Also gut, Epilog.

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Moira warf dem Himmel über uns einen kritischen Blick zu.
„Vielleicht hat Kaar ja ein Leck", sie klang selbst nicht überzeugt, „Sicher ist, dass er seine Macht für keine guten Dinge einsetzt. Er verletzt das einzige Gesetz der Magie und wir müssen ihn aufhalten."

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Wie sollten eine Nevanam und ihre Schülerin sowas bewerkstelligen? Ich konnte ja noch nicht einmal erfolgreich die Pocken heilen.

„Kaar wird dir helfen", erriet Moira meine Gedanken und setzte ihren Weg um den See herum fort, „Er wird auf die Welt zurückkommen."

Irgendwie hätte ich von der letzten Nevanam mehr Begeisterung anstatt sarkastischem Zynismus erwartet.
„Wozu braucht er dann mich?"

Moira schnaubte, blieb jedoch nicht stehen.
„Er ist weder allwissend noch allmächtig."

Ich verzog den Mund.
„Die Legenden besagen aber etwas anderes."

„Die wurden auch von ihm geschrieben", wischte Moira meinen Kommentar aus der Luft und führte mich zwischen den Bäumen hindurch zum Palast zurück, „Der Mann im See hat dich gesehen. Wenn er bemerkt, dass du sein Attentat überlebt hast, wird er versuchen, mit dir Kontakt aufzunehmen. So werdet ihr ihn finden."

Mein Kopf schnellte zu ihr herum, dass mein Genick knackste. Attentat und Überleben brachten neue Erinnerungen zurück, doch sie blieben blass und unwirklich.
„Ich soll ein Köder sein?"

„Er wird nicht zulassen, dass dir etwas passiert", brummte Moira und blieb vor den hohen weißen Wänden des Palasts stehen, den Kopf hoch in den Nacken gelegt. Ihr Zuhause. Der Ort, zu dem sie immer zurückkehren würde.

„Ich dachte, er ist nicht allmächtig?"

Ich kassierte einen neuerlichen Hieb gegen mein Schienbein.
„Mächtig genug", korrigierte Moira und baute sich vor mir zu ihrer ganzen zusammengeschrumpften Größe wieder auf, „Also Kind? Bist du bereit?"

Ich horchte in mich hinein, doch ich fühlte mich merkwürdig leer. Ausgeglichen. Weder besonders aufgeregt noch selig entspannt.
Ein klein wenig überfordert zuckte ich mit den Schultern.
„Werde ich ihn wieder in meinem Kopf hören müssen?"

„So oft du willst." Ein junger Mann trat unter dem Rosenbusch hervor.

Meine Augen brauchten einen kurzen Moment, um sich an das merkwürdige Leuchten zu gewöhnen, das von ihm ausging. Nur nach und nach erkannte ich die Figur dahinter. Groß. Schlank. Vollkommen im Grün des Waldes gekleidet. „Aber ich werde dich auch erwarten, sobald du wieder zu Bewusstsein gekommen bist."

Meine Augen sprangen von ihm zu Moira und wieder zurück.
„Bewusstsein?"

Er hob einen Mundwinkel zu einem schrägen Lächeln. Er erinnerte mich an lautes Lachen unter Freunden, fernab von einer großen Feier. An den Versuch, süße Brötchen aus der Palastküche zu stehlen. An Ausflüge im Nachthemd, um den zweiten Teil eines spannenden Buches aus der Bibliothek zu stibitzen. An violett blühende Weiden inmitten eines Moors.
„An deiner Stelle würde ich mich beeilen. Yessi hat dich zurück nach Hause gebracht. Keiner von den Anwesenden kann glauben, dass du den langen Ritt überlebt hast. Ein Wunder, wirklich. Wo du eigentlich schon... nicht lebendig warst." 

Ich blinzelte sehr langsam. 
"Ich war... tot?" Das wollte er mir damit doch sagen. Mein Herz hatte aufgehört zu schlagen und ich war tot. 

Kaar zuckte nur mit den Achseln. 
"Ein kleines Wunder, verglichen mit der Tatsache, dass Monsieur Boltier einmal eine Operation nicht vermasselt und deinen Hals erfolgreich wieder zusammengeflickt hat. Er liebt dich gerade dafür. Du hast ihn berühmt gemacht", er wackelte mit den Augenbrauen, seine eigene Begeisterung kaum im Griff, „Alle warten nur darauf, dass du endlich aufwachst."

Das war zu viel Information für mich. Ich wollte mich irgendwo hinsetzen, doch Moiras scharfer Blick hielt mich aufrecht. Ich war die schlechteste Nevanam aller Zeit gewesen und er wollte, dass ausgerecht ich ihm half? Das war ein fürchterlicher Plan, selbst für einen nicht-allwissenden Gott. 

Ein Kribbeln erfasste meinen Körper, als würden sämtliche Körperteile endlich wieder mit Blut versorgt werden. Etwas in meinem Kopf pochte fürchterlich und die Ränder des Gartens begannen sich aufzulösen.
„Was, wenn ich scheitere?" Mein Pulsschlag kehrte zu mir zurück, rapide und unkontrolliert.

Moira ergriff meine Hand und drückte sie einmal. Ein gefährliches Grinsen zog ihr Gesicht in die Breite. „Was habe ich dir gesagt? Wo eine Nevanam ist, gibt es auch Wunder."

Und damit wachte ich auf.

Aber ich war damit nicht alleine. 

Es war ein nutzloser Raum, wirklich. Gerade groß genug für einen Strohsack, war er eigentlich als Abstellkammer gedacht gewesen. Doch niemand würde ernsthaft jeden Tag durch das Zimmer des Stewards laufen, um dort Dinge einzulagern. Und Andrew selbst besaß nicht genügend Habseligkeiten, um das Zimmer zu füllen. 

Und so geriet er über die Jahre langsam in Vergessenheit. Ein Teppich wurde vor die Tür gehangen. Irgendwann folgte eine kleine Kommode, die davor gestellt wurde. 

Bis vor einer Woche. 

Sie konnte nicht einmal die Beine ausstrecken. Just in diesem Moment saß sie mit dem Rücken an die kühle Steinwand gelehnt, einen Tee in den Händen und lauschte den Erzählungen des Stewards. Die Geschichte war wild und am Ende streckte sie die Hand aus, um bei ihm selbst Fieber zu messen. 

Die Stirn war kühl. Aber er sah um Jahre gealtert aus. 
"Lass mich das zusammenfassen", sagte sie schließlich, ihre Stimme noch rau, "Ihr habt eine Heilerin- eine heilige Nevanam- entführt, der Sumpf wird jeden Tag weniger sumpfig, weil sie einen Stein in einen Brunnen geworfen hat, ihr habt einen Krieg begonnen und jetzt sitze ich hier, anstatt in meinem weichen Bett nur ein Stockwerk tiefer, weil Marus sie umgebracht und mit Liona den Haushalt übernommen hat?"

Sie wartete nicht, bis Andrew nickte oder den Kopf schüttelte. Stattdessen stellte sie geduldig die Tasse zur Seite und warf dann beide Arme in die Luft: "Warum habt ihr immer allen Spaß, wenn ich bewusstlos bin?"

Andrew tätschelte Tacias Prinzessin liebevoll die Haare. "Wir zwei werden jetzt auch sehr viel Spaß haben. Wir müssen nämlich irgendwie ungesehen vom Hof schleichen."

"Drückt kleine Sterne für die Wunder nicht-allmächtiger Götter." - Kaar, wartet schon seit Kapitel 1 auf seinen großen Auftritt.
(Cini will nichts davon hören.)

Seid ihr jetzt glücklich? xD

Ja, es wird einen zweiten Teil geben (den ich noch nicht geschrieben habe, also ja, es wird eine Weile dauern, bis der endlich da ist). 
Yessi wird Kaliees Geheimnis erfahren haben, während sie bewusstlos war (oops.).
Wir werden eine Chaos-stifter-Olympiade zwischen Kaar und Cini haben :D

Oh... und Yessi wird auf Henric treffen. :D 

Die letzte NevanamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt