POV. Kyran

Wütend schlug ich auf den Tisch. Warum waren alle meine Spione und Agenten so unfähig? Nichts hatten sie herausgefunden, nichts! Nicht wo sich meine Erasthai im Moment befand. Nicht wie es ihr ging. Keinen Plan, wie ich zu ihr gelangen könnte. Nichts!
Seit gestern Abend war sie weg, ihre Mutter und ihre Tante hatten sie abgeholt. Warum mein Grossvater sie eingeladen hatte, war mir immer noch nicht ganz klar, aber ich hatte ihm vorerst verboten mit mir zu sprechen. Ich wollte ihn nicht sehen. Für mich war seine Tat wie Hofverrat.

Ein Klopfen an der Tür, «Eure königliche Majestät?», eine der Bediensteten stand in der Tür, ich meinte ihr Name sei Minna.

Ich seufzte tief, «Tritt ein», müde rieb ich mir mit der Hand über meine Augen, dann fuhr ich mir ratlos durchs Haar.
Wie soll ich das alles nur schaffen? Wie soll ich dich nur finden?

«Eure Majestät, König Kyran, ich sollte Ihnen etwas überbringen. Von Andrea, oh entschuldigen Sie, Reagan», korrigierte sie sich am Ende und reichte mir einen Brief.

«Du hast Kontakt mit meiner Erasthai?», die Hoffnung in meinen Augen musste wohl unübersehbar gewesen sein, denn sie schüttelte traurig den Kopf.

«Nein Eure königliche Majestät, das habe ich nicht. Als sie noch hier war, war eines der ersten Dinge die sie anfing, dieser Brief. Diesen Brief beendet hat sie erst in den letzten drei Wochen und hatte mich gebeten ihn Ihnen zu überreichen, sollte es ihr nicht möglich sein.»

Meine zittrigen Hände klammerten sich geradezu an den Umschlag, den mir die bläulich-schimmernde Fee, die ihre algengrüne Haare zu einem Zopf geflochten hatte, gereicht hatte, «Sie dürfen gehen», entliess ich sie aus meinem Büro und wenig später hörte ich die Tür ins Schloss fallen.

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Kyran, mein Mate, mein Erasthai,

Vielleicht habe ich es dir gesagt, vielleicht hast du es anders herausgefunden, aber du weisst es nun bestimmt. Ich bin eine Lykanerin, genau wie du. Doch nicht nur das, ich bin auch noch die Prinzessin von Rubinna. Die Prinzessin deines Feindeslandes.
Du solltest wissen, dass ich nie Böses im Sinn hatte. Ja ich wollte anfangs mehr Information über dieses Königreich erfahren, um es später gegen euch verwenden zu können, doch dann lernte ich dich besser kennen und dieses Vorhaben löste sich in Luft auf. Wie auch mein Plan mit meinen Emotionen bei mir zu bleiben und mich nicht an dich und deine Zärtlichkeit zu gewöhnen.
Wahrhaftig denke ich, dass du ein grossartiger König sein wirst und egal von wo ich zusehen darf, ich werde mich an die schönen Zeiten erinnern.
Und ich kann nur hoffen, dass du dich auch an mich erinnern wirst, an die guten Momente, beispielsweise wie wir uns den Sonnenuntergang angesehen haben, damals zu Weihnachten.
Nun aber sage ich Lebewohl, und das in einem Brief, da es die Umstände wohl nicht anders zugelassen haben.

In Zuneigung, Reagan

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Ich sank auf die Knie. Sie hatte alles gewusst. Sie hatte gewusst, und damit gerechnet, dass wir auseinandergehen würden, ob in Frieden oder Streit.
Auch nur der Gedanke daran, dass sie sich jeden Morgen stets emotional darauf gefasst gemacht hatte, das Königreich fluchtartig zu verlassen, war wie ein Messer in meinem Herzen.
Wie konnte ich nur so blind sein und so etwas nicht bemerken? Ich, der ihr am nächsten sein sollte und jede ihrer Gefühlsregungen aufspüren sollen könnte. Warum hatte ich es nicht gespürt?
Ich hielt inne. Sheila, sie konnte mir helfen, immerhin war sie diejenige, die mit ihr im Schloss am engsten befreundet gewesen war, zumindest von denen, die noch im Schloss waren. Azrael war schliesslich auch nach Rubinna zurückgegangen. Warum genau wusste ich immer noch nicht.

«Wächter!», rief ich nach den Wachen, die vor meinem Büro wache standen, «Ja, Eure Majestät!», kam sofort die Antwort.

«Sheila soll zu mir kommen, eine sogenannte Notfallsitzung», orderte ich und hörte, wie sich gleich darauf einer der Wächter in Bewegung setzte und über den Mind-Link der Wachen, auf den auch ich Zugriff hatte, hörte ich, wie er seine Kameraden fragte, ob sie Sheila gesehen hätten.
Als ob ich das nicht auch schon gemacht habe. Nur habe ich gezielt die Wächter gefragt, die an Orten sind, bei denen sich Sheila oftmals aufhält.
Doch ich liess ihn fragen, es hatte keinen Sinn ihm zu sagen, dass ich es schon getan hatte. Wenn Sheila nicht sofort kam, war das in Ordnung.

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Einige Zeit später klopfte es an meiner Tür, ich hatte mich inzwischen mit der Abarbeitung der ersten Akten beschäftigt, «Herrein», meinen Blick nahm ich nicht vom Blatt.

Die Tür ging auf und wurde gleich danach wieder geschlossen, «Eure Majestät, Sie hatten nach mir verlangt?», meinte Sheila in einem witzelnden Tonfall.

«Wir müssen Reagan finden», meine Stimme war voll Bestimmtheit, «es fühlt sich immer noch komisch an, sie so zu nennen.»

Die Schwarzhaarige nickte, «Dann sollten wir uns in den Sitzungssaal verziehen, hier sind die Wände zu dünn», schlug sie vor und ich konnte nur zustimmen.

Der Sitzungssaal war mit schalldichten Wänden und Scheiben versehen, viel Licht konnte durch die grossen Fenster hineingelangen. Nicht umsonst waren so viele Fenster angebracht worden, hatten wir jemals eine Sitzung mit einem verfeindeten Land, so führten wir die Diskussionen immer im Sitzungssaal. Dadurch konnte die Presse nur gutes Schreiben, denn wir konnten vor den Kameras einander kaum umbringen und gleichzeitig hatte niemand ausser uns eine Ahnung, was innerhalb dieses Raumes besprochen worden war.
Das Erste, was wir im Sitzungssaal organisierten, war eine Karte. Eine grosse Landkarte Rubinnas und so fing die erste Woche des Planens an. Tagtäglich trafen wir uns und sammelten neue Ideen, manchmal kam Minna mit, andere Male nicht.

«Wir dringen ein, aber wie kommen wir an den Wachen vorbei?», fragte ich laut überlegend.

«Entweder einer unserer Spione oder irgendwie anders», gab Sheila vor mir ihre Gedanken preis.

«Machen wir für heute Schluss, morgen sehen wir weiter», entschied ich schliesslich, nachdem ich mein Gehirn noch nach weiteren Lösungen durchsucht hatte.

Die schwarzhaarige Lykranerin streckte sich, ehe sie aufstand, «Ist gut, aber geh in einem richtigen Bett schlafen, nicht wie die letzten Nächte, die du hier verbracht hast», ermahnte sie mich und ich nickte widerwillig, dann verliess sie den Raum.

Eine Weile sah ich noch gedankenverloren aus dem Fenster, betrachtete den Wald, ehe auch ich mich erhob und müde aus dem Zimmer trottete. Ich folgte meiner Nase, meine Augen waren zu müde, um nachzusehen, wo mein Zimmer war und so fand ich mich in Andreas, nein Reagans, Zimmer wieder.
Ach egal, ich bin jetzt zu müde, um mein eigenes Zimmer suchen zu gehen. Es ist ja nicht so, als würde ich Reagan dadurch stören. Gott ist es komisch Andrea mit Reagan anzusprechen, selbst in meinen Gedanken.

Reagan -Little Ruler-Where stories live. Discover now