Nachtkresse Bündel 1

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Nachtkresse; tötet Dämonen
und vertreibt böse Geister aus
Gewässern und Flüssigkeiten,
die sonst die Trinkenden krank
machen würden. Oder so.
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          Das Gebäude, auf das wir zu galoppierten, war ein großes Gehöft, mit holzgedeckten Dächern und einer hohen Mauer aus unterschiedlichen Steinen. Man hatte Naturalien aus der Umgebung genommen, um es aus dem Sumpf zu heben und es passte in die triste Landschaft, als hätte Kaar selbst es dort platziert.
Was natürlich Blödsinn war. Kein Gott wachte über diese trostlose Gegend. Und keine himmlische Kraft griff ein, als ein lauter Pfiff oberhalb des Tores unsere Ankunft verkündete.

Der trommelnde Hufschlag über den befestigten Boden hallte durch meinen ganzen Körper, als das Pferd ungebremst zwischen den hölzernen Flügeltüren hindurch preschte und in der Mitte eines kiesbestreuten Innenhofs schlitternd zum Stehen kam.

Eine erstaunlich große Anzahl Leute hatten sich dort versammelt, alle in ähnlichen Kleidern wie der Botschafter, und noch weitere ließen ihre Arbeit liegen und eilten herbei. Ihre Erleichterung war in der Luft greifbar. Die ausgestreckten Hände und Jubelrufe brachen mir das Herz über den Verlust meiner eigenen Heimat. Eine merkwürdige Art den Gesandten eines Hofes zu begrüßen.

Ich hätte erwartet, dass der König informiert werden würde.

Vor mir schwang sich der Mann vom Pferd. Als er sich mir zuwandte und die Hände ausstreckte, wurde es um uns herum still. Ich spürte die starrenden Blicke auf meiner Haut, als er mir vom Pferd half. Leises Wispern strich um uns herum und ließ mich kleine Dreckklumpen von meinem Gewandt zupfen.

Der Gesandte bemerkte davon nichts. Kaum, da ich den Boden erreicht hatte, wandte er sich wieder den Umstehenden zu. Er erwiderte den Gruß der Leute mit ähnlicher Liebe, doch ich bemerkte, wie er mich mit seinem Rücken immerzu von ihnen abschirmte.
Seine große Hand fand meinen Arm und schloss sich darum. Nicht grob oder besitzergreifend, sondern vielmehr als müsse er sichergehen, dass ich mich nicht hinter ihm in Luft auflösen würde.

Dann endlich lief er los. Die Leute wichen vor ihm zurück, doch ihre Aufmerksamkeit galt mir. Nur ein Mann blieb an seiner Seite, der ihn in gedrückter Lautstärke über die Vorkommnisse in seiner Abwesenheit in Kenntnis setzte. "... Bachar war hier und hat seine Drohungen wiederholt."

Haben wir irgendwen an die Krankheit verloren?", ich hörte den Satz nur, weil es eine so merkwürdige Frage als Begrüßung war, die der Botschafter stellte.

Der Steward schüttelte den Kopf und murmelte eine Antwort, die ich nicht verstand.

Doch selbst über sein Raunen erwischte ich eines der Worte, das in den gewisperten Sätzen immer wieder zurückkehrte.
Nevanam." Doch es klang nicht ehrfürchtig oder bewundernd, sondern ängstlich. Wütend. 

Im Augenwinkel sah ich die kraus gezogene Nase einer Wäschemagd, deren Augen an mir klebten wie Teer. Der schützende Arm einer Mutter schlang sich um ihren Sohn und zog ihn aus meinem Umfeld.

Ich schluckte ungemütlich und sah schnell geradeaus, doch ihre Blicke folgten mir. Während sich die Menge hinter mir wieder schloss, hatte ich das Gefühl ihre Schatten würden über mir schweben, wie drohende Gestalten. Die alten Götter existierten hier auch nicht mehr, oder?

Die Luftzufuhr meiner Lunge fühlte sich ungenügend an. Ich sollte nicht hier sein. Warum hatte er mich hierher gebracht? In meiner Rocktasche drehte ich den Ring hin und her.

Die letzte NevanamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt