«Ein Brief?», meinte Kyran und grummelte, als er sich aus der Decke schälen musste, um aus dem Bett zu steigen und besagten Brief in Empfang zu nehmen.

«Er will, dass wir ein Paar sind, naja wohl eher will das seine Schwester. Sie meint, dass sie mir sonst den Thron verweigert», erklärte er, mit dem Brief in der Hand, «Damit ich König werden kann, brauche ich das Einverständnis aller noch lebenden früherer oder jetziger Herrscher. Also die meines Vaters, meines Grossvaters und meiner Grosstante. Sie alle müssen ihr Einverständnis geben, dass ich aufgrund meines Verhaltens der Rolle des neuen Regenten gewachsen bin», führte er seine Erklärung aus und ich bekam eine Ahnung, auf was er hinauswollte.

«Du willst, dass wir–», er nickte, doch es konnte nicht sein, dass er das meinte.

«Ab jetzt», meinte er und ich sah ihn ungläubig an.

«Für wen sollen wir das denn spielen? Es ist ja niemand hier», meinte ich, nicht verstehend.

«Der Lord der Rebellen ist hier und ihn müssen wir überzeugen. Es hat sich über die Jahre gezeigt, dass die Rebellen nur angreifen, wenn jemand keine Erasthai hat, beziehungsweise nicht mit ihr oder ihm zusammen ist», den Grund dafür brauchte er mir nicht zu nennen.

Bei unseren Rebellen war es nicht anders gewesen. Sie griffen nur an, wenn der zukünftige Regent keinen Erasthai hatte.

Der Grund? Ganz einfach: wenn sich jemand mit seinem Erasthai nicht versteht, kann man sie oder ihn besser kidnappen.
Warum kidnappen? Weil der Lykaner von einem dann wahnsinnig wird, somit wird der zukünftige Herrscher für noch nicht bereit erklärt und die Krönungszeremonie wird um ein Jahr verschoben. Ein Jahr in dem die Rebellen ihre Leute innerhalb des Palastes einsetzen können, die dann den aktuellen Herrschern einreden können, dass der zukünftige Thronfolger nie bereit sein wird und man jemanden ausserhalb des Königshauses einsetzen sollte.
Ihr Ziel ist es, dass ein Rebelle an die Macht kommt und die Monarchie abschafft.
Ziemlich schlau, wenn ihr mich fragt.

«Zieh dich an, ich nehme den Lord in Empfang», riss mich Kyrans Stimme aus den Gedanken und er verliess das Zimmer.
Ich glaube, das ist dann wohl unser Zimmer jetzt.

«Bis gleich», meinte ich, unfähig die Situation komplett zu begreifen.

Wir ferngesteuert zog ich mir einen Rollkragenpullover und einen dazu passenden, langen Rock mit einer Strumpfhose an. Als zukünftige Kronprinzessin, an der Seite des Kronprinzen, musste ich schliesslich ordentlich aussehen. Meine Haare band ich mir zu einem Dutt zusammen, zwar war dieser nicht gerade ordentlich, doch es war das beste, was ich gerade hinbekam.
Nervös machte ich mich auf zum Empfangsbereich, die Stimmen von Kyran und dem Lord leiteten den Weg.

«Wo ist denn ihre ach so tolle Erasthai?», fragte der Lord hochnäsig und lachte verachtend.

Selbstsicher betrat ich den Raum, «Guten Morgen, man nennt mich Andrea Whitetree und ich bin die Erasthai von Kronprinz Kyran Stormcastle von Saphirna. Nett Sie kennenzulernen», ich machte einen kleinen Knicks und stellte mich anschliessend breit lächelnd neben den Braunhaarigen. Seine bernsteinfarbenen Augen sahen überrascht zu mir und ich sah ihn daraufhin nur herausfordernd an. Sollte er es doch besser machen, wenn er es konnte!

«Genau! Das ist Andrea, sie ist meine Erasthai und wir sind ein Paar. Trotz unserer Differenzen schaffen wir es nämlich erfolgreich miteinander zu kommunizieren», log er ohne rot zu werden und legte einen Arm um mich, um seine gerade gesagten Worte zu unterstreichen.

«Sie beide sind also ein Paar? Na das freut mich für Ihre königlichen Majestäten. Jetzt wo ich weiss, dass das Königreich in guten Händen ist, kann ich ja wieder gehen. Wiedersehen!», damit winkte er uns zu und verschwand aus der Tür.
Das war's?

«Seine Kameraden haben tonlose Kameras aufgestellt während wir alle hier in der Empfangshalle waren», flüsterte mir Kyran ins Ohr und überrascht sah ich zu ihm auf.
Woher wusste er das denn jetzt?

«Sicher, Liebling?», legte ich meine Arme auf seine Schultern und um seinen Hals, «Warum flüsterst du, wenn du dir so sicher bist, was wir jetzt machen wollen?», ich grinste, er hob eine Augenbraue.

«Ja, das ist jetzt die Frage, was mach ich nur mit dir?», gespielt überlegend musterte er meine Gesichtszüge, «Ach ich weiss, wir gehen jetzt erstmal auf das Date, das du mir versprochen hast!»

«Wo bringst du mich überhaupt hin?», rief ich erschrocken aus, als er mich am Arm packte und ich nicht anders konnte, als mit ihm rauszurennen, «Kyran!»

Reagan -Little Ruler-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt