Kosotus-Kerne Teil 3

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          Das Schweigen hielt nicht für immer.
„Warst du schon einmal in Tacia?", fragte er mich zwei Tage später. Seichte Konversation, als würde wir unser anberaumtes Treffen in Hannabas nachholen, das ich für die korrekte Zubereitung von Kalkusus-Milch hatte ausfallen lassen. Aber seine Hände waren derartig verkrampft, dass der Zügel ihm keinen Insektenschritt weit durch die Finger rutschte.

Ich schüttelte den Kopf. "Frauen müssen nicht reisen", gab ich Madame Acós Antwort wieder.

Überrascht richtete er sich hinter mir auf. Ich spürte seine Muskeln im Rücken und es machte mich nervöser, als ich zugeben wollte.
„Ich dachte als Nevanam..." Er beendete den Satz nicht, doch das war auch überhaupt nicht notwendig.

Ich holte den Ring aus meiner Rocktasche und drehte ihn zwischen den Fingern. Jac würde sich nicht aufhalten lassen. Jac kämpfte mit Riesen, um Prinzessinnen zu retten. Egal, was die Frau unternehmen würde, Jac würde mich finden, solange ich den Ring hatte. Ich wiederholte die Worte wie ein Mantra mit jeder Drehung des Rings.
In diesem Moment passierten wir die letzte Reihe Bäume, und der Wald endete mit ihnen so plötzlich wie ein zurückgezogener Vorhang.

Vor uns erstreckte sich eine unendliche Weite tristen Sumpflandes. Halb verrottete Baumstümpfe ragten kaum mehr als einen halben Meter aus dem feuchten Boden. Pfützen, größer als manche Stadtgärten, spiegelten den wolkenverhangenen Himmel über ihnen.

Unendliche Weite ungestört von winzigen, verkümmerten Büschen und halb ertrunkenem und moderndem Gras. Ich glaubte, mein Herz brechen zu spüren. Wir hatten Tacia erreicht- das neutrale Gebiet war damit vorbei.

„Es war nicht immer so", aus irgendeinem Grund zögerte der Botschafter ebenfalls, doch er fing sich weitaus schneller als ich.

Instinktiv lehnte ich mich von der Aussicht fort, doch der Botschafter trieb sein Pferd stattdessen in einen Trab.

Ich konnte... ich wollte... Gedanken wurden wieder schwieriger. Ich musste zurück. In neutralem Gelände konnte ich ohne größere Probleme gerettet werden. Doch Soldaten in Eslaryn, die Tacia betraten... das war politisch etwas ganz anderes. Wenn er mich hinaus in dieses Moor schleppte, würde ich nur nach Hause kommen, wenn er mich brachte.

Der Ring fiel mir aus der Hand.

Es war so schnell passiert, dass ich zwei Herzschläge brauchte, um es überhaupt zu bemerken. In meiner Panik versuchte ich, mich auf dem Pferd umzudrehen, zu erkennen, wo er hingefallen war, doch der Botschafter schob mich mit der Schulter wieder nach vorne.

„Mein Ring", es war mehr ein Atemzug als eine Aussage. Mein Puls hämmerte in meinen Ohren. Jac. Ich brauchte diesen Ring. Er war mein Weg nach Hause. Gegen seine massiven Arme, drehte ich mich immer wieder um. 

Er brauchte deutlich mehr Anstrengung, um mich nicht vom Pferd fallen zu lassen oder bei meinen hektischen Bewegungen eine Kopfnuss zu bekommen. 
„Wir haben dafür keine Zeit. Ich besorge dir einen neuen." Und wie um seine Worte zu unterstreichen, trieb der Botschafter sein Pferd in einen leichten Galopp. Die Ankunft in seinem Land erfüllte ihn mit neuer Dringlichkeit, die ich wie ein Zugseil an ihm spüren konnte.

Doch das änderte nichts. Ich versuchte mich wieder erfolglos umzudrehen.
„Nein, nein... das ist kein einfacher Schmuck, er kann...", ich wollte ihm in die Zügel greifen, doch er war geschickter als ich.

„Es tut mir leid, aber wir haben nicht genug Zeit."

Ich stürzte mich seitlich vom Pferd. Es brauchte mehr Schwung, als man erwarten wollte und ein hohes Maß an Motivation, denn ich schlug kurz darauf auf dem schlammigen Boden ein.

Die letzte NevanamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt