Kaspian Sträucher 2

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            Die Beschaffung meiner Kostümierung involvierte zwei gestohlene Schlüssel, einen Schlaftrunk, eine verdorbene Milch und die Imitation eines Wüstenhundes. Und als ich einen Tag später mit herunter gelassenem Visier in einer nach Schweiß stinkenden Rüstung saß, zweifelte ich beinahe daran, ob es das wert gewesen war.

Doch zwei Dinge spielten mir äußerst günstig in die Karten und das ließ mich fast hoffen, dass bei dieser einen Idee Kaar tatsächlich auf meiner Seite war. Die eine war, dass gerade einmal eine Woche vor meiner eigenen Ankunft zwölf junge Burschen eine Art traditionellen Test bestanden hatte und zu Yessaia geschickt worden waren, um dort eine Ausbildung zu erfahren.
Einer von ihnen schlief immer noch selig in seinem Bett, während ich stillschweigend sein Pferd gestohlen hatte.

Den zweiten Umstand hatte ich Madame Acó und ihrem Sprachunterricht zu verdanken. Auch wenn ich ihr das vermutlich niemals würde sagen können, falls Yessaia herausfand, was ich getan hatte. Tatsächlich wäre es bedeutend schwieriger gewesen, den Männern durch das Marschland zu folgen, wenn ich ihre zugerufenen Anweisungen nicht verstanden hätte. Oder die Aufträge, die Yessaia vor unserem Auftritt an die freiwilligen Helfer weitergab.
Jetzt warnten sie einander von Einbrüchen im befestigten Pfad, Spuren von irgendwelchen Tieren, Geistergrotten und zuletzt vor der immer näherkommenden Grenze zu einer anderen Grafschaft, die nicht passiert werden durfte.

Mein Pferd schien für seinen Teil des Wegs bestens selbst zu kennen. Es war ein haariges Exemplar, mit Behang an den Beinen und einem ziegenähnlichen Bart am Kinn. Sein struppiges Fell wurde allein von der verfilzten Mähne in Unordnung überboten. Kurzum, es war braun, dick und ließ sich nicht gerne in seinen Entscheidungen beeinflussen.
So endete ich, anstatt mich wie geplant am Ende des Zuges zu halten, nur wenige Schritte hinter Yessaia und Andrew, die sich gedämpft unterhielten.

Es war das erste Mal, dass ich Yessaia in einer Krone sah. Sie bestand aus drei dünnen, geflochtenen Bändern, die sich auf seine dunklen Locken legten und anscheinend wichtiger waren als ein Helm.
Weil Wölfe und Bären nur einfache Soldaten fraßen. Keine Könige. Sie haben schließlich Anstand.
Davon abgesehen hatte er sein Schwert an der Hüfte befestigt und sein Pferd trug am Sattel einen spitz zulaufenden hölzernen Schild, der das Wappen von Tacia zierte.

Ohne dich kritisieren zu wollen, Yessi, aber ich habe meine Zweifel, ob wir sie wirklich an unsere Leute heranlassen sollen. Kannst du Gift von einer heilenden Salbe unterscheiden? Ich nicht." Andrew hätte genauso gut meinen Namen sagen können.

Unwillkürlich hob ich den Kopf, dem König einen erwartungsvollen Blick zuwerfend. Den Rest des gestrigen Abends hatte ich damit verbracht, mit Andrew weitere Patienten des Haushalts anzusehen. Hauptsächlich Leute mit milden Formen der Krankheit, verletzte Jäger, zwei ältere Krieger, aber auch ein Kind mit Nesselfieber und eine Jungfrau, die nicht wahrhaben wollte, dass sie ein Baby erwartete. Solange der Steward dabei gewesen war, war alles reibungslos verlaufen. Doch etwas in mir war neugierig auf Yessis Sicht der Dinge.

Sie ist eine Nevanam. Sie hat einen unbrechbaren Eid geleistet, keinem Menschen Leid anzutun", enttäuschte Yessi mich mit seiner schlichten Antwort. Zumal er falsch lag.

Andrew war ebenfalls nicht zufriedengestellt. „Aber vertraust du ihr? Genug, um das Leben deiner Leute aufs Spiel zu setzen?"

Ich wollte Andrew die Zunge herausstrecken. Ich für meinen Teil hatte niemanden entführt! Meine Weste war so weiß wie die eines jeden anderen Straßenkindes! Wenn jemand skeptisch sein durfte, dann ich.

„Ich vertraue ihr nicht einmal genug, um sie unbeaufsichtigt aus dem Zimmer zu lassen", erwiderte Yessi mit einem trockenen Auflachen, „Aber unsere Leute werden schon viel zu lange von der Krankheit geschwächt. Sie könnte uns helfen. Und ich hoffe doch, dass ihr mir alle zutraut, die Lage richtig einzuschätzen."

Die letzte NevanamDonde viven las historias. Descúbrelo ahora